# taz.de -- Flüchtlinge und Weihnachten: Überzeugend ist das alles nicht | |
> Es gibt keine gute Zeit für Flüchtlinge, auch nicht an Weihnachten, wie | |
> sich dieser Tage wieder zeigt. Ein Wochenkommentar. | |
Bild: Selbstgebaute Hütte im Flüchtlingslager Moria, Lesbos | |
Im Zusammenhang mit Flüchtlingen wird ja gerne an die Weihnachtsgeschichte | |
erinnert. An die hartherzigen Herbergsleute in Bethlehem etwa, die Maria | |
und Josef abweisen, sodass der Gebärenden nur ein Stall bleibt. Tatsächlich | |
ist das Fest eine gute Gelegenheit, an Jesus als Schutzpatron der Schwachen | |
und Verfolgten zu erinnern, dessen Vorbild jedeR gute ChristIn nachfolgen | |
sollte. Dennoch ist nicht einmal die Weihnachtszeit eine gute Zeit für | |
Flüchtlinge, wie die Nachrichten der vergangenen Tage gezeigt haben. | |
So erntete Grünen-Chef Robert Habeck mit seiner Forderung von Sonntag, | |
4.000 Kinder aus überfüllten griechischen Flüchtlingslagern nach | |
Deutschland zu bringen, überwiegend Empörung. Kann Deutschland nicht im | |
„Alleingang“, meint die Bundesregierung. Außerdem: Man denke doch an die | |
„Sogwirkung“ solcher Menschlichkeit! | |
Eine andere News klang zwar zunächst gut: „Berlin nimmt 37 Bootsflüchtlinge | |
auf“, teilte die Integrationsverwaltung kurz vor Weihnachten mit. Die | |
Afrikaner gehören zu jenen glücklichen Unglücklichen, die regelmäßig von | |
privaten Rettungsschiffen im Mittelmeer aufgelesen werden und nur noch in | |
Italien an Land dürfen, wenn sich EU-Staaten zu ihrer Aufnahme bereit | |
erklären – was auch Deutschland im Sommer mit großer Geste getan hat. | |
Allerdings sind laut Medienberichten unter den 37 mindestens 11 Personen, | |
die bereits im Juni von der „See Watch 3“ gerettet wurden und seither in | |
Italien in Lagern festgehalten werden. Warum? Weil Deutschland so lange | |
gebraucht hat, um die Personalien zu prüfen. | |
Diese Verschleppungstaktik bei Dingen, die politisch eigentlich nicht | |
gewollt sind, zeigt sich auch bei der dritten Nachricht. Zu Wochenbeginn | |
wurde bekannt, dass die Bundesregierung weiterhin ihre eigenen Vorgaben | |
beim Familiennachzug nicht erfüllt. Eigentlich dürfen laut Gesetz seit | |
August 2018 monatlich 1.000 Angehörige von Flüchtlingen mit subsidiärem | |
Schutz nach Deutschland nachkommen. | |
## Wenn man will, geht mehr | |
Allerdings wird die Quote nie erreicht, wie nun veröffentlichte Zahlen | |
zeigen. Dies liegt vor allem an den deutschen Auslandsvertretungen, wo der | |
Antrag gestellt werden muss, es aber Wartezeiten von teils über einem Jahr | |
gibt. Die Bundesregierung entschuldigt das mit den begrenzten „Annahme- und | |
Bearbeitungskapazitäten“ der Konsulate. | |
Überzeugend ist das nicht. Denn genau dies sind ja Dinge, die man politisch | |
steuern kann, etwa indem man Leute einstellt, die solche Anträge bearbeiten | |
– wenn man denn den Familiennachzug will. | |
Immerhin: Berlin scheint zu wollen. Die hiesige Ausländerbehörde | |
befürwortet fast alle Anträge, die ihr von den Konsulaten zur Prüfung | |
vorgelegt werden, und braucht dafür, nach allem, was man hört, auch nicht | |
übermäßig lange. Also wenn man will: immerhin eine kleine gute Nachricht. | |
28 Dec 2019 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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