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# taz.de -- Rezension von „The Pyjama Cookbook“: Nerds am Herd
> Der Synthesizer-Hersteller Korg hat das Kochbuch „The Pyjama Cookbook“
> veröffentlicht. Darin empfehlen Künstler Bananen-Quark-Pampe und gute
> Musik.
Bild: Empfiehlt leckeres Essen: Musikerin und DJane Gudrun Gut
Musiker, die mit Synthesizern hantieren, sind oft gut im
[1][Experimentieren und Improvisieren] – zwei Fähigkeiten, die man auch in
der Küche gut gebrauchen kann. Das dachte sich auch das [2][Berliner Team
des Synthesizer-Herstellers Korg,] als es kürzlich ein kostenloses
digitales Kochbuch veröffentlichte.
Befreundete Produzenten, Techniker, Künstler und Avantgardemusiker wie zum
Beispiel [3][Objekt] (alias TJ Hertz), [4][Suzanne Ciani] und [5][Thomas
Fehlmann] (Palais Schaumburg) stellen darin überwiegend einfach
zuzubereitende Gerichte vor; auch Rezepte von Shortdrinks, Longdrinks und
Gebackenem finden sich in der Rezeptesammlung.
Dabei hätte es „The Pyjama Cookbook. A Guide to Self-Feeding“, so der Titel
des eBooks, ohne die Coronapandemie wohl nie gegeben. Denn die Herausgeber,
die Synthesizer-Ingenieure Tatsuya Takahashi und Maximilian Rest, waren
gerade erst damit beschäftigt, ein deutsches Entwicklungszentrum des
japanischen Unternehmens Korg in Kreuzberg aufzubauen.
Anfang des Jahres bezogen sie ihre Büros, sie begannen ein Team aus
Ingenieuren, Tüftlern und Programmierern zusammenzustellen, um an der Spree
neue Effektgeräte, Sequenzer oder Module zu entwickeln. Dann zwang Corona
sie in ihre Homeoffices. Und während Takahashi so im Schlafanzug zu Hause
saß, Bewerbungsunterlagen sichtete und gelangweilt davon war, immer das
Gleiche zu kochen und zu essen, entstand die Idee, Rezepte von Freunden und
Musikern zu sammeln.
## Bananen-Quark-Zitronensaft-Pampe für gute Laune
Daraus stellte das inzwischen zum Quartett angewachsene Korg-Team – Lydia
und Verena Glup waren noch hinzugekommen – schließlich das 79 Seiten starke
Kochbuch zusammen, gedacht als kleine Ermunterung und Küchenhilfe für die
ansonsten so lustfeindliche Coronazeit. „Wir wollten etwas Sinnvolles tun
in der Zeit der Pandemie“, sagt Takahashi am Telefon, „und es musste nicht
unbedingt etwas mit Synthesizern zu tun haben … so kamen wir schließlich
auf das Kochbuch.“
Sie kontaktierten Künstler und Entwickler aus ihrem Umfeld – und bekamen
umgehend Rezepte zurück. „Die Leute, die mitgemacht haben, waren so cool
und nett, wir sind ihnen echt dankbar, dass das alles so gut lief“, sagt
er. Sie hätten der Music Community etwas Positives für die schwierige Zeit
geben wollen, „deshalb wollten wir auch nichts mit ‚Corona‘, ‚Quarantä…
oder ‚Lockdown‘ im Buchtitel“. Verfasst ist das Kochbuch auf Englisch, ab…
auch jenen zu empfehlen, deren Englischkenntnisse nicht perfekt sind.
Die 30 Rezepte, die sie zusammengetragen haben, sorgen – und das ist
vielleicht das Beste – nicht nur für gutes Essen, sondern machen auch gute
Laune. Mit der [6][Berliner Musikerin Gudrun Gut] kann man sich etwa einen
„Widerstandskräftebrei“ mixen, der den Zutaten nach zu urteilen zunächst
fast abartig gesund klingt: Leinsamen, Hirse, Sesamsamen, Sesamöl, Früchte
und nur ein bisschen Quark.
Dieses Gemisch, das auf einer Bananen-Quark-Zitronensaft-Pampe basiert,
eignet sich dann aber doch erstaunlich gut als Frühstück oder
Zwischenmahlzeit, der Geschmack ist zitronig-frisch-fruchtig. Ideal für den
Sommer.
## Kulinarischer Minimalismus
Die Nerds an den Knöpfen und Reglern erweisen sich nicht selten auch als
Nerds in der Küche. Der japanische Synthie-Erfinder Fumio Mieda bringt
einem zum Beispiel seinen ganz persönlichen kulinarischen Minimalismus
näher. Miedas Rezept kommt mit gerade mal drei Zutaten aus: „Make a hole in
some rice served in a bowl. Break an egg and empty it into the hole. Pour a
bit of soy sauce. yum yum!“ Ein gustatorischer Hochgenuss ist der nur
unwesentlich optimierte Reishaufen nicht, aber als
Wenn’s-schnell-gehen-muss-Mahlzeit und Arme-Leute-Essen taugt er allemal.
Fumio Mieda ist, nebenbei bemerkt, eine Legende unter Synthie-Lovern, er
hat unter anderem den legendären Korg-MS-20 mitentwickelt, der als
erschwinglicher Synthesizer Ende der Siebziger die Musikwelt
revolutionierte.
Minimalistisch ist auch das Rezept des tschechischen
Instrumente-Entwicklers und Produzenten Václav Peloušek, der unter dem
Namen [7][Toyota Vangelis] Musik macht. Aber seine ölgebadeten Gnocchi
haben es in sich. Man verrührt dabei einfach gekochte und abgegossene
Gnocchi mit gedünsteten Zwiebeln und Knoblauchzehen sowie in Öl eingelegten
getrockneten Tomaten.
Dies alles lässt man zusammen etwas brutzeln und gibt am Ende geröstete
Sonnenblumenkerne, Käse und etwas Basilikum dazu. Die Gnocchi saugen dabei
das Öl ganz gut auf, die Mischung aus Zwiebeln und Tomaten sorgt für eine
clevere fruchtige Note. Und, apropos fruchtig, wer nach dem Essen gern
einen Kaffee trinkt, dem sei unbedingt der „Orange-Infused Cold Brew
Coffee“ von Fotografin Carys Huws nahegelegt, eine gelungene Abwechslung zu
den handelsüblichen Eiskaffeesorten.
Musiktipps zur Mahlzeit gibt’s natürlich ebenfalls, und auch hier stimmt
die Mischung: Mal wird Populäres à la The Smiths und Cocteau Twins
anempfohlen, dann Underground-Acts wie der US-House-Produzent Huerta.
Unbedingt dazu gehören auch die alkoholischen Drinktips, und hier sollte
man vielleicht dem Rat des belgischen Musikers Roman Hiele folgen. Er
empfiehlt, das Bier Oude Geuze Boon mit einem Schuss Genever zu versehen,
das Licht auszumachen, laut [8][„Das Boot“ von U96] aus den Boxen dröhnen
zu lassen und das Gebräu in sich hineinzuschütten. Danach geht es einem
bestimmt gut!
30 Jul 2020
## LINKS
[1] /Experimentalmusik-mit-Nachtigallen/!5605635
[2] https://korg-germany.de/
[3] https://objekt.bandcamp.com/
[4] https://www.sevwave.com/
[5] https://www.thomasfehlmann.com/
[6] https://www.gudrungut.com/
[7] https://soundcloud.com/toyota-vangelis
[8] https://www.youtube.com/watch?v=MlwqOVnXuc4
## AUTOREN
Jens Uthoff
## TAGS
Kochen
Kochbuch
Obst
Kochbuch
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