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# taz.de -- Gruppenvergewaltigung in Israel: „Das Problem ist viel größer“
> Eine mutmaßliche Gruppenvergewaltigung einer 16-Jährigen erschüttert
> Israel. In vielen Städten kommt es zu Protesten gegen sexuelle Gewalt.
Bild: Teilnehmerin einer Demonstration in Tel Aviv am 23. August gegen Gewalt g…
Tel Aviv taz | Es ist eine Tat, die Schock und Entsetzen hervorruft: In
Israel beschuldigt eine 16-Jährige mehrere Männer, sie in einem Hotel
vergewaltigt zu haben. Die Tat hat eine Welle von Protesten und Streiks im
ganzen Land ausgelöst. In Tel Aviv, Jerusalem und Dutzenden weiteren
Städten fanden am Wochenende spontane Demonstrationen gegen sexuelle Gewalt
und die Verharmlosung von sexuellen Straftaten in der israelischen
Gesellschaft statt.
Nach Angaben der Polizei war das Mädchen mit ihrer Freundin im Kurzurlaub
im Badeort Eilat gewesen, wo beide in einem Hotel untergekommen waren. In
der Nacht auf den 12. August besuchten sie Freunde im Red Sea Hotel,
gemeinsam hätte man dort zu viel Alkohol getrunken. Als das Mädchen auf die
Toilette gehen wollte, sei es zur Vergewaltigung im Hotelzimmer gekommen.
Einer der Tatverdächtigen schätzt die Zahl der Täter auf 30. Auch die
Polizei geht von einer Zahl im zweistelligen Bereich aus. Zur Aufklärung
wurde ein spezielles Ermittlungsteam eingesetzt.
Mittlerweile hat die Polizei 11 Tatverdächtige festgenommen, darunter zwei
27-jährige Hauptverdächtige und neun Minderjährige. Auch die
Hotelbesitzerin wurde festgenommen. Ihr wird vorgeworfen, die polizeilichen
Ermittlungen erschwert und die Tat nicht verhindert zu haben.
Ein Hotelgast sagte der israelischen Tageszeitung [1][Haaretz], zum
Zeitpunkt seines Check-in in derselben Nacht hätte eine große Gruppe auf
dem Gang Lärm gemacht. Er selbst habe sich bei der Hotelleitung beschwert,
doch niemand habe etwas unternommen.
Auf Überwachungsvideos ist zu sehen, wie eine Menschenmenge im Gang vor dem
Hotelzimmer versammelt ist und mehrere Personen nacheinander eintreten.
Laut Haaretz haben einige der Männer die Vergewaltigung gefilmt und das
Mädchen auf WhatsApp darüber informiert.
## Männer stehen Schlange
Der Öffentlichkeit bekannt wurde der Fall am vergangenen Mittwoch, nachdem
die Jugendliche in ihrer Heimatstadt Aschkelon Anzeige bei der Polizei
erstattete. Eine Aussage über die genaue Anzahl der Vergewaltiger konnte
sie nicht machen, da sie im Rauschzustand gewesen sei. Die Anwältin eines
Tatverdächtigen gab an, das Mädchen habe es nicht anders gewollt und die
Männer selbst herbeigerufen.
„Die Männer standen Schlange und einer nach dem anderen vergewaltigten sie
ein 16-jähriges Mädchen. Weil sie es konnten“, [2][schrieb] die Aktivistin
Sarah Perle Benazera nach dem Vorfall auf Facebook. „Weil niemand sie
aufgehalten hat. Weil sie sich dazu berechtigt fühlten. Die Zahl ist
erschreckend, und das Problem dahinter noch viel größer!“
Auch der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu äußerte sich auf
Twitter: Der Vorfall sei „nicht nur ein Verbrechen gegen das Mädchen,
sondern ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Die Verantwortlichen
müssten vor Gericht gestellt werden.
## Proteste gegen sexuelle Gewalt
Nach offiziellen Angaben sollen am Sonntagabend in Tel Aviv bis zu 2.000
Menschen gegen sexuelle Gewalt demonstriert haben. Die Demonstrant*innen
blockierten die Straßen und riefen: „Das ist kein Fehlgriff, das ist
Politik!“ Für die Protestierenden ist der Fall in Eilat der Gipfel einer
Politik und Ausdruck einer gesellschaftlichen Norm, die sexuelle Straftaten
unter den Teppich kehrt und legitimiert.
Sexualstraftäter werden in Israel kaum zur Verantwortung gezogen: Neun von
zehn Vergewaltigungen bleiben straffrei. Auch im Fall einer Anzeige
erwartet die Täter oft nur eine milde Strafe, teils werden nur
Sozialstunden verhängt. Oft wird implizit den Opfern die Schuld zugewiesen.
Auch 2019 hatte eine Gruppenvergewaltigung Schlagzeilen gemacht, als auf
Zypern eine junge Britin angab, von einer Gruppe israelischer Jugendlicher
vergewaltigt worden zu sein. Die jungen Israelis wurden freigesprochen und
ließen sich noch am Flughafen in Tel Aviv feiern, während sie über die
britische „Hure“ höhnten. Die Engländerin gestand schließlich, alles
„erfunden“ zu haben und wurde wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses�…
verurteilt. Drei Tage später unterzeichneten Zypern und Israel ein
wichtiges Gaspipelineabkommen.
24 Aug 2020
## LINKS
[1] https://www.haaretz.com/israel-news/.premium-police-arrest-fourth-suspect-i…
[2] https://www.facebook.com/sarah.perle.94/posts/10157686403111478
## AUTOREN
Marina Klimchuk
## TAGS
Sexualisierte Gewalt
Israel
Schwerpunkt Femizide
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