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# taz.de -- Geplanter Stadionneubau: Turnvater ohne Sportort
> Der Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark soll nächstes Jahr abgerissen und bis
> 2024 neu aufgebaut werden – als erster inklusiver Sportpark in Berlin.
Bild: Der Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, Ansicht aus dem Jahr 2007
Mindestens vier Jahre müssen Berlins SportlerInnen und Sportfans auf das
zweitwichtigste Stadion der Stadt nach dem Olympiastadion verzichten: Der
Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark in Prenzlauer Berg soll kommendes Jahr
abgerissen und bis Mitte 2024 durch einen Neubau ersetzt werden. Dies
teilte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf taz-Anfrage am Freitag
mit.
Das Sportgelände insgesamt gilt als das meistgenutzte der Stadt. Im Stadion
selbst mit seinen gut 20.000 Plätzen finden viele mittelgroße
Leichtathletikveranstaltungen statt wie im Sommer 2018 die
Para-Leichtathletik EM; der Fußballclub BFC Dynamo nutzt das Stadion für
seine Heimspiele in der Regionalliga. Das Stadion mit dem markanten
farbigen Sitzen war zudem 2015 Schauplatz des Finales der Uefa Women’s
Champions League.
Allerdings habe das Ende der 1980er und Ende der 90er Jahre umfassend
sanierte landeseigene Stadion unter anderem wegen zahlreicher baulicher
Mängel und fehlendem Brandschutz nur eine Betriebserlaubnis bis zum
kommenden Jahr, erklärt Martin Pallgen, Sprecher der Senatssportverwaltung.
Errichtet werden soll der erste umfassend „inklusive Sportpark“, um den
Bedürfnissen von Menschen mit Einschränkungen endlich gerecht werden zu
können, so Pallgen weiter. Für den seit mehreren Jahren diskutierten Neubau
mit ebenfalls 20.000 Plätzen sind derzeit Kosten von 105 Millionen Euro
geplant; der Abriss soll 15 Millionen Euro kosten.
Im Bezirksamt Pankow sorgt man sich vor allem um die Verkehrsanbindung
eines nach einem Neubau noch attraktiveren Sportgeländes. Zwar sei das
Stadion dank mehrerer U- und S-Bahn-Linien und Trams gut zu erreichen, die
Zuschauerströme verliefen aber mitten durch Wohnviertel, erklärt der
Pankower Sportstadtrat Vollrad Kuhn (Grüne). Das müsse besser gesteuert
werden. Und: „Immer noch kommen aber viele Menschen mit dem Auto“, was
teilweise zu chaotischen Verkehrssituationen rund um das Stadion und die
angrenzende Max-Schmeling-Halle führe. Kuhn weist auch darauf hin, dass
sich bereits jetzt AnwohnerInnen durch die Besuchermassen an Wochenenden im
Mauerpark und angrenzenden Straßen gestört fühlten und sich beschwerten.
## Mehr Schutz gegen Schall und Flutlicht
Die Sportverwaltung verspricht – zumindest was das Stadion angeht –
Abhilfe. Laut Sprecher Martin Pallgen wird es durch den Neubau signifikante
Verbesserung beim Schallschutz und auch bei den Lichtemissionen geben. Die
von den hohen Masten ausgestrahlte Flutlichtbeleuchtung ist derzeit bis
weit in den Stadtteil und den angrenzenden Wedding sichtbar; Reaktionen auf
erfolgreiche Torschüsse lassen sich bei entsprechender Wetterlage noch am
rund einen Kilometer entfernten Kollwitzplatz gut vernehmen. Auch werde es
ein neues Verkehrsgutachten geben, kündigte Pallgen an und versprach
zugleich: „Wir werden die Anwohner in den Prozess einbinden.“
Unklar sind allerdings noch einige rechtliche Fragen – etwa, wer den
notwendigen Bebauungsplan aufstellt. Während der Bezirk laut Stadtrat Kuhn
auf die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hofft, erklärt diese, dass
„grundsätzlich zunächst der Bezirk für die Aufstellung von B-Plänen
zuständig“ sei. Sie signalisiert zugleich aber Entgegenkommen: Eine
Bearbeitung durch die Senatsverwaltung werde „geprüft“. Laut Kuhn wird das
Stadion selbst aus dem Bebauungsplan herausgenommen, um einen schnellen
Start des Abrisses sicherzustellen. Denn einen Bebauungsplan aufzustellen,
dauert laut Kuhn zwei bis drei Jahre. Am Dienstag will sich das Bezirksamt
mit dem Projekt befassen.
Kuhn ist zudem vorsichtig, ob der Zeitplan mit der Wiedereröffnung 2024 zu
halten sein wird: Er geht von der einen oder anderen „Überraschung“ aus,
die sich im Untergrund des Stadions noch verbergen könne. Und vielleicht
erhält auch die frühere Debatte um die Umbenennung des Stadions neue
Nahrung: Der „Turnvater“ Jahn ist wegen antisemitischer Äußerungen
inzwischen hoch umstritten.
29 Oct 2019
## AUTOREN
Bert Schulz
## TAGS
Schwerpunkt Sport trotz Corona
Stadion
Pankow
Inklusion
Schwerpunkt Rassismus
Andreas Geisel
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künftige Grünfläche zur Bebauung freigeben.
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