| # taz.de -- Feiertage und Corona in Italien: Großer Schmaus nur im kleinen Kre… | |
| > Besuche in anderen Regionen sind in Italien ab dem 21. Dezember nicht | |
| > mehr drin. An Weihnachten und Silvester sogar nicht einmal in anderen | |
| > Kommunen. | |
| Bild: Jesuskind kommt dieses Jahr 2 Stunden früher. Weihnachtliche Ausgangsspe… | |
| Rom taz | Mittlerweile kennen es die Italiener_innen. Immer wenn die | |
| Regierung neue Corona-Einschränkungen zu verkünden hat, erscheint | |
| Ministerpräsident Giuseppe Conte zur Hauptsendezeit, kurz nach 20 Uhr, im | |
| Fernsehen. So war es auch am Donnerstag. Und Conte redete nicht lange drum | |
| herum. „Ein anderes, dennoch aber nicht weniger authentisches Weihnachten“ | |
| erwarte die Menschen dieses Jahr, teilte er mit. | |
| In [1][Deutschland], Frankreich oder Spanien mag die Diskussion über | |
| Lockerungen zum Fest laufen – in Italien passiert das Gegenteil. Die | |
| Schrauben werden noch einmal angezogen. Das beginnt bei der nächtlichen | |
| Ausgangssperre von 22 Uhr bis 5 Uhr. Sie bleibt auch in der Weihnachtsnacht | |
| in Kraft. „Es ist keine Häresie, wenn das Jesuskind diesmal zwei Stunden | |
| früher zur Welt kommt“, bemerkte der Minister für Regionalangelegenheiten, | |
| Francesco Boccia, trocken – und in der Tat hat die italienische | |
| Bischofskonferenz ohne Murren die Verlegung der Christmessen auf spätestens | |
| 20 Uhr beschlossen. | |
| Stärker allerdings schlägt den Italiener_innen die komplette Streichung | |
| größerer privater Feierlichkeiten aufs Gemüt. „An Heiligabend wären wir | |
| eigentlich so mit 30 Personen aus der Verwandtschaft zusammengekommen“, | |
| erzählt der Mann im mittleren Alter, der vor der Espressobar eine Zigarette | |
| raucht. „Das wird diesmal nichts, jeder feiert brav bei sich zu Hause, wir | |
| sind dann bloß zu viert.“ Sein Kumpel berichtet, er wäre eigentlich in | |
| seinen Heimatort nach Kampanien gefahren: „Aber das ist ja verboten.“ | |
| In der Tat hat die Regierung vom 21. Dezember bis zum 6. Januar ein | |
| komplettes Reiseverbot zwischen den Regionen verhängt. Außer beruflich | |
| motivierten Fahrten sind nur Besuche beim festen Lebenspartner oder bei | |
| alten, hilfsbedürftigen Leuten gestattet – aber selbst da ist noch nicht | |
| klar, ob bloß der Sohn oder die Tochter kommen darf oder auch die jeweilige | |
| Familie. | |
| ## „Wie bescheuert sind die denn?“ | |
| Die beiden Männer tragen die Aussicht auf den Weihnachtsschmaus im kleinen | |
| Kreis jedoch mit Fassung. „Was sollte Conte denn sonst machen?“, fragte der | |
| eine rhetorisch. „Genau, ohne harte Eingriffe kriegen wir die Pandemie nie | |
| in den Griff“, fällt ihm der andere ins Wort. Und dann spricht er von den | |
| Menschen, die sich im neuen Einkaufszentrum vor den Toren Roms drängelten, | |
| wie er im TV gesehen hat. „Wie bescheuert sind die denn?“ | |
| Nur wenige Stunden vor Contes Rede wurden die neuesten Zahlen bekannt: Am | |
| Donnerstag waren 993 Tote zu verzeichnen, der traurige Höchstwert seit | |
| Beginn der Pandemie. Und die Zahl der täglichen Neuinfektionen, die im | |
| November auf bis zu 40.000 hochgeschnellt war, geht zwar zurück, doch sie | |
| lag zuletzt immer noch bei 23.000. | |
| Deshalb gelte es unbedingt eine dritte Welle im Januar zu verhindern, | |
| verkündet der Regierungschef. Speziell zu den Feiertagen werden die | |
| [2][Schrauben daher noch einmal angezogen]: Am 25. und 26. Dezember sowie | |
| am 1. Januar dürfen die Bürger_innen nicht einmal mehr ihre eigene Kommune | |
| verlassen. Zu Hause am Mittagstisch meint die Tochter, ihr sei das völlig | |
| egal – schließlich lebten ihre Freund_innen alle in Rom. | |
| Doch dann kommt sie auf ihre 17-jährige Urlaubsbekanntschaft Emma zu | |
| sprechen, „die ist total angefressen“. Emma lebt in einem kleinen Kaff vor | |
| den Toren Mailands, und ihre beste Freundin wohnt nur fünf Minuten | |
| entfernt, „aber das ist schon die Nachbargemeinde, da wird nichts aus einem | |
| Treffen auf Weihnachten“. | |
| ## Einen Strich durch die Rechnung der Hotels gemacht | |
| Auch sonst betätigt [3][Conte sich als Spaßbremse]. Alle Restaurants müssen | |
| sowieso um 18 Uhr zumachen – wer aber glaubt, er könne sich ein nettes | |
| Neujahrsdinner gönnen, indem er sich in einem Hotel einmietet, bekommt den | |
| Strich durch die Rechnung gemacht. Gegenwärtig haben zum Beispiel römische | |
| Hotels dieses Geschäftsmodell für Menschen aus der Stadt entdeckt: Wer ein | |
| Zimmer bucht, bekommt ein üppiges Abendessen. An Silvester dagegen müssen | |
| auch die Hotels die Bewirtung um 18 Uhr einstellen, danach dürfen die | |
| eingebuchten Gäste nur noch auf dem Zimmer essen. | |
| Die Tochter plant derweil die Neujahrsparty bei der besten Freundin, wegen | |
| der Ausgangssperre notgedrungen inklusive Übernachtung. „Party ist ein | |
| großes Wort“, setzt sie resigniert lächelnd nach, „wir werden maximal zu | |
| dritt oder zu viert feiern.“ | |
| 5 Dec 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Michael Braun | |
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