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# taz.de -- Handball-WM der Frauen: Radikale Geduld
> Die deutschen Handballerinnen wollen bei der WM in Japan ihren
> Aufwärtstrend fortsetzen. Am Samstag starten sie gegen Brasilien.
Bild: Wird als Supertalent gepriesen: Emily Bölk (r.) beim Vorbereitungsspiel …
Als die deutschen Handballerinnen letzten Freitag in den Flieger Richtung
Japan stiegen, hatten sie eine Menge Vorfreude auf die vor ihnen liegende
Weltmeisterschaft. Schier unbändige Lust, eine neue Kultur kennenzulernen,
aber auch eine Niederlage mit im Gepäck – mit 29:33 hatten sie ihren
letzten WM-Test gegen Montenegro am Abend zuvor in Stuttgart schließlich
verloren.
Ihre prinzipiell gute Laune wollten sich die DHB-Frauen davon allerdings
nicht trüben lassen, auch Henk Groener, ihr Trainer, half kräftig mit, die
Stimmung oben zu halten. „Wenn wir schon alles könnten, wären wir bereits
Weltmeister“, sagte der 59-Jährige, um sogleich anzufügen: „Das Ergebnis
stand nicht im Vordergrund. Wir haben über weite Strecken vieles richtig
gemacht und auf einem guten Level performt.“
Henk Groener, das machen nicht nur diese Worte deutlich, ist ein ziemlich
geradliniger, aber auch gelassener Mensch. Einer, der die Dinge gern
entdramatisiert und einfach so sieht, wie sie sind. Vor allem ist er einer,
der die Gabe besitzt, eine Mannschaft zu entwickeln und dabei weder die
Ruhe noch die Geduld zu verlieren.
Mit den Handballerinnen der Niederlande, seines Heimatlands, hat Groener
das eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Bevor er 2009 Holland als Trainer
übernahm, waren die bei Großereignissen meist zum Zuschauen verdammt. Als
er den Job kurz nach den Olympischen Spielen 2016 in Rio an den Nagel hing,
schlugen eine Vizeweltmeisterschaft (2015) sowie ein vierter Platz bei
Olympia (2016) zu Buche.
## Erfolgreich nur in der Vergangenheit
In etwa so hatten sich das auch die hohen Herren beim Deutschen
Handballbund (DHB) vorgestellt, als sie Groener vor knapp zwei Jahren als
Bundestrainer engagierten. Zwar hat Frauenhandball in Deutschland eine
lange und durchaus erfolgreiche Tradition, wie die vier WM-Titel unter
Beweis stellen, die die DDR (1971, 1975 und 1978) und die wiedervereinigte
BRD (1993) zusammen gewonnen haben.
Die letzte Medaille freilich, eine bronzene, gab es vor zwölf Jahren bei
der WM in Frankreich.Seitdem ging es bergab, auch weil der Verband der
Männersparte deutlich mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung schenkte,
während er die Frauen eher, nun ja, stiefmütterlich behandelte.
Die Verpflichtung des allseits anerkannten und umworbenen
Frauenhandball-Fachmanns Groener sollte da auch ein Zeichen sein, dass
diese Zeiten vorüber sind. Der Niederländer machte sich umgehend und
ziemlich radikal an die Arbeit. Nach der Heim-WM 2017, die mit Platz zwölf
sogar noch mehr als enttäuschend endete, krempelte er, gezwungen durch die
Rücktritte mehrerer etablierter Spielerinnen, aber auch von ihm gewollt,
mehr oder weniger das ganze Team um.
Bei der EM im Vorjahr schickte der DHB die zweitjüngste Mannschaft auf das
Spielfeld – und obwohl es auch in Frankreich [1][letztlich nur für einen
zehnten Platz reichte], wurde das Ergebnis bei drei Siegen, unter anderem
gegen Großmacht Norwegen, keineswegs als Enttäuschung empfunden, sondern
als hoffnungsvoller Start in die Zukunft.
## Schon in der Vorrunde warten die Hochkaräter
Genau diesen Weg sollen und wollen Spielerinnen wie Amelie Berger, 20,
Alicia Stolle, 23, Alina Grijseels, 23, und allen voran die bereits [2][als
Supertalent gefeierte Emily Bölk], 21, nun bei der WM in Japan weitergehen.
Noch immer ist es ein blutjunges Team, erneut eines der jüngsten im
Turnier. Und noch immer fehlt es ihm folglich hier und da an Erfahrung und
vielleicht auch ein bisschen – Spielführerin Kim Naidzinavicius, 28, einmal
ausgenommen – an absoluter individueller Weltklasse. Wie sollte es auch
anders sein?
Henk Groener weiß das bestens einzuordnen. Er weiß, dass es immer noch eine
Mannschaft am Anfang ist. Ein Team, dem es, zumindest auf höchstem Niveau,
hin und wieder an Konstanz fehlt, dem bisweilen individuelle Fehler
unterlaufen, das phasenweise in der Abwehr zu brüchig agiert und im Sturm
zu fahrlässig und überhastet. Aber er sieht das nicht als Problem, sondern
als Aufgabe. „Die Entwicklung ist gut vorangegangen. Ich bin guten Mutes.
Die EM hat gezeigt, dass wir mithalten können. Das wird auch bei der WM so
sein“, sagt er dazu passend und im Rückblick auf das zurückliegende Jahr.
Dass es die deutsche Mannschaft dort schon in der Vorrunde mit Hochkarätern
wie Titelverteidiger Frankreich, Asienmeister Südkorea, Dänemark
(WM-Dritter 2013) und Südamerikameister Brasilien zu tun bekommt –
lediglich in die Partie gegen Australien gehen die DHB-Frauen als Favorit
–, kann Groener dabei nicht schrecken. „Das ist eine WM“, sagt er
stattdessen schulterzuckend. „Da ist es völlig normal, dass man auf
Mannschaften stößt, die zur Weltspitze gehören. Das wollen wir ja auch
sein.“ Und schnell fügt er an. „Die werden sich auch vor uns fürchten.“
Zu was das am Ende reicht, lässt sich vorab nur schwer einschätzen. Das
Ziel der deutschen Frauen indes ist klar definiert – und es ist ein großes.
Mindestens WM-Platz sieben soll es werden. Der berechtigt zur Teilnahme an
einem der drei Qualifikationsturniere für Olympia nächsten Sommer in Tokio.
„Das ist im Hinterkopf immer drin“, sagt Groener. „Wir wollen in acht
Monaten noch mal nach Japan reisen. Das haben wir so besprochen.“
29 Nov 2019
## LINKS
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[2] /Handball-Nationalspielerin-Emily-Boelk/!5469078
## AUTOREN
Frank Ketterer
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