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# taz.de -- Rassismus-Vorwurf gegen ZDF: Unerwünschte Namen
> Der Hamburger Boxpromoter Ismail Özen-Otto wirft dem ZDF vor, dem
> Box-Talent Artem Harutyunyan empfohlen zu haben, den Namen zu wechseln.
Bild: Möchte seinen Namen nicht ändern: Boxtalent Artem Harutyunyan
Hamburg taz | Es gibt die Namen, die dafür sorgen, dass die Bewerbung
schneller aussortiert wird. Dass die Wohnungsanfrage unbeantwortet bleibt.
Dass einem Vorurteile entgegenschlagen. Meist klingen sie nicht deutsch:
Ćatić, Avdimetaj, Harutyunya. Verhindern diese Namen auch eine erfolgreiche
Boxkarriere? Adnan Ćatić nennt sich inzwischen Felix Sturm, Safet und Musa
Avdimetaj sind als die Kraft-Brüder bekannt. Und der Olympia-Bronzegewinner
Artem Harutyunyan? Der bleibt bei seinem Namen.
Sein [1][Promoter Ismail Özen-Otto] behauptet nun, dass der nicht deutsch
klingende Name der Grund sei, warum das ZDF die Zusammenarbeit mit dem von
ihm geführten Boxstall Universum gekündigt hat. Gegenüber dem Spiegel, der
zuerst über die Vorwürfe berichtete, sagte er: „Die Botschaft war klar: Nur
wenn Artem seinen Namen ändert, hätte er auf dem deutschen Markt eine
Chance.“ Das ZDF bezeichnet die Vorwürfe gegenüber der taz als abwegig.
Tatsächlich sagte der Fernsehsender nicht explizit Kämpfe von Harutyunyan
ab, sondern alle weiteren Kämpfe des Universum-Stalls. „Leider gab es keine
Verständigung zwischen dem ZDF und Universum Box-Promotion über die
Fightcard bzw. über den Programmablauf des geplanten Box-Abends am 4. April
2020“, teilt das ZDF schriftlich mit.
Wer recht hat, ist schwer einzuschätzen, Özen-Otto war für die taz nicht
erreichbar. Fest steht: Harutyunyan könnte momentan so oder so nicht
kämpfen, er ist verletzt. Außerdem waren die Einschaltquoten beim ersten
Kampf niedrig.
Doch unabhängig vom konkreten Fall lohnt sich ein Blick auf den Boxsport im
Allgemeinen. Ein Namenswechsel wäre dort nämlich durchaus denkbar.
Alexander Petkovic, der Promoter, der die Avdimetajs zu den Krafts machte,
hält es weiterhin für strategisch sinnvoll, Namen anzupassen. Damit ließen
sich Boxer nach wie vor besser vermarkten: „Wir wollen heimische Jungs
sehen mit heimischen Namen.“ Er glaubt aber nicht, dass eine Namensänderung
noch zwingend notwendig ist, um erfolgreich zu sein, andere Faktoren seien
wichtiger. Er würde Boxern deswegen nie sagen, sie müssten ihren Namen
ändern.
Malcolm Ohanwe ist freier Journalist. Er hat unter anderem dazu
recherchiert, dass Menschen sich andere Namen geben, um nicht diskriminiert
zu werden. Er bezeichnet solch eine Namensänderung als
„Überlebensstrategie, um strukturellem Rassismus vorzubeugen“.
Das gebe es nicht nur im Boxsport: „Viele als muslimisch gelesene Männer
verändern in der Diskothek ihre Namen, sodass sie als Latino oder Italiener
wahrgenommen werden.“ So wirkten sie weniger bedrohlich. Als vietnamesisch
gelesene Menschen passten ihre Namen an, weil Arbeitgeber:innen sich nicht
vorstellen könnten, dass hinter einem nicht typisch deutschen Namen jemand
stecke, der perfektes Deutsch spreche.
Es gehe aber nicht nur um Vorurteile, die mit Namen verbunden sind. „Viele
Herkunftsdeutsche haben einfach keinen Bock, sich zu bemühen, einen neuen
Namen zu lernen“, sagt Ohanwe. Felix Sturm sei für sie erst mal einfacher
als Adnan Ćatić. Im Sport komme ein anderer Faktor dazu: „Für viele ist das
schwer zu verstehen, warum jemand, der keinen deutsch klingenden Namen hat,
für Deutschland antritt.“ Wenn man als deutsch wahrgenommen werden wolle,
sei es für viele die leichteste Lösung, den Namen zu ändern.
Für Artem Harutyunyan ist das wohl keine Option. Er möchte seinen Namen
nicht ändern. Dem Spiegel gegenüber begründet er die Entscheidung: „Vor
allem nicht aus Respekt zu meinen Eltern.“
27 Feb 2020
## LINKS
[1] /Ismail-Oezen-Otto-und-seine-Box-Nacht/!5636806
## AUTOREN
Nele Spandick
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
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