| # taz.de -- „Polizeiruf“ aus Frankfurt (Oder): Ach du heilige Hure! | |
| > Wenn's mit „unbefleckter Empfängnis“ anfängt, ist der Abend gelaufen. | |
| > Vollgepfropft mit Mutterschafts-Mystik verliert dieser Krimi jede | |
| > Bodenhaftung. | |
| Bild: Lenski (Maria Simon) und Raczek (Lucas Gregorowicz, r.) in einem Krimi, d… | |
| Es gibt Leute, die einem jeden Fernsehabend versauen, weil sie nicht anders | |
| können, als zu kommentieren, was alles total verquer an dem jeweiligen Plot | |
| sei. Zu denen gehöre ich nicht. Eigentlich. Aber sich diese „Polizeiruf | |
| 110“-Folge trotz all der offenen Fragen und Widersprüche bis zum Ende | |
| anzusehen, ist eine Herausforderung. | |
| Es geht damit los, dass eine junge, schwangere Frau auf der falschen Seite | |
| des Geländers der Stadtbrücke in Frankfurt (Oder) steht. Die Polizei ist | |
| da. Und dann latscht da ein vermeintlicher Passant einfach durch die | |
| Absperrung und redet auf die Frau ein. Und niemand fragt ihn, ob er | |
| eigentlich noch alle Latten am Zaun habe. | |
| Die Antwort ist dann dennoch schnell gefunden: Hat er nicht. Der junge Mann | |
| heißt Jonas Fleischauer (Tom Gronau), nennt sich Elias und denkt, er sei | |
| ein Gesandter Gottes, weshalb er die 16-jährige Larissa Böhler (Paraschiva | |
| Dragus) retten will. Seine Sorge gilt vordergründig aber dem Kind, das sie | |
| in sich trägt, denn das sei, sagt er, etwas Besonderes. | |
| Spätestens wenn erzkonservative Christen Anspruch auf den Körper einer Frau | |
| erheben, wird es bekanntlich ungemütlich. Nach einem kleinen Zeitsprung | |
| sieht man Larissa vor einem Eingriff auf dem OP-Tisch liegen. Die Ärzte | |
| verlassen den Raum, Jonas schleicht hinein. In einer nicht erträglichen | |
| Szene schneidet er das Kind aus ihrem Bauch. Er filmt das mit dem Handy, | |
| hält das Kind in die Kamera – als Bestätigung, dass es „gesund“ sei. Er | |
| löst den Feueralarm aus, damit ihr und dem Kind geholfen werde. Und flieht. | |
| ## Zur Sicherheit noch Krebs | |
| Allmählich fächert sich dann die Geschichte auf. Es geht um Trisomie 18 und | |
| den [1][späten Abbruch einer Schwangerschaft]. Es geht um konservative | |
| Christen und die Selbstbestimmung über den eigenen Körper. Und während das | |
| schon für einen spannenden Plot ausreichen würde, geht es dann aber auch | |
| noch um unbefleckte Empfängnis (!), Exorzismus, vermeintliche Wunder und | |
| die „Rückkehr des Messias“. Für sich genommen könnte auch das interessant | |
| sein. Leider reproduzieren die Macher hier aber ganz nebenbei das überholte | |
| Bild einer „reinen“, gebärenden Mutterhülle, einer [2][Hure oder Heilige]… | |
| die nur Statistin in ihrem eigenen Leben ist. | |
| Zu all den anderen merkwürdigen Mutter-Kind-Verhältnissen in dieser Folge | |
| kommt dann auch noch die krebskranke Mutter von Kommissar Adam Raczek ins | |
| Spiel und macht diese Folge zu einem enorm überladenen Krimi, der sich | |
| schlicht nicht entscheiden kann, was er will. | |
| 3 May 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Saskia Hödl | |
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