# taz.de -- Neuer US-Geheimdienstkoordinator: Qualifikation „Trump-Fan“ | |
> Der Republikaner John Ratcliffe fiel bisher vor allem dadurch auf, dass | |
> er den US-Präsidenten vor Kritik in Schutz nahm. Dafür wurde er belohnt. | |
Bild: John Ratcliffe bei seiner Nominierung | |
Berlin taz | Seit Dienstag haben die USA einen neuen, vom Senat bestätigten | |
und vereidigten Geheimdienstkoordinator, den ersten seit neun Monaten der | |
Interimsbesetzungen. Der 54-jährige John Ratcliffe, bislang | |
republikanischer Abgeordneter aus Texas, sitzt ab jetzt an der Spitze der | |
17 US-Geheimdienste. Der Posten des Direktors wurde 2004 unter Präsident | |
George W. Bush eingerichtet – offiziell begründet mit der mangelnden | |
Koordination der Dienste vor den Anschlägen des 11. September 2001. | |
Dass US-Präsident Donald Trump bei der Besetzung wichtiger Posten | |
politische und persönliche Loyalität höher bewertet als fachliche | |
Qualifikation, ist inzwischen mehr als bekannt. Als er Ratcliffe im Sommer | |
vergangenen Jahres [1][bereits einmal für den Posten vorgeschlagen] hatte, | |
zog der nach einem öffentlichen Hagel von Zweifeln an seinen Fähigkeiten | |
und Vorwürfen, seinen Lebenslauf geschönt zu haben, die Kandidatur wieder | |
zurück. | |
Jetzt löst Ratcliffe den interimsmäßig ernannten [2][Berliner | |
US-Botschafter Richard Grenell] auf dem Posten ab – und es scheint die | |
Stimmung vorzuherrschen, schlimmer als Grenell könne Ratcliffe nun auch | |
nicht sein. Dennoch ist er der erste Geheimdienstkoordinator, der keine | |
einzige Stimme der Opposition erhielt: 49 republikanische Senator*innen | |
stimmten für ihn, die 44 Demokrat*innen geschlossen dagegen. | |
Ratcliffe hatte Trumps Aufmerksamkeit erregt, als er den | |
[3][FBI-Sonderermittler Robert Mueller], der Verbindungen von Trumps | |
Wahlkampfteam zu Russland herausfinden sollte, bei dessen Anhörung im | |
Repräsentantenhaus besonders hart anging. Im von den Demokrat*innen | |
initiierten Amtsenthebungsverfahren gehörte Ratcliffe zu Trumps | |
Verteidiger-Team. Spätestens seit dem gescheiterten Verfahren belohnt Trump | |
konsequent alle besonders hartnäckigen Unterstützer*innen und straft | |
Zweifelnde rigoros ab. | |
## Noch nie parteiübergreifend | |
Der Posten des Geheimdienstdirektors verlangt eigentlich parteiunabhängige | |
Prüfung und Sammlung von Informationen, um der Regierung möglichst | |
objektive Entscheidungsgrundlagen zu liefern. Das hat zwar in der | |
Geschichte der Stelle nie wirklich geklappt – schon der erste | |
Geheimdienstdirektor, [4][John Negroponte], war ein scharfmacherischer | |
Ideologe, der sich während der Reagan-Präsidentschaft in den 1980er-Jahren | |
einen Namen als Organisator von Interventionen in Zentralamerika gemacht | |
hatte. | |
Aber zumindest verfügten alle bisherigen Direktoren über berufliche | |
Erfahrungen im Bereich der Nationalen Sicherheit – jedenfalls bis Trump im | |
August 2019 den ersten von ihm eingesetzten und vom Senat bestätigten | |
Geheimdienstkoordinator Dan Coats hinauswarf, weil der sich weigerte, Trump | |
in der Frage der russischen Wahlkampfeinmischung uneingeschränkte | |
Solidarität zu zeigen. | |
John Ratcliffe gehört zwar seit dem vergangenen Jahr dem | |
Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses an, hat aber zuvor wenig | |
außenpolitisches Engagement gezeigt und selbst weder in einem der Dienste | |
noch im Militär gedient. Seine herausragende Qualifikation: Trump-Fan. | |
26 May 2020 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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