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# taz.de -- Abiturientendeutschland gegen die Loser: Mit der Zwei gibt's wenig …
> Ansammlungen von mehr als zwei Personen sind verboten. Was, wenn sich
> drei nicht einigen können, wer zuletzt kam? Auch die Haare werden zum
> Problem.
Bild: Ein Mann zeigt den erforderlichen Mindestabstand mit einem Zollstock an
Ansammlungen von mehr als zwei Personen sind ab sofort verboten. Die dritte
Person wird erschossen. Oder muss weggehen – da streiten sich die
Gelehrten. In jedem Fall kann die praktische Durchsetzung der Verordnung
schwierig werden. Wenn sich drei nicht einigen können, wer als Letztes
dazugekommen ist, de facto also diese dritte Person ist, werden alle nach
Hause geschickt.
Denn auf Diskussionen wie „Ich war der Erste.“ – „Nein, ich.“ – „…
war die Zweite. Und du warst Dritter.“ – „Das wüsste ich aber. Ich war d…
Erste und du warst Zweiter. Und der da Dritter.“ – „Nee, gar nicht wahr!�…
soll sich die Polizei nicht einlassen.
Das wird all diesen notorischen Trittbrettfahrern und unsichtbaren Dritten
eine Lehre sein. Das nächste Mal merken sie es sich garantiert besser.
Wahrscheinlich wird auch bald das Sprichwort „Wenn zwei sich streiten,
freut sich der Dritte“ offiziell umbenannt in „Wenn drei sich streiten,
freut sich die Staatskasse.“ Denn es soll ja für die Uneinsichtigen
Geldstrafen hageln.
Fünfundzwanzigtausend Schleifen. Hat noch niemand darüber nachgedacht, dass
die Regierung Corona nur lanciert hat, um sich mal gründlich die leeren
Taschen fett zu machen? Die Verschwörungstheoretiker sind auch nicht mehr,
was sie mal waren. Erstaunlicherweise gebären ausgerechnet diese Tage, die
doch eigentlich wie gemalt für sie sein müssten, nur besonders zahme
Verschwörungstheoretiker, die zahnlos langweiligen Schwachsinn raunen, wie
„Die Lottozahlen sind vergiftet, aber wohl nur ein bisschen“, oder „Nur m…
einem Toyota Corona fährt man wirklich sicher“.
Die zugelassene Anzahl der Personenkontakte wurde jedenfalls ziemlich
schnell eingedampft. Vor Kurzem waren es noch Treffen mit mehr als tausend
Personen. Die Tausend hat sich offensichtlich nicht bewährt. Oder wie schon
Rainer Maria Rilke während einer Cholera-Epidemie in Paris nicht ohne sein
berühmtes Augenzwinkern dichtete: „Die Tausend ist 'ne geile Nummer, doch
mit der zwei gips wen'ger Kummer.“
Die Restaurants, die ohnehin schon reichlich eingeschränkt waren, werden
endgültig geschlossen. Nun müssen wir alle selbst kochen. Das kann ja nicht
jeder. Eher kann es jeder nicht. Außerdem gibt es oft nicht die gewünschten
Zutaten, denn leider hamstert das clevere „Abiturientendeutschland“
([1][Sascha Lobo auf Spiegel Online]) nun auch Essbares, im Gegensatz zum
„dummen Pöbel“, wie Lobo – in Anführungszeichen fein den Anderen, den
Klassisten und arroganten Proll-Hatern in den Mund gelegt – den Klopapier
raffenden, mutmaßlichen Bodensatz nennt. Denn wer sollte dafür sonst
verantwortlich sein, wenn nicht diese halb debilen Loser, da hat er schon
völlig recht.
Und es kommt noch schlimmer. Die Friseure werden nun ebenfalls geschlossen.
Bald sehen alle derart scheiße aus, da fällt dann wenigstens das
Abstandhalten leichter. Auch das mit dem Skypen hört dann auf. Man muss nur
aufpassen, dass man nicht über die eigenen Haare oder Bärte stolpert und
dann in die anderen Verseuchten reinfällt wie in so 'ne volle Pestgrube –
damit wäre die ganze schöne Maßnahme wieder komplett zunichte.
Ich warte schon auf die Namen der nach der Wiedereröffnung umbenannten
Frisiersalons: „Hairzweiflung“, „Locke down“, „Corona Haarpfusch“ �…
einen Termin zu bekommen wird nicht leicht. Von mir aus können sie für eine
Weile gern die Preise erhöhen, denn nicht zuletzt bedeutet es ja auch einen
erheblich erhöhten Arbeitsaufwand, die wochen-, monate-, jahre(?)lang mit
Papierscheren, Nagelknipsern und Obstmessern gestutzten Schöpfe in eine
halbwegs menschenwürdige Gestalt zurückzuführen.
28 Mar 2020
## LINKS
[1] https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/corona-gesellschaft-wider-die-v…
## AUTOREN
Uli Hannemann
## TAGS
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Schwerpunkt Coronavirus
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