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# taz.de -- Kampf gegen die ’Ndrangheta: Schweigen auf der Insel
> Über eine bedeutende Anti-Mafia-Operation wird in den italienischen
> Leitmedien nur zurückhaltend berichtet. Woran liegt das?
Bild: Nicola Gratteri 2007 bei einer Pressekonferenz zum Mafia-Massaker von Dui…
Berlin taz | Eine knappe Woche [1][nach einer der größten
Antimafia-Aktionen jemals] ist es bemerkenswert still in Italien. Und eben
über diese Stille herrscht Streit. Denn die großen Zeitungen des Landes
berichteten wenig prominent über die Verhaftungswelle mit 334 Verdächtigen
quer durch die Halbinsel und im europäischen Ausland.
Und das, obwohl der Verantwortliche und wohl prominenteste Mafia-Jäger
europaweit, [2][der Leiter der Staatsanwaltschaft in Cosenza, Nicola
Gratteri,] die Operation als die größte seit dem Maxi-Prozess in Palermo
1986/87 bezeichnete: Ein Verfahren, das den Anfang vom Ende der
sizilianischen Mafia als den Staat unterwandernde und herausfordernde
Terrororganisation markierte.
Gratteri erklärte sich damit selbst zum Nachfolger der für diesen und
folgende Prozess verantwortlichen und deswegen von der Mafia ermordeten
Juristen Giovanni Falcone und Paolo Borsellino – zweier italienischer
Nationalhelden.
Naheliegend als Begründung für das Schweigen im Walde wäre also die
Vermutung, der in Italien sonst medial omnipräsente Gratteri habe es
diesmal zu weit getrieben mit der Selbststilisierung – ein Begriff, den man
für einen zweifellos eitlen Mann, der sich aber seit Jahrzehnten nur mit
einer Eskorte bewegen kann und über dem ein Todesurteil der kalabrischen
Mafiagruppe ’Ndrangheta schwebt, nur ungern verwendet.
## Patriarchale Strategie
Wenn es stimmt, dass Gratteri und andere staatliche Mafiabekämpfer in
Italien von Politik und Medien zunehmend allein gelassen werden, dann haben
sie sich das allerdings ein Stück weit selbst zuzuschreiben – und hier wird
es relevant für diejenigen, die nicht nur einfach Polizeimeldungen
abschreiben beziehungsweise lesen wollen, für eine kritische
Mafiaberichterstattung also.
Die Staatsanwälte haben es nämlich versäumt, die von unten gewachsene
Antimafia-Bewegung mit ins Boot zu holen. In der Logik der Behörden gibt es
den Bürger, der anzeigt und die Justiz, die zur Tat schreitet. In Kalabrien
aber, wo die ’Ndrangheta alle gesellschaftlichen Bereiche durchdrungen hat,
wenn nicht beherrscht, [3][kann eine solch patriarchale Strategie keine
dauerhaften Früchte tragen].
Kalabrien muss sich selbst befreien, so wie es der Priester und Mentor von
„Libera“, der wichtigsten zivilgesellschaftlichen Antimafia-Bewegung
[4][kürzlich gesagt hat]: „Ich glaube nicht an die Macht. Ich glaube daran,
dass wir zusammen etwas aufbauen müssen – als Gemeinschaft.“
23 Dec 2019
## LINKS
[1] https://www.sueddeutsche.de/panorama/italien-mafia-ndrangheta-1.4730078
[2] /!428138/
[3] /10-Jahre-Mafia-Morde-von-Duisburg/!5433928/
[4] https://www.corriere.it/buone-notizie/19_novembre_22/don-ciotti-vita-sotto-…
## AUTOREN
Ambros Waibel
## TAGS
’Ndrangheta
Mafia
Justiz
Italien
Mafia
Die Couchreporter
Mafia
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