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# taz.de -- Corona in der Ukraine: Tödliche Quarantäne
> Tetjana Duman-Skop hat Krebs, der in der Ukraine nicht therapierbar ist.
> Geld für eine Behandlung ist da. Aber es gibt ein Problem.
Bild: Tetjana Duman-Skop beim Museumsbesuch
Kiew/Mönchengladbach taz | Ruhig ist es geworden in der Ukraine seit dem
[1][Ausbruch der Corona-Pandemie]. Der Verkehr ist weitgehend zum Erliegen
gekommen. In der Hauptstadt Kiew und anderen Großstädten fahren keine
U-Bahnen mehr. In die wenigen Bussen darf nur einsteigen, wer, wie
beispielsweise medizinisches Personal, eine entsprechende Sondererlaubnis
hat.
Kiews Bürgermeister Witali Klitschko denkt öffentlich darüber nach, den
PKW-Verkehr in der Hauptstadt prinzipiell zu verbieten. Auch zwischen den
Städten verkehren keine Busse und Züge mehr. Wer kann, bleibt zu Hause.
Doch für manche Menschen in der Ukraine ist das lebensgefährlich.
Eine von ihnen ist die krebskranke Tetjana Duman-Skop. Trotz ihrer
Immunschwäche hat die 38-jährige ihre Wohnung verlassen. Am 2. April setzte
sie sich mit ihrer Schwester Wasilina Duman und ihrem Mann, dem Maler Lewko
Skop, ins Auto, um die 1500 Kilometer von ihrer ukrainischen Heimatstadt
Drogobitsch bis nach Köln zurückzulegen.
Dort wartete am nächsten Tag eine Vorbehandlung auf sie. Die drei kamen
durch und Tetjana konnte in Köln behandelt werden. „Wir hatten ein
Schreiben der ukrainischen Botschaften in Polen und Deutschland und ein
weiteres Schreiben des deutschen Außenministeriums. Außerdem waren [2][die
Grenzbehörden Polens] und Deutschlands von unserer Einreise vorab
informiert. Schön, dass die Behörden so unbürokratisch schnell geholfen
haben,“ sagt Tetjana der taz.
## Alles umsonst?
Tetjana Duman-Skop hat einen seltenen und bösartigen Hirntumor, ein
Gliosarkom. Für sie war es ein Schock, als die Grenzen mit Beginn der
Corona-Krise weitgehend undurchlässig wurden. Dabei hatte sie die
Behandlungstermine für Ende März und Anfang April im Immun-Onkologischen
Zentrum in Köln und eine anschließende Operation in einer Klinik in Ljublin
schon in der Tasche. Die 6000 Euro für die Behandlung in Köln hatten
Freunde gesammelt. Und das sollte nun alles umsonst gewesen sein?
Tetjana hätte sich auch in der Ukraine behandeln lassen können. Doch in
Köln wird im Unterschied zur Ukraine eine Vorbehandlung, eine sogenannte
neoadjuvante Therapie, durchgeführt. Und anders als in der Ukraine wird im
polnischen Ljublin mit dem Fluoreszenzverfahren gearbeitet, bei dem das
Tumorgewebe eindeutig erkannt wird.
Die Wahrscheinlichkeit, dass bei der Operation ein Teil des zu entfernenden
Tumors übersehen wird, wird durch dieses Verfahren sehr eingegrenzt. Ein
weiterer Vorteil der Behandlung in Deutschland und Polen: hier wird das in
der Ukraine nicht zugelassene, jedoch sehr erfolgreiche, Medikament
Keytruda eingesetzt.
Es wird noch sehr lange dauern, bis Tetjana Duman-Skop zu Hause im
ukrainischen Drogobitsch sein wird. Denn bevor sie in Polen operiert werden
kann, muss sie sich, genauso wie ihre Schwester und ihre Begleiter, erst
einmal für zwei Wochen in polnische Coronavirus-Observation begeben. Und
wie es nach der Operation in Polen weitergeht, weiß sie auch noch nicht.
Doch bei einer Rückkehr in ihre ukrainische Heimat wird sie erneut in eine
zwei-wöchige Corona-Observation gehen müssen.
## Nicht erhältlich
Doch auch wer sich in der Ukraine behandeln lässt, kann Schwierigkeiten
bekommen, wenn die notwendigen Medikamente nicht mehr aus dem Ausland
geliefert werden, berichtet Viktoria Romanjuk von der NGO „Athen – Frauen
gegen Krebs“. „Es gibt Präparate, wie beispielsweise das Medikament Opdivo
zur Aktivierung des Immunsystems, die in der Ukraine nicht erhältlich sind.
Bisher konnten die Patienten dieses Medikament in Georgien bekommen. Doch
nun in Zeiten von Corona, ist dieses Medikament nicht mehr greifbar.“
Bezahlt werden Behandlungen im Ausland zum größten Teil von den Patienten
selbst. 2018 (für 2019 liegen noch keine Zahlen vor) hatte das ukrainische
Gesundheitsministerium 278 ukrainischen Patienten eine Behandlung im
Ausland finanziert, wenn die erforderliche Therapie im Land selbst nicht
möglich war. Doch dann waren die Mittel offenbar aufgebraucht. Und so
kommmen nicht alle in den Genuss einer staatlichen Finanzierung. Viele
Patienten, unter ihnen Tetjana Duman, müssen selbst sehen, wie sie an Geld
für die Behandlung kommen.
13 Apr 2020
## LINKS
[1] /Corona-Virus-in-der-Ukraine/!5662959
[2] /Grenzkontrollen-wegen-Corona-Krise/!5672920
## AUTOREN
Bernhard Clasen
Grigori Pyrlik
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Ukraine
Krebs
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Ukraine
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