# taz.de -- Diskriminierung bei Banken: Kampf ums Konto | |
> Banken dürfen Menschen wegen ihrer ethnischen Herkunft nicht | |
> benachteiligen. Trotzdem häufen sich Berichte über plötzlich geschlossene | |
> Konten. | |
Bild: Durchfahrt verboten: Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt/Main | |
BERLIN taz | Ramy Maher ist frustriert: Das Bankkonto des Architekten wurde | |
nach einem Jahr plötzlich ohne Angabe von Gründen geschlossen. Seinem | |
Bruder Shady Maher, Student der Architektur in Dessau, passiert nach einem | |
halben Jahr dasselbe. Die beiden versuchen daraufhin, bei mehreren anderen | |
deutschen Banken ein Konto zu eröffnen – ohne Erfolg. | |
Maher hört sich in seinem Bekanntenkreis um, in einer internationalen | |
Facebook-Gruppe und auf Vergleichsseiten. Er stößt auf Berichte von | |
weiteren Menschen, denen eine Kontoeröffnung verweigert oder deren Konto im | |
Nachhinein ohne Angabe von Gründen geschlossen wurde. Meist handelt es sich | |
um Menschen mit ägyptischer Staatsbürgerschaft, weshalb Maher befürchtet, | |
diskriminiert worden zu sein. Anders kann er sich die Vorfälle nicht | |
erklären, denn als Architekt verdient er sehr gut, vorbestraft sei er auch | |
nicht. „Ich finde das sehr erniedrigend“, sagt der 27-Jährige, der seit | |
sechs Jahren in Deutschland lebt. „Ich akzeptiere das nicht, wir sind keine | |
Menschen zweiter Klasse.“ | |
Denise Kramer, Lehrbeauftragte am [1][Zentralinstitut El Gouna der TU | |
Berlin] in einem internationalen Studiengang, sind ähnliche Vorfälle | |
bekannt. „Eine Studierende ägyptischer Staatsangehörigkeit ist zu mir | |
gekommen und hat mir von ihrer Hilflosigkeit erzählt, weil sie kein Konto | |
eröffnen kann. Auch mehreren ihrer Freund*innen sei schon Ähnliches | |
passiert“, sagt Kramer. „In dem Zusammenhang fielen vor allem die Namen der | |
Deutschen Bank und der Commerzbank.“ Jede*r der Studierenden könne eine | |
Handvoll weiterer Personen nennen, denen Ähnliches widerfahren ist. Ohne | |
Konto sind Arbeits- und Wohnungssuche schwierig, auch Stipendien oder Visa | |
können dadurch gefährdet sein. | |
In einer Facebook-Gruppe internationaler Studierender in Dessau berichten | |
rund ein Dutzend Menschen, dass ihnen eine Kontoeröffnung verweigert oder | |
ihr Konto nach mehreren Jahren ohne Angabe von Gründen geschlossen worden | |
sei. Meistens ist hier die Rede von der Commerzbank. Die abgelehnten | |
Vertragspartner*innen eint vor allem die ägyptische Staatsangehörigkeit, | |
aber auch Menschen mit pakistanischer, bengalischer und mexikanischer | |
Staatsangehörigkeit berichten von ähnlichen Erfahrungen, die sie nicht | |
einordnen können. | |
## Pauschale Ablehnung gibt es nicht | |
Der Pressesprecher der Commerzbank AG, Mathias Paulokat, teilt auf | |
taz-Anfrage mit, man äußere sich nicht zu einzelnen Kontoverbindungen. | |
„Grundsätzlich dürfen wir als Privatbank Konten auf der Basis unserer | |
Allgemeinen Geschäftsbedingungen ohne weitere Angabe von Gründen kündigen“, | |
so Paulokat. Der Bezug der Kontokündigung aufgrund der Staatsangehörigkeit | |
und/oder der ethnischen Herkunft sei in jeder Hinsicht falsch. Auf den | |
Vorwurf, Kontoeröffnungen bisweilen aufgrund der Staatsangehörigkeit zu | |
verweigern, ging die Bank in ihrer Stellungnahme nicht ein. | |
Ein Sprecher der Deutschen Bank teilte auf taz-Anfrage mit, eine pauschale | |
Ablehnung von Kontoeröffnungen aufgrund einer bestimmten Nationalität finde | |
nicht statt. Als international tätiges Haus müsse man unter anderem den | |
internationalen Vorgaben zur Prävention von Geldwäsche bei der | |
Identifizierung von Geschäftspartnern genügen. Die Staatsangehörigkeit sei | |
dabei einer der Faktoren, die bei einer Kontoeröffnung zu prüfen seien. | |
„Bei Kunden mit Staatsangehörigkeit eines sogenannten,Risiko- oder | |
Hochrisikolands' müssen gemäß den gesetzlichen Regelungen,erhöhte | |
Sorgfaltspflichten' angewendet werden“, so der Sprecher. Im Einzelfall | |
könne eine derartige Prüfung dazu führen, dass man kein laufendes Konto | |
anbiete. Unabhängig davon gebe es jedoch die Möglichkeit eines Basiskontos | |
nach dem Zahlungskontengesetz (ZKG). | |
In Deutschland gilt grundsätzlich Vertragsfreiheit. Damit ist es auch in | |
der Finanzwirtschaft rechtlich zulässig, wenn eine Bank die Eröffnung eines | |
Kontos oder anderer Finanzprodukte ablehnt. Verträge über Girokonten sind | |
jedoch vom Schutzbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) | |
umfasst. | |
Die Ablehnung des Vertragsabschlusses aufgrund der ethnischen Herkunft ist | |
verboten, wenn sie nicht sachlich gerechtfertigt werden kann. Da Banken | |
jedoch keine Auskunft darüber geben müssen, warum sie eine Kontoeröffnung | |
ablehnen oder ein bereits existierendes Konto schließen, ist es schwer | |
nachzuvollziehen, wann es sich tatsächlich um eine Diskriminierung handelt. | |
## Staatsangehörigkeit ist ausschlaggebend | |
Bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gingen in den vergangenen | |
zwei Jahren rund 40 Anfragen ein, bei denen Menschen mit iranischer, aber | |
auch ägyptischer, syrischer oder afghanischer Staatsbürgerschaft die | |
Eröffnung eines Kontos verweigert oder ein Konto gekündigt wurde. | |
Ausschlaggebend sei bei diesen Vorfällen die Staatsangehörigkeit, vermutet | |
Ann Kathrin Sost von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. „Aus | |
unserer Sicht kann hier, wenn eine Kontoeröffnung pauschal wegen der | |
Staatsbürgerschaft abgelehnt oder im Nachhinein gekündigt wird, eine | |
mittelbare Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft nach dem | |
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vorliegen“, so Sost. | |
Die Antidiskriminierungsstelle hat sich für eine grundsätzliche Klärung an | |
die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und den | |
Bankenverband gewandt. Letzterer verweise in diesem Zusammenhang unter | |
anderem auf die Finanzsanktionen gegen Länder wie Iran und Syrien sowie | |
geldwäscherechtliche Vorgaben, die im Einzelfall gegen die Aufnahme oder | |
Fortführung einer Geschäftsbeziehung stünden. | |
„Wir können die Argumentation der Banken nicht vollumfänglich | |
nachvollziehen“, sagt Sost dazu. „Aus unserer Sicht muss es immer eine | |
Einzelfallprüfung geben, statt pauschal aufgrund der ethnischen Herkunft zu | |
urteilen.“ Die Vertragsfreiheit sei insofern eingeschränkt, als dass eine | |
Benachteiligung aufgrund der ethnischen Herkunft der Kontoinhaber*innen | |
gesetzlich nicht erlaubt sei. | |
## Man wende sich an die Antidiskriminierungsstelle | |
Anders als die ethnische Herkunft ist die Staatsangehörigkeit nicht im | |
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geschützt. Eine Klage hat auch | |
deshalb wenig Aussicht auf Erfolg. Die Antidiskriminierungsstelle fordert | |
die Aufnahme der Kategorie „Staatsangehörigkeit“ ins AGG. Eine rechtliche | |
Konkretisierung des Merkmals „ethnische Herkunft“ könnte auch die | |
Rechtsposition von Betroffenen gegenüber Banken stärken, vermutet Sost. | |
Wer meint, bei der Kontoeröffnung diskriminiert worden zu sein, kann sich | |
bereits jetzt an die Beratungsteams der Antidiskriminierungsstelle wenden, | |
die auf Wunsch eine gütliche Einigung mit der entsprechenden Bank | |
anstreben. | |
Verbraucher*innen, die sich rechtmäßig in der Europäischen Union aufhalten, | |
haben in Deutschland darüber hinaus jedoch zumindest Anspruch auf ein | |
Basiskonto, ein Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen. Dies sieht das | |
Zahlungskontengesetz (ZKG) vom 11. April 2016 vor. Wird die Eröffnung eines | |
Basiskontos verweigert, kann man sich an die Bundesanstalt für | |
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wenden, die Verwaltungsverfahren | |
durchführt. | |
## Jede*r hat ein Recht auf ein Konto | |
„Jeder, der in Deutschland lebt, hat ein Recht auf ein Konto“, | |
unterstreicht Dorothea Mohn, Leiterin des Teams Finanzmarkt des | |
Bundesverbands Verbraucherzentrale. „Banken dürfen das nicht verweigern. | |
Nach allem, was wir wissen, funktioniert das auch.“ Banken seien jedoch | |
nicht dazu verpflichtet, solche Basiskonten aktiv anzubieten. „Ich habe die | |
Erwartung, dass die Banken ihre Pflichten kennen und nicht eventuelle | |
Wissenslücken durch vielleicht intransparentes Verhalten ausnutzen, sondern | |
Anfragende auf diese Möglichkeit der Kontoeröffnung hinweisen.“ | |
Das Zauberwort „Basiskonto“ könnte also weiterhelfen, wenn einem die | |
Kontoeröffnung verweigert wird. Vermutlich ist es in den meisten Fällen | |
jedoch einfacher, sich direkt an eine andere Bank zu wenden. Ramy Maher | |
versucht es weiter. | |
16 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.campus-elgouna.tu-berlin.de/home/ | |
## AUTOREN | |
Henrike Koch | |
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