# taz.de -- Machtlosigkeit des DFB-Präsidenten: Kapitän ohne Team | |
> DFB-Präsident Fritz Keller macht in der Krise keine gute Figur, weil er | |
> sich auf das falsche Team einlässt. Da helfen die besten Ideen nichts. | |
Bild: Fast immer nur in der Zuschauerrolle: DFB-Präsident Fritz Keller übt we… | |
Eigentlich wollte DFB-Präsident Fritz Keller zuerst nichts dazu sagen. Er | |
müsse die Fachleute dazu konsultieren, sonst stochere er im Nebel. Und | |
natürlich versicherte er pflichtschuldig, den Nebel lüften zu wollen. | |
[1][Der Aufmarsch der gut 200 Fahnder diese Woche], die in der | |
Verbandszentrale und diversen Privathäusern dem Verdacht des Steuerbetrugs | |
nachspürten, warf zusätzlich den Verdacht auf, der DFB stecke grundsätzlich | |
tiefer im Sumpf alter dunkler Machenschaften als angenommen. Und dann sagte | |
Fritz Keller noch diesen Satz: „Das hat der Fußball nicht verdient.“ | |
So spricht einer, der von draußen, von seinem moralischen Kompass aus | |
geleitet, drauf schaut. Es sind nicht die Worte eines Steuermanns, der die | |
Schwachstellen seines unzulänglichen Gefährts kennt und einen Plan | |
verfolgt, wie er die reparieren kann. Und damit ist ein Grundproblem der | |
Präsidentschaft von Fritz Keller beschrieben. | |
Das ist erst einmal keine revolutionäre Erkenntnis. Viele haben bereits zur | |
Amtseinführung von Keller im September 2019 auf dieses Konstruktionsproblem | |
hingewiesen, das seinen Reformvorstellungen gleich jegliche Kraft nahm. Mit | |
der Wahl von Keller schaffte der DFB-Bundestag zugleich die | |
Richtlinienkompetenz des Präsidenten ab. Man nahm dem Neuling im Apparat | |
die Macht, sich auch gegen Widerstand durchzusetzen. Das ist so, als würde | |
man einem Automechaniker verbieten, bei der Reparatur die Hände zu | |
benutzen. | |
Von Anfang an wurde Keller als eine Art Frühstücksdirektor wahrgenommen. | |
Und in der Tat: Die aufrichtigen und beschwingten Reden des 63-jährigen | |
Winzers über die Notwendigkeit von Transparenz etwa bei der WM-Affäre 2006 | |
und ökonomischer, ökologische und sozialer Nachhaltigkeit im Verband werden | |
regelmäßig von seinen Mitarbeiter:innen konterkariert. | |
## Appelle für Kabarettisten | |
Die zu erwartenden Steuernachzahlungen werden die durch Corona verschärfte | |
finanzielle Schieflage des Verbandes weiter verschlechtern. Nach dem Flug | |
der Nationalmannschaft von Stuttgart nach Basel kürzlich kommen die | |
DFB-Appelle ans Umweltbewusstsein aller nur noch bei den Kabarettisten an. | |
Und mit sozialer Nachhaltigkeit hat die vom DFB ins Auge gefasste | |
[2][Etatkürzung bei den Fanprojekten], die möglicherweise den Abzug von | |
Sozialarbeitern an prekären Standorten wie Chemnitz, Cottbus oder Aachen | |
bedeuten würde, sowieso nichts zu tun. | |
Warum aber hat sich Fritz Keller beim Antritt seiner gewaltigen Aufgabe die | |
Hände binden lassen? | |
Seine Zustimmung zu seiner Machtbeschränkung ist von einem durchaus | |
sympathischen demokratischen Selbstverständnis getragen, dass einer allein | |
den Laden nicht schmeißen kann und die Aufgabe, wie er häufig betont, nur | |
in Teamarbeit zu bewältigen sei. Diejenigen, die sich über den autoritären | |
Saustall namens DFB empören, hängen oft auch autoritätsgläubigen | |
Vorstellungen an nach dem Motto: Da muss endlich mal einer ordentlich | |
aufräumen. Ob auf diese Weise ein Kulturwandel im Verband etabliert wird, | |
kann mit guten Gründen bezweifelt werden. | |
Kellers Idee der Teamarbeit ist eine vielversprechendere. Sein Problem ist | |
nur, dass er einem Team vertrauen muss, das noch zu sehr mit alten dubiosen | |
Seilschaften verbunden ist und ihn deshalb so täppisch aussehen lässt. In | |
dem System sind durchaus auch gute Ansätze vorhanden. Der DFB ist, wenn oft | |
auch erst durch Druck von außen, seiner gesellschaftlichen Verantwortung | |
zunehmend besser gerecht geworden. Die Projekte dienten den Altvorderen | |
indes gern als Deckmäntelchen. | |
Es fehlt nach wie vor ein übergeordnetes Konzept, das alles zusammendenkt, | |
mit dem sich alle identifizieren können. Fritz Keller ist für den | |
Reformprozess nicht entscheidend. Es braucht ein neues Team, Verstärkungen | |
von außen. Dieser Wandel kann am besten durch den Druck der | |
Staatsanwaltschaften und der Gerichte eingeleitet werden. | |
9 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Steuer-Razzia-beim-DFB/!5716262 | |
[2] /Fanprojekten-droht-Kuerzung/!5711538 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
## TAGS | |
DFB-Präsident | |
Fritz Keller | |
Kolumne Frühsport | |
Fußball | |
Deutscher Fußballbund (DFB) | |
DFB-Präsident | |
Deutscher Fußballbund (DFB) | |
TSG Hoffenheim | |
DFB-Präsident | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Vor Präsidiumssitzung des DFB: Neues vom Intrigantenstadl | |
In der Verbandszentrale des DFB tobt ein Machtkampf: Der alte Apparat hat | |
sich gegen Neu-Präsident Fritz Keller verschworen und sticht Interna durch. | |
Steuer-Razzia beim DFB: Skandal zur Unzeit | |
Der DFB soll Einnahmen aus Bandenwerbung nicht korrekt versteuert haben. | |
Nun gab es eine Razzia. Der ruinierte Ruf kostet den Verband Werbekunden. | |
Diskriminierung von Hoffenheims Hopp: Die Folgen der Hassfolklore | |
Der DFB hat sich schicke Antidiskrimierungsregeln gegeben. Ausgerechnet | |
gegen Hoffenheim-Eigner Hopp kommen sie erstmals zum Einsatz. | |
Neuer DFB-Präsident: Unfreier als in Freiburg | |
Es gleicht der Quadratur des Kreises, aber mit Fritz Keller an der Spitze | |
will der DFB sympathisch und modern werden. Kann das gutgehen? |