# taz.de -- Spielwarenmesse startet: Jetzt auch Toys for Future | |
> Spielsachen können sehr kurzlebig sein. Sie gehen schnell kaputt oder | |
> werden den Kindern langweilig. Jetzt will die Branche nachhaltiger | |
> werden. | |
Bild: Lastenrad im Legoland: demnächst aus umweltverträglicheren Materialien | |
NÜRNBERG dpa | Für unsere Kinder wollen wir nur das Beste. Doch wenn es um | |
Spielsachen geht, vergessen Eltern und Großeltern mitunter alle guten | |
Vorsätze. „Wenn man Spielzeug kauft, möchte man das Leuchten in den Augen | |
der Kinder sehen“, sagt der Marktforscher Axel Dammler. Mehr als 3 | |
Milliarden Euro geben die Deutschen jährlich für Spielzeug aus, Tendenz | |
steigend. Und damit produzieren sie eine Menge Müll – nicht nur wegen der | |
Verpackungen. Denn viele Spielsachen haben sich schnell ausgespielt. | |
Kurzlebige Trends und viel, viel Plastik – bei der Nachhaltigkeit gehört | |
die Spielzeugbranche nicht zu den Vorreitern. Doch inzwischen gibt es ein | |
Umdenken. Die Nürnberger Spielwarenmesse, das weltweit größte | |
Branchentreffen, hat Nachhaltigkeit als einen der großen Trends des Jahres | |
ausgerufen. Unter dem Motto „Toys for Future“ – angelehnt an die | |
Klimabewegung Fridays for Future – zeigen Hersteller vom 29. Januar bis 2. | |
Februar Produkte, die aus Öko-Materialien sind oder mehr Umweltbewusstsein | |
vermitteln sollen. | |
Der Münchner Marktforscher Axel Dammler ist einer von zwölf Experten, die | |
für die Spielwarenmesse die neuesten Trends identifizieren. „Kann ich | |
weiterhin Plastik benutzen? Wie verpacke ich meine Waren? Diese Fragen | |
bewegen die Branche“, sagt Dammler. Antworten zu finden sei jedoch nicht | |
leicht. Ein Großteil der Spielsachen bestehe aus Kunststoffen, die sich | |
nicht einfach durch Holz oder andere nachwachsende Rohstoffe ersetzen | |
lasse. „Das Plastik ist nicht von heute auf morgen wegzudenken.“ | |
Viele Hersteller suchen nach Angaben des Deutschen Verbands der | |
Spielwarenindustrie deshalb nach Lösungen. Nach Ansicht des | |
Marketing-Professors Andreas Fürst von der Universität Erlangen-Nürnberg | |
haben sie auch keine andere Wahl. „Der Druck der Öffentlichkeit, | |
insbesondere der Kunden, nimmt dahingehend immer mehr zu“, sagt er. | |
Zumindest in Deutschland. „In vielen anderen Ländern liegt die Latte hier | |
noch nicht so hoch.“ | |
So will der dänische Lego-Konzern nach eigenen Angaben bis 2030 seine | |
Bausteine und Verpackungen aus Kunststoff fertigen, der [1][aus Zuckerrohr | |
gewonnen] wurde. Seit 2018 sind kleine Spielzeug-Blätter sowie Büsche und | |
Bäume aus dem Material auf dem Markt. | |
Die Haba-Gruppe im bayerischen Bad Rodach setzt bereits seit 2002 | |
Bio-Kunststoffe aus Holzspänen, Mais und natürlichen Harzen in | |
Babyspielsachen ein. „Jedoch muss auch hier der Einsatz kritisch geprüft | |
werden, denn obwohl es sich um einen Bio-Kunststoff handelt, muss auch | |
dieser thermisch verwertet werden“, sagt Haba-Experte Matthias Löhnert. Und | |
auf Plastik kann das Familienunternehmen, das 1938 als reiner | |
Holzspielwaren-Hersteller begann, trotzdem nicht komplett verzichten. | |
Bei den Kunden kommt Spielzeug aus Holz, Bambus oder recycelbaren | |
Materialien nach Angaben des Bundesverband der Spielwarenhändler jedenfalls | |
gut an. Deshalb nehmen die Geschäfte diese verstärkt in ihr Sortiment auf. | |
Doch Umweltschützer sehen die Bio-Kunststoffe auch kritisch, weil diese mit | |
Nahrungsmitteln um Anbauflächen konkurrieren könnten. Außerdem könne man | |
diese zurzeit weder über die gelbe Tonne noch über die Bio-Tonne entsorgen, | |
sagt Rolf Buschmann vom BUND. „Wichtiger ist es, den Verbrauch zu | |
reduzieren. Spielzeug ist vor allem nachhaltig, wenn es nachhaltig gut | |
ist.“ Also wenn es viele Jahre hält und weitervererbt werden kann. | |
## Reparieren statt wegwerfen | |
Eine andere Möglichkeit ist, kaputte Spielsachen zu reparieren statt | |
wegzuwerfen. Hilfe findet man dabei im Internet, zum Beispiel auf der | |
Homepage „[2][Papa mach ganz!“] des Bonner Informatikers Hans-Joachim | |
Simon. Eigentlich wollte dieser nur eine Eisenbahn wieder zum Laufen | |
bringen, die er für seine Kinder auf dem Flohmarkt gekauft hatte. Dabei | |
musste er feststellen, dass so was gar nicht so einfach ist. Das fange | |
schon bei den Ersatzteilen an, sagt der 60-Jährige. Bei großen Marken wie | |
Lego, Playmobil, Haba und Brio kann man zwar welche bestellen. Bei älteren | |
Spielsachen sei es aber oft Glückssache, das benötigte Teil zu bekommen, | |
sagt Simon. | |
Auf seine Homepage stellt Simon Anleitungen für alle möglichen Spielsachen, | |
die er für seine Kinder schon repariert hat. Er nimmt aber auch | |
Reparaturaufträge an. Seit einiger Zeit nehmen die Anfragen bei ihm zu, hat | |
er festgestellt. Er erklärt sich das so: „Die Leute haben mehr Spaß am | |
Reparieren – oder die Sachen gehen einfach schneller kaputt.“ | |
23 Jan 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Nachhaltiges-Plastik/!5624054 | |
[2] http://www.papa-mach-ganz.de/ | |
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