# taz.de -- Neues Coronagesetz in Schweden: Ausnahmevollmachten in Stockholm | |
> Von einem Lockdown ist Schweden weit entfernt. Doch ab sofort kann die | |
> Regierung strenge Maßnahmen verhängen – wenn sie denn wollte. | |
Bild: Von einem Lockdown ist Schweden (hier Stockholm) noch weit entfernt | |
STOCKHOLM taz | Von einem „demokratischen Ausnahmezustand“ spricht die | |
Tageszeitung Dagens Nyheter; das Svenska Dagbladet sieht „eine einmalige | |
Machtverschiebung“: Die schwedische Regierung habe jetzt die Möglichkeit, | |
„menschliche Freiheitsrechte auf eine Weise zu begrenzen, wie das seit dem | |
Zweiten Weltkrieg nicht geschehen ist“. Am Sonntag ist ein neues | |
[1][Pandemiegesetz] in Kraft getreten. Der Reichstag in Stockholm hatte es | |
am Freitag im Eilverfahren verabschiedet. | |
Für Schweden, das Einschränkungen der Freiheitsrechte bislang nur in | |
Kriegszeiten kannte, handelt es sich bei den neuen Befugnissen der | |
Regierung tatsächlich um Ausnahmevollmachten, die vor der Coronakrise | |
schwer vorstellbar waren – wobei sie im internationalen Vergleich nach wie | |
vor eher begrenzt sind. Auch muss das Parlament alle Regierungsbeschlüsse | |
absegnen; die Geltung des Gesetzes ist zudem bis September befristet. | |
Stockholm kann nun auch weitreichende Verbote aussprechen, statt sich wie | |
bisher auf Empfehlungen beschränken zu müssen. Zur Eindämmung des | |
Infektionsrisikos können ab jetzt beispielsweise Einkaufszentren oder | |
Fitnesseinrichtungen geschlossen oder der Kollektivverkehr begrenzt werden. | |
Dazu kommt es zunächst allerdings nicht. Ministerpräsident Stefan Löfven | |
hatte drei Stunden nach Verabschiedung des Gesetzes zwar zur | |
Pressekonferenz geladen, stellte entsprechende Verbote aber nur für den | |
Fall in Aussicht, dass einige ab Sonntag geltende Vorschriften keine | |
Wirkung zeigen: Um Gedränge im Handel zu verhindern, muss es nun etwa in | |
Geschäften oder Sporteinrichtungen eine Mindestfläche von 10 Quadratmetern | |
pro BesucherIn geben. | |
## Weniger Tote als in Deutschland | |
Von einem Lockdown ist Schweden also noch weit entfernt. Eine | |
Ausgangssperre wäre nach wie vor verfassungswidrig und die ebenfalls neu | |
eingeführte Begrenzung von Zusammenkünften von mehr als acht Personen im | |
öffentlichen Raum darf „gerechtfertigte“ Versammlungen wie Demonstrationen | |
nicht verhindern. Fazit der meisten Kommentare: Die Regierung wolle | |
Handlungskraft demonstrieren und hoffe, tiefere Eingriffe in das | |
gesellschaftliche Leben so vermeiden zu können. | |
Relativ zur Bevölkerung verzeichnet Schweden im Vergleich zu Deutschland | |
derzeit eine etwa doppelt so hohe Zahl an Neuinfektionen sowie an | |
Coronatoten. Die Gesundheitsbehörde bezeichnet die Lage als angespannt, das | |
Gesundheitswesen habe sie aber im Griff. Die Mehrzahl der Verstorbenen | |
starb schon im Frühjahr und Frühsommer mit einer Konzentration im | |
Altenpflegebereich. | |
Seit Herbst hat man das besser im Griff, nun ist die Sterblichkeit geringer | |
als etwa in Deutschland. Die aktuelle 14-Tage-Inzidenz der | |
EU-Gesundheitsbehörde ECDC [2][zählt] 10 Coronatote pro 100.000 | |
EinwohnerInnen für Deutschland und 3,3 für Schweden. | |
10 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.svenskforfattningssamling.se/sites/default/files/sfs/2021-01/SF… | |
[2] https://www.ecdc.europa.eu/en/cases-2019-ncov-eueea | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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