# taz.de -- Buzzard-App für Meinungspluralismus: Rote Linien im Diskurs | |
> Die Plattform Buzzard, die zu zivilisierten Debatten in Deutschland | |
> beitragen will, verlinkt rechte Blogs. Den Diskurs entgiftet man so | |
> nicht. | |
Bild: Buzzard will alle Seiten abbilden. Bisher auch rechtsradikale und verschw… | |
Wer Geld sammeln will, muss einen Nerv treffen. Buzzard hat das geschafft. | |
Das Leipziger Start-up bekam mit Binsen wie der, dass der Diskurs vergiftet | |
ist, binnen einem Monat über 150.000 Euro im Crowdfunding zusammen. Mit dem | |
Geld kann nun eine App realisiert werden, die nicht weniger tun soll, als | |
zu einem „Diskurswandel“ beizutragen. [1][Es geht um die Art und Weise], | |
wie die Gesellschaft miteinander um Meinungen ringt. | |
Die Idee: In der Buzzard-App sollen jeden Tag die Top-Themen des Tages aus | |
dem gesamten Meinungsspektrum von links bis rechts zusammengestellt werden. | |
Dabei sollen neben etablierten journalistischen Medien auch kleinere | |
Meinungs- und Blogportale berücksichtigt werden, „die unsere | |
Medienlandschaft ergänzen“. | |
Wie das in der Praxis aussehen könnte, kann man an einem [2][Prototyp] | |
nachvollziehen, mit dem seit 2017 getestet wird, wie Debatten abgebildet | |
werden könnten. Zu den Debatten formulierte Buzzard eine Leitfrage und | |
lieferte zwei strukturierende redaktionelle Beiträge, die eine Übersicht | |
über die Argumente und die Fakten zur Debatte geben. Zusätzlich wurden drei | |
„Pro“-Beiträge und drei „Contra“-Beiträge sowie drei Beiträge, mit d… | |
der Nutzer seinen „Horizont erweitern“ könne, aus unterschiedlichen Medien | |
zusammengetragen. Wer das ganze Bild sehen will, muss also elf Beiträge | |
lesen, von denen Buzzard zwei geschrieben und neun kuratiert hat. | |
Tatsächlich scheint es so möglich zu sein, einen breiten Überblick zu einer | |
spezifischen Debatte zu bekommen. Telefonisch teilt Dario Nassal, einer der | |
Geschäftsführer von Buzzard, mit, dass die App am Ende ganz anders aussehen | |
werde. Aber man bekommt schon einmal einen Eindruck davon, was einen | |
erwartet. | |
## Rechtsradikale grün, Demokraten rot | |
Und dieser Eindruck kommt nicht bei allen gut an. Das liegt primär daran, | |
auf welche Quellen Buzzard zurückgreift. So werden in dem Prototyp auch | |
Debattenbeiträge von rechtsradikalen und verschwörungsideologischen Blogs | |
verlinkt. Auch russische Staatspropaganda gehört zum abgebildeten | |
Meinungsspektrum. | |
Unter anderem werden Beiträge von den rechtsradikalen Webseiten PI News und | |
Journalistenwatch im Buzzard-Prototyp gefunden. Der Journalist Silvio Duwe | |
kritisiert auf Twitter, dass Buzzard dafür sorge, dass [3][„Reichweite von | |
Falschnachrichten, Propaganda, Verschwörunggsideologie, Antisemitismus und | |
Rassismus“] zunehme. | |
Die Autorin Jasmin Schreiber kritisiert die [4][Art und Weise, wie Fragen | |
gestellt und die Antworten dargestellt werden]. Ein Beispiel sei die von | |
Buzzard gestellte Frage „Wäre Marine Le Pen eine gute französische | |
Präsidentin?“, die dazu führt, dass die rechtsradikale Position auf dem | |
Blog PI News in grüner Farbe für Zustimmung angezeigt wird, während die | |
demokratischen Positionen mit roter Farbe gebrandmarkt werden. | |
## Berechtigte Kritik | |
„Weiterhin sollte man sich wirklich fragen, wie gut es in diesem | |
aufgehetzten Klima ist, dass ein Onlinedienst den Journalist*innen den | |
‚linksgrünversifft‘ Stempel aufdrückt und sie politisch links oder rechts | |
einordnet“, meint Schreiber. Mittlerweile haben sich frühere | |
Unterstützer*innen öffentlich von dem Start-up distanziert und andere, die | |
Buzzard weiterhin unterstützen, fordern eine Auseinandersetzung mit den | |
aufgeworfenen Fragen. | |
Geschäftsführer Nassal bezeichnet die Kritik im Gespräch mit der taz als | |
berechtigt. Man habe während der Testphase versucht, „rechte Narrative | |
abzubilden und kritisch einzubetten“. Dabei sei die Einordnung „nicht gut | |
genug“ gewesen und man habe „Fehler gemacht“. Buzzard will sich Anfang | |
kommenden Jahres erstmals mit seinem journalistischen Beirat darüber | |
beraten, wie man mit problematischen Quellen umgehen werde. „Es ist nicht | |
unser Ziel, Rechten eine Plattform zu geben.“ Man werde daher darüber | |
beraten, wie man einzelne Quellen transparent ausschließen könne. „Wir | |
müssen die roten Linien klarer ziehen.“ | |
Tatsächlich dürfte die Frage nach den roten Linie eine der entscheidendsten | |
für den angestrebten Diskurswandel sein. Bis die App fertig entwickelt ist | |
und sich das Buzzard-Team auf einen Umgang mit den Problemen verständigt | |
hat, unterstreichen die rechten Quellen im Prototyp die anfängliche | |
Analyse: Der Diskurs ist vergiftet. Und das Abbilden von rechtsradikalen | |
Positionen ist dabei kein akzeptiertes Gegengift. | |
13 Dec 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Crowdfinanzierter-Journalismus/!5635616 | |
[2] https://archiv.thebuzzard.org/ | |
[3] https://twitter.com/sduwe/status/1204898009093464064 | |
[4] https://twitter.com/LaVieVagabonde/status/1204737469125664768 | |
## AUTOREN | |
Alexander Nabert | |
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