Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Telefonseelsorgerin über Corona-Folgen: „Was ist, wenn ich sterb…
> Die Hilferufe bei der Telefonseelsorge nehmen zu. Einsame Menschen werden
> in der Coronakrise noch einsamer, sagt eine Telefonseelsorgerin.
Bild: Die Coronakrise macht noch einsamer
taz: Frau Kandis, was hat sich mit der Coronakrise bei den Anrufer*innen
geändert?
Ute Kandis*: Die Menschen, die jetzt anrufen, sind Menschen, die schon
vorher einsam waren und jetzt noch einsamer sind. Leute, die zum Beispiel
früher noch die Möglichkeit hatten, beim Bäcker um die Ecke einen Kaffee zu
trinken und dabei ins Gespräch zu kommen. Solche Dinge fallen jetzt weg.
Allein der Gedanke, dass sie jetzt gar nicht mehr rauskönnen, verstärkt
ihre [1][Einsamkeit.] Vielen fehlt auch die Arbeit, und wenn’s nur ein
kleiner Nebenjob ist. Da fehlt dann das Geld, da fehlt der Kontakt, da
fehlt die Aufgabe. Die fragen sich, wofür braucht die Gesellschaft mich
noch?
Welche anderen Themen tauchen auf?
Natürlich rufen Leute an, die sagen, ich würde gerne meine Mutter besuchen,
aber darf das nicht. Und die Mutter ruft an, ich würde so gerne meine
Tochter sehen, heute habe ich noch mit niemandem richtig gesprochen. Auch
Leute, die irgendwo ihren Unmut loswerden müssen, melden sich vermehrt. Die
haben zum Beispiel Streit mit ihrem Mann oder ihrem Chef und wissen nicht,
mit wem sie darüber reden sollen.
Gibt es Anrufer*innen, die in therapeutischer Behandlung sind?
Manche ja, die rufen dann am Wochenende an, weil ihre Therapeuten da nicht
verfügbar sind. Die meisten unserer Anrufer sind aber „austherapiert“. Die
kriegen entweder keine Therapie mehr oder müssen lange warten, bis sie eine
neue bewilligt bekommen.
Welche Rolle spielt Corona in den Gesprächen?
Es gibt Anrufe, da geht’s primär um Corona. Die Leute sind [2][voller
Angst,] sich irgendwo anzustecken. Die fragen dann: „Soll ich einen
Mundschutz tragen oder nicht? Und was ist, wenn ich sterbe, und keiner
kriegt’s mit?“
Äußern die Anrufer*innen auch Suizidabsichten?
Es fällt schon mal der Satz „Am liebsten würde ich mich umbringen“. Damit
wird aber oft nur das Maß der Verzweiflung ausgedrückt. Im Gespräch kommen
wir dann oft auf ganz andere Sachen. Wenn sie am Ende sagen „Jetzt geht es
mir besser“, weiß ich, dass das Gespräch gut gelaufen ist.
20 Apr 2020
## LINKS
[1] /Psychotherapeut-ueber-Telefontherapie/!5673623
[2] /Neuer-taz-Podcast-Nur-Mut/!5677888
## AUTOREN
Dagmar Schediwy
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Quarantäne
Einsamkeit
Kontaktsperre
Seelsorge
Schwerpunkt Coronavirus
psychische Gesundheit
Schwerpunkt Rassismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kinderschutz in Zeiten von Corona: Hinter den Gardinen​
Die Corona-Krise stellt die Kinder- und Jugendhilfe vor große
Herausforderungen. Jugendämter warnen vor häuslicher Gewalt und
Kindesmissbrauch.​
Psychotherapeut über Telefontherapie: „Gespräche können stabilisieren“
Was Therapie jetzt bringt und was Menschen tun können, um psychisch gesund
zu bleiben, erklärt Christoph Sülz von der Psychotherapeutenkammer Bremen.
Psychologe über das Coronavirus: „Angst ist ansteckend“
Das Coronavirus verändert bereits den Alltag. Der Psychologe Jürgen Margraf
spricht erkennt darin Angst, Solidarität und rassistische Untertöne.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.