# taz.de -- Kremlkritiker Alexej Nawalny: Ermittlungen gegen Mitarbeiterin | |
> Ljubow Sobol wird Hausfriedensbruch vorgeworfen. Die Anwältin wollte | |
> jenen FSB-Agenten aufsuchen, der die Vergiftung Nawalnys zugegeben haben | |
> soll. | |
Bild: Wo Ljubow Sobol sich derzeit aufhält, ist nicht klar | |
Moskau dpa/afp | Nach einem Telefonat des Kremlkritikers Alexej Nawalny mit | |
einem mutmaßlichen Attentäter wird gegen seine Mitarbeiterin Ljubow Sobol | |
ermittelt. Gegen die Oppositionelle sei ein Strafverfahren wegen | |
Hausfriedensbruchs eingeleitet worden, sagte eine Sprecherin des | |
Ermittlungskomitees am Freitag in der russischen Hauptstadt Moskau. Sie | |
werde dazu befragt. Zuvor wurde die Wohnung der 33-jährigen Anwältin | |
durchsucht. | |
Sobol hatte kurz nach der Veröffentlichung des Anrufs das Polizeiaufgebot | |
an der Wohnadresse des angeblichen Mitarbeiters des [1][russischen | |
Inlandsgeheimdienstes FSB] gefilmt. Sie war daraufhin festgenommen und zu | |
einer Geldstrafe verurteilt worden, weil sie sich angeblich der Anordnung | |
eines Polizisten widersetzt habe. | |
Sobol werde nun vorgeworfen, gegen die „Unverletzbarkeit des Hauses durch | |
Gewaltanwendung oder Androhung“ verstoßen zu haben, weil sie an der Haustür | |
des Agenten geklingelt habe, sagte der Chef von Nawalnys Fonds zur | |
Bekämpfung von Korruption (FBK), Iwan Schdanow. Ihr drohe bei | |
Hausfriedensbruch im schlimmsten Fall eine Haftstrafe. | |
Das Ermittlungskomitee wirft Sobol demnach vor, mehrfach mit anderen | |
Personen versucht zu haben, die Wohnung einer älteren Frau mit der Uniform | |
der Verbraucherschutzbehörden betreten zu wollen. Wenig später habe sie | |
vorgetäuscht, eine „verlassene Ehefrau mit Kleinkind“ zu sein. So sei Sobol | |
in das Haus gelangt und habe die Wohnung der Frau „gestürmt“ und in allen | |
Räumen mit ihrem Handy gefilmt. | |
Nawalny kritisierte das Vorgehen der Polizei scharf. „Das ist kein Staat, | |
das ist eine kriminelle Gruppe“, sagte er. „Es wird einfach dreist ein | |
Strafverfahren fabriziert.“ Die gesamte Ausrüstung in Sobols Wohnung sei | |
von den Sicherheitskräften beschlagnahmt worden, selbst das Handy der | |
sieben Jahre alten Tochter, schrieb Nawalny. Das Mädchen und der Ehemann | |
hätten die Wohnung verlassen dürfen. Sobol selbst sei zwar vor der | |
Durchsuchung zunächst freigelassen worden, doch von fehle nun jede Spur, | |
ihr Handy sei ausgeschaltet. Nawalny vermutete, dass sie erneut | |
festgenommen wurde. | |
Der 44 Jahre alte Nawalny hält sich nach seiner schweren Vergiftung zu | |
einer Reha-Maßnahme in Deutschland auf. Er macht [2][für den Giftanschlag] | |
mit einem chemischen Kampfstoff der Nowitschok-Gruppe ein unter dem Befehl | |
von Kremlchef Wladimir Putin agierendes „Killerkommando“ des FSB | |
verantwortlich. Nawalny hatte vor wenigen Tagen [3][den Mitschnitt eines | |
Telefonats mit dem mutmaßlichen FSB-Agenten Konstantin Kudrjawzew | |
veröffentlicht]. Darin erzählt der Mann, dass das Gift in der Unterhose | |
Nawalnys angebracht worden sei. | |
Zu der Vergiftung hatten Ärzte der Berliner Charité [4][in der | |
Fachzeitschrift „The Lancet“ einen medizinischen Bericht veröffentlicht]. | |
Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte am Freitag der Agentur Interfax zufolge: | |
„Wir lesen keine medizinischen Veröffentlichungen.“ Russland warte | |
weiterhin auf Beweise. Der Kreml hatte mehrfach eine Verwicklung in dem | |
Fall zurückgewiesen. | |
25 Dec 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Russischer-Geheimdienst-FSB/!5735335 | |
[2] /Kremlkritiker-offenbar-vergiftet/!5708703 | |
[3] /Russland-nach-Nawalny-Enthuellung/!5735380 | |
[4] https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(20)32644-1/… | |
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