# taz.de -- Britisches Oberhaus blockiert Johnson: Keine Mehrheit für Vertrags… | |
> Das House of Lords stimmt gegen Klauseln des neuen Binnenmarktgesetzes. | |
> Sie würden das Nordirland-Protokoll des Brexit-Vertrags mit der EU | |
> verletzen. | |
Bild: Das House of Lords, Oberhaus des britischen Parlaments | |
Berlin taz | Das britische Oberhaus hat dem umstrittenen | |
[1][Binnenmarktgesetz], mit dem die Regierung Teile des | |
Nordirland-Protokolls im gültigen Brexit-Abkommen aushebeln will, erneut | |
eine Abfuhr erteilt. Das House of Lords stimmte am Montagabend in London | |
mit 433 zu 165 Stimmen gegen Klauseln, die der Regierung die Macht geben, | |
den Warenverkehr innerhalb des Vereinigten Königreichs – also zwischen | |
Großbritannien und Nordirland – ohne Rücksicht auf die Vorgaben des | |
EU-Austrittsvertrages zu regeln. | |
Das Binnenmarktgesetz war am 29. September [2][vom Unterhaus mit 340 zu 256 | |
Stimmen beschlossen] worden. Im Unterhaus halten die regierenden | |
Konservativen eine absolute Mehrheit, nicht aber im Oberhaus. Doch da das | |
Unterhaus gewählt ist, das Oberhaus aber nicht, kann das Oberhaus ein vom | |
Unterhaus verabschiedetes Gesetz nicht abschließend blockieren. | |
Die veränderte Beschlussvorlage geht nun zurück ins Unterhaus. Die | |
Regierung von Premierminister Boris Johnson kündigte umgehend an, sie werde | |
dort die vom Oberhaus abgelehnten Klauseln erneut einbringen. | |
Eine erste Abstimmung im Oberhaus über das Gesetz im Oktober war ähnlich | |
klar ausgefallen. Mehrere Abgeordnete argumentierten, das Gesetz würde den | |
Frieden in Nordirland gefährden und dem internationalen Ansehen | |
Großbritanniens in der Welt schaden. | |
Die Regierung hatte zuvor [3][im Parlament eingestanden], dass die | |
umstrittenen Klauseln einen Vertragsbruch darstellen. Zahlreiche Politiker | |
quer durch alle Parteien hatten daraufhin gefordert, sie zurückziehen – | |
vergeblich. | |
Die EU leitete nach Verabschiedung des Gesetzesvorhabens im Unterhaus ein | |
[4][Vertragsverletzungsverfahren] gegen Großbritannien ein, das London aber | |
bislang ignoriert. Das Brexit-Abkommen sieht vor, dass Unstimmigkeiten und | |
Details in Bezug auf Nordirland von beiden Parteien gemeinsam geklärt | |
werden müssen. Die britische Regierung sieht darin eine Verletzung der | |
britischen Souveränität. | |
Das Gesetz soll unter anderem Sonderregeln für Nordirland im | |
Brexit-Abkommen aussetzen, die Kontrollen im Warenverkehr zwischen | |
Nordirland und Großbritannien vorsehen, damit sie nicht an der Grenze | |
zwischen Nordirland und der Republik Irland durchgeführt werden müssen. | |
Johnson spricht von einem notwendigen „Sicherheitsnetz“, das die Integrität | |
des Vereinigten Königreiches schützen soll. Kritiker warnen hingegen vor | |
einem möglichen Bruch des Karfreitagsabkommens, sollte das Gesetz die | |
Wiedereinführung von Kontrollen an der inneririschen Grenze zur Folge | |
haben, was die britische Regierung allerdings ausgeschlossen hat. | |
Die Wiedervorlage des Gesetzentwurfs im Unterhaus wird nicht vor Dezember | |
erwartet. Beobachter halten es für möglich, dass es gar nicht mehr dazu | |
kommt, sollte bis dahin ein Handelsabkommen zwischen Großbritannien und der | |
EU stehen, das die derzeitigen Regelungen und den aktuellen Streit ohnehin | |
überflüssig machen könnte. Die [5][Verhandlungen über einen Handelsvertrag] | |
für die Zeit ab Anfang 2021, wenn die geltende Brexit-Übergangsfrist | |
ausläuft, befinden sich derzeit in der entscheidenden Phase. | |
10 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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