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# taz.de -- DFB-Diktat für Dritte Fußball-Liga: Der große Graben
> Die DFB-Führung erhält vom Verbandsparlament Unterstützung für die
> strittige Fortsetzung der 3. Liga. Präsident Keller agiert wenig
> sensibel.
Bild: Gefängnis der DFB-Direktiven: Teamchef Rene Klingbeil, Befürworter des …
Der südbadische Gastronom Fritz Keller hat viele Jahre seines Lebens im
wahrsten Sinne des Wortes auf der Sonnenseite zugebracht. Insofern wirkt
nachvollziehbar, dass ein Fachmann des Fußballs und des Genusses sich
wieder Zeiten wünscht, in denen „wir wieder mit einer Wurscht und Schorle
am Platz stehen“.
Das Problem ist nur, dass solch romantische Reminiszenzen selten in die
Zukunft weisen. In der Coronakrise hat auch der höchste Würdenträger des
Deutschen Fußball-Bundes (DFB) feststellen müssen, dass sich in der Dritten
Liga als der höchsten Spielklasse unter DFB-Obhut jeder selbst der Nächste
ist. Weshalb nach dem eindeutigen Votum auf dem Außerordentlichen Bundestag
für die Fortführung des Spielbetriebs der präsidiale Appell erklang: „Keine
Tricks mehr und keine Verweigerungshaltung.“
Der DFB sieht sich demokratisch legitimiert, [1][die Restsaison vom
Pfingstwochenende bis zum 4. Juli in englischen Wochen durchzupeitschen] –
auch wenn Waldhof Mannheim die Abstimmung der Funktionäre als „indirekte
Demokratie“ (Manager Markus Kompp) geißelte. Die Kurpfälzer fordern vom
Verband gleich noch 79.000 Euro für die Umsetzung des Hygienekonzepts
zurück. Drängender ist, ob überall gespielt werden kann. Generalsekretär
Friedrich Curtius äußerte sich verhalten optimistisch, dass die noch
fehlenden Genehmigungen aus einzelnen Bundesländern bis zum Wochenende
vorliegen würden.
Die Problemfälle sind im Osten angesiedelt, beim ehemaligen
Europapokalsieger 1. FC Magdeburg, Halleschen FC, FSV Zwickau oder
Schlusslicht Carl-Zeiss Jena. In Sachsen-Anhalt sind vorerst bis Donnerstag
Mannschaftstraining und Wettkämpfe verboten, in Thüringen gar bis zum 5.
Juni. Weil die Stadt Jena keinen Trainings- und Spielbetrieb zulässt, hat
Jena ein Quarantäne-Trainingslager in Leipzig bezogen, will offenbar nach
Würzburg oder Meppen, möglicherweise auch Oberhausen oder Essen für das am
Sonntag angesetzte Ostduell gegen den Chemnitzer FC ausweichen.
## Anwalt gegen den DFB
Halle hat über ein Anwaltsschreiben den Dachverband aufgefordert, „gleiche
Bedingungen für alle mit mindestens 14 Tagen Mannschaftstraining zu
schaffen“. Die juristische Beantwortung solcher Klagen steht noch aus, die
moralische Bewertung hat die DFB-Spitze schon vorgenommen. Vizepräsident
Rainer Koch hatte „klare Kante“ gegen die Abbruch-Befürworter angekündigt.
Zunächst gibt die Spielordnung nur das Recht, die Punkte dem Gegner
zuzuschreiben, wenn ein Klub nicht antritt. Allerdings ist jetzt der
DFB-Vorstand ermächtigt, bei einem Saisonabbruch über Auf- und Abstieg zu
entscheiden.
Damit obliegt dem Verband am Ende die wichtigste Entscheidung. Keller
findet das richtig. [2][„Vielleicht sind wir zu demokratisch – und lassen
zu viele Freiheiten.“] Würde man auf die Tabelle schauen, wisse man doch,
was los ist: Jene Klubs wollen abbrechen, denen der Abstieg droht. Der
Verbandschef äußerte laute Zweifel über „Landesverbände“, deren
Landesregierungen „jetzt die große Öffnung“ planen. Ein Seitenhieb nach
Thüringen.
Der 63-Jährige muss nur aufpassen, nicht alte Ost-West-Konflikte zu
entfachen. Zähneknirschend hat Halle am Wochenende sein
Quarantäne-Trainingslager im Münsterland bezogen. Zwickau, zum Re-Start
beim KFC Uerdingen in der leeren Düsseldorfer Arena zu Gast, fürchtet in
der Coronakrise den baldigen Ruin, erst recht beim Abstieg in die
Regionalliga.
In diesem speziellen Fall schlug Keller nach dem Bundestag den Bogen zu
seiner eigenen Vergangenheit. „Das Risiko, dass man absteigt als
Erstligist, Zweitligist oder Drittligist, muss man einkalkulieren als
seriöses Unternehmen. Im Berufsfußball sowieso. Ich muss so viel auf die
Kante legen, dass ich beim Abstieg nicht den Laden zumachen muss. Das habe
ich bei meinem Verein über 25 Jahre verfolgt. Und wir haben es immer wieder
geschafft, hochzukommen.“ Drei Mal ist der ehemalige Präsident des SC
Freiburg abgestiegen.
Doch ist der zwischen Bundesliga und 2. Bundesliga pendelnde Sportclub
wirklich die Vergleichsgröße? Der Graben zu den fünf Regionalligen ist der
größte im deutschen Fußball. RB Leipzig hatte einst ein zweitligataugliches
Team zusammen, und schaffte nur zeitverzögert den Sprung in die Dritte
Liga.
26 May 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Frank Hellmann
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Deutscher Fußballbund (DFB)
Regionalliga
DFB-Präsident
Schwerpunkt Sport trotz Corona
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Kolumne Frühsport
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