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# taz.de -- Erklärung für eigene Golf-Misere: Wenn Trump am Schläger klebt
> Plötzlich läuft es wieder auf dem Golfplatz. Warum nur? Das muss mit der
> Abwahl von US-Präsident Trump, der diesen Sport überschattet, zu tun
> haben.
Bild: Fürchterliche Aura: jeder Gedanke an Donald Trump verschlechtert das eig…
Es war am 9. November. Endlich, nach gefühlt ewig und drei Tagen hatte ich
mal wieder eine richtig gute Runde hingelegt. Die Drives vom Abschlag
flogen wie ein Strich, das Spiel mit den Eisen war fast ausnahmslos sicher,
das Fairwayholz verzichtete auf gurkenkrumme Fehlschüsse in alle
Richtungen. Und keine golferischen Ökofouls mehr, diese Hackereien ins
heilige Geläuf, dass die Rasenstücke weiter weg spritzten als der Ball
höhnisch lachend kullerte.
Plötzlich verfehlte ich sogar all die tückischen Sandbunker, deren
regelmäßige Anziehungskräfte ich schon so verflucht hatte. Zwischenzeitlich
hatte ich Physikbücher studiert, ob Sand nicht vielleicht doch magnetisch
ist. Notfalls wäre ich in meiner Verzweiflung mit Aluhut aufgelaufen. Wenn
es hülfe. Aber jetzt: Auch die Putts auf dem Grün blieben endlich nicht zu
kurz. Zu kurze Putts, das weiß jeder Golftherapeut, sind ein Zeichen von
fehlendem Selbstbewusstsein, von Zögerlichkeit und Schüchternheit auf dem
Weg zum Ziel. Und auch die beliebten Analogien zum Restleben passten: Eine
längere Phase von privater Verzagtheit lag hinter mir, gerade dem anderen
Geschlecht gegenüber, von Passivität und mangelndem Schwung.
Jetzt kullerte ein Ball sogar aus gut zehn Metern ins Loch.
Heureka, ich habe mein Golfspiel wiedergefunden. Geht doch, sagten meine
Spielpartner und gratulierten. Sicher waren sie vor allen froh, dass ich
unterwegs nicht mehr so mürrisch war und die Zeit der Selbstbeschimpfungen
vorbei sein würde. 9. November, Wendepunkt.
Der Kotzbrocken ist schuld
Schwungvoll erzählte ich tags darauf meinem Sohn davon, er unterbrach mich
gelangweilt mit der Frage, was jetzt eigentlich mit diesem Spinner Donald
Trump sei. Ich stutzte. Ja, die Assoziation von Golf zu Trump war immer
noch naheliegend. Und plötzlich wusste ich es: Der Kotzbrocken mit 289
Besuchen in seinen Golfresorts seit Amtsbeginn (142 Millionen US-Dollar
Steuergelder Kosten) war abgewählt – und endlich konnte ich befreit
aufspielen. Das. war. der. Grund.
Ich studierte meine Turnierergebnisse: Tatsächlich, 2017 hatte es
angefangen, dass ich die Bälle nicht mehr richtig traf, mit erschütternden
Ergebnissen und einem Handicap im freien Fall. Es muss die unbewusste, tief
sitzende Scham gewesen sein, den gleichen Sport auszuüben wie dieser Mann.
Und immer diese Kommentare Spielfremder: Golf?, igitt, du bist ja wie Trump
… Dieser Kerl saß in meinem Bag, der klebte an meinen Schlägern. Das
hemmte. Jetzt waren die Blockaden gelöst.
Beim nächsten Mal, auf dem Weg zum ersten Abschlag, berichtete ich meinen
Freunden Horst und Norbert von der Erlösungserklärung. Ihr werdet sehen, so
meine Prahlerei, ich werde zaubern die nächsten dreieinhalb Stunden,
elfengleich über den Platz tanzen, wahrscheinlich werde Bryson DeChambeau
neidisch sein auf meine Abschläge.
Und ich bespottete die beiden. Schämen sollten sie sich, in den vergangenen
Jahren derart ungerührt gute Runden gespielt zu haben. Jedes Birdie soll
euer Gewissen quälen, hah! Jeder Turniererfolg, jede Handicap-Verbesserung
zeigt doch nur, wie eisesselig ihr trotz dieses kranken Rassisten Trump
euer Spiel spieltet! Auf geht’s.
Die Runde war dann wieder ziemlich mies.
Erst war ich frustriert. Dann wusste ich den Grund. Vor lauter
Trump-Erlösungstheorie hatte ich unterwegs zu oft an diesen Kotzbrocken
gedacht. Und wenn man Trump vor Augen hat, kann ein Schlag kaum gelingen,
dann wird die Runde sehr eckig. Bestimmt wird es ab 20. Januar wieder
besser, zur Amtsübergabe. So die gelingt.
Aus Golfers Abc der Vorurteile, heute N wie Narzissten: „Golf ist doch ein
Spiel für eitle Selbstdarsteller, furchtbar, wie die sich mit ihren
Erzählungen aufplustern.“ Wahr ist: Golfer erzählen schon gern von den
Erlebnissen unterwegs. Aber meist sind es Anekdoten des Scheiterns: wenn
nicht der kleine Hügel, nur so ein Stückchen länger … Sie suchen Mitleid,
nicht Applaus. Eher sind Golfer Un-Narzissten.
26 Nov 2020
## AUTOREN
Bernd Müllender
## TAGS
Kolumne Eingelocht
Golf
Donald Trump
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