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# taz.de -- Kassenzettelpflicht in Berlin: Bericht aus Bon
> Seit Neujahr gibt es zu jedem Kauf einen Kassenbeleg dazu. Naja, meistens
> zumindest, und nur wenn man es will. Ein Ortsbesuch in Kreuzberg.
Bild: Jetzt gibt's zu jedem Gekauftem noch einen Zettel dazu. Meistens jedenfal…
Berlin taz | Eine Scheißregelung ist das“, antwortet der Betreiber eines
Kiosks in Kreuzberg, ohne zu zögern, auf die Neujahrs-Gretchen-Frage: „Wie
halten Sie’s mit der Bonpflicht?“ Er zeigt auf seinen Mülleimer, den er
schräg unter die Kasse platziert hat. Seit dem Donnerstagmorgen spuckt die
Maschine nach jedem Einkauf einen Bon aus, den der Besitzer abreißt und
direkt in den Mülleimer wirft – falls Kund:innen nicht vorher explizit
darum bitten.
Seit 1. Januar gilt mit Paragraf 146 der Abgabenordnung die Bonpflicht für
Handel und Gastronomie. Sie ist Teil der Kassensicherungsvorordnung, mit
der Steuerbetrug verhindert werden soll. Die Bonpflicht ist nicht
gleichbedeutend mit einer Bonannahmepflicht, die es in Deutschland – anders
als beispielsweise in Italien – weiterhin nicht gibt.
Der Kioskbetreiber lässt seinen Blick über Zeitschriften, Tabakwaren und
Kaltgetränke gleiten. Die Regelung ist für ihn schlicht und ergreifend
nicht nachvollziehbar und fern jeglicher Praxis: „Wer kauft Zigaretten und
will dafür einen Bon?!“ Die Pflicht ist seiner Meinung nach überflüssig, in
der Kasse sei ja bereits alles registriert. Die Aufrüstung seines
Kassensystems, die mit der Neuregelung nötig wurde, habe ihn 800 Euro
gekostet. Mehr als die Ausgabe ärgert ihn aber offensichtlich die
sinnentleerte Handlung, die auszuführen er künftig gezwungen ist.
Die Bonpflicht ist aufgrund des erhöhten Papierverbrauchs, des
umweltschädlichen Thermopapiers, der finanziellen Belastung für
Einzelhändler:innen und der notwendigen Bürokratie [1][seit einigen Wochen
in der Kritik], die auch in Berlin geteilt wird. „Das haben irgendwelche
Politiker mit dicken Bäuchen entschieden, und jetzt müssen wir das halt
machen“, resümiert der Betreiber eines arabischen Restaurants nüchtern.
Auch er habe die 800 Euro bezahlt, druckt den Bon aber erst aus, wenn
Kund:innen darum bitten.
„Ich will keinen Bon“, lacht eine Frau, die sich ein Sandwich bestellt hat.
„Das wird an irgendeinem Tisch entschieden und dann soll das Volk das
umsetzen. Wir haben wirklich dringendere Probleme“, sagt sie empört. Zum
Beispiel könnte man sich mal darum kümmern, dass der Silvestermüll nicht
jedes Jahr liegen gelassen werde.
## Bonpflicht? Kenn' ich nicht!
In einem asiatischen Imbiss um die Ecke weiß man hingegen noch gar nichts
von der Bonpflicht. Die Frage nach dem Beleg erübrigt sich hier also.
„Der Verstoß gegen die Belegausgabepflicht ist nicht bußgeldbewehrt“,
erklärt Alexis Demos, stellvertretender Sprecher der Senatsverwaltung für
Finanzen. „Der Verstoß könnte aber als Indiz dafür gewertet werden, dass
den Aufzeichnungspflichten nicht entsprochen wurde.“ Die Einhaltung der
Belegausgabepflicht werde seit 1. Januar 2020 durch den Außendienst der
Finanzämter überprüft. Mal sehen, was sie beanstanden werden.
2 Jan 2020
## LINKS
[1] /Obligatorische-Kassenzettel-ab-Januar/!5646275
## AUTOREN
Henrike Koch
## TAGS
Kassenbon
Einkaufen
Steuerhinterziehung
Peter Altmaier
Gastronomie
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ist.
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