# taz.de -- Marathon in unter zwei Stunden: „Bester Moment in meinem Leben“ | |
> Eliud Kipchoge durchbricht die Marathon-Schallmauer: Der Kenianer läuft | |
> die 42,195 Kilometer in weniger als zwei Stunden. Doch es ist kein | |
> Weltrekord. | |
Bild: 21 km/h laufen und das fast zwei Stunden am Stück: Eliud Kipchoge schaff… | |
WIEN dpa | Seine Tempomacher braucht Eliud Kipchoge jetzt nicht mehr. Mit | |
großen Schritten lässt er sie hinter sich, beschleunigt ein letztes mal und | |
läuft grinsend, scheinbar schwerelos über die Ziellinie. Gestenreich | |
bedankt sich der 34-Jährige bei den Tausenden Fans am Streckenrand: Als | |
erster Mensch ist Kipchoge am Samstag in Wien einen Marathon in weniger als | |
zwei Stunden gelaufen. Der Kenianer brauchte für die 42,195 Kilometer fast | |
schon magische 1:59:40,2 Stunden. | |
„Das war der beste Moment in meinem Leben, als nur noch wenige Hundert | |
Meter zu laufen waren und es Zeit war, Geschichte zu schreiben“, sagte | |
Kipchoge nach seinem Sensationslauf. Mit der kenianischen Fahne um die | |
Schultern jubelte der Rio-Olympiasieger im Ziel, seine Frau Grace nahm ihn | |
als Erste strahlend in die Arme. | |
Ein Weltrekord ist die Zeit aber nicht. Der Lauf war minutiös durchgeplant | |
und deshalb nicht vergleichbar. Insgesamt 41 Tempomacher unterstützten den | |
Kenianer in der österreichischen Hauptstadt. Den offiziellen Weltrekord | |
hält Kipchoge aber ohnehin selbst: 2018 [1][brauchte er für den | |
Berlin-Marathon 2:01:39 Stunden]. | |
„Ich bin der glücklichste Mensch“, sagte Kipchoge am Samstag und wirkte | |
trotz des irren Tempos kaum erschöpft. „Ich habe gezeigt, dass es kein | |
Limit gibt, wenn man nur will.“ Sein Dank galt nicht zuletzt „allen | |
Menschen, die ihren Fernseher angeschaltet haben und sich diesen | |
1:59-Marathon angesehen haben“. Den Dank an seine Familie und seinen | |
Trainer Patrick Sang konnte er kaum in Worte fassen. „Mir fehlen die | |
englischen Vokabeln dafür.“ | |
## Chemie und Haferflocken | |
Kipchoges Tag begann bereits um kurz vor 5.00 Uhr. Zum Frühstück gab es | |
Haferflocken. „Die härteste Zeit meines Lebens war heute zwischen 5.00 und | |
8.15 Uhr“, sagte Kipchoge und lachte. Aber er ließ zu keinem Zeitpunkt | |
Zweifel aufkommen, dass er sein Ziel nicht erreichen würde. „Ich habe es | |
mir in den Kopf, in alle Gedanken gesetzt, dass ich den Marathon unter zwei | |
Stunden laufen werde“, sagte Kipchoge. | |
Mit dem Erfolg von Wien hat der 34-Jährige seiner medaillenreichen Karriere | |
die nächste, vielleicht schillerndste Bestmarke hinzugefügt. Der | |
Chemiekonzern Ineos als Veranstalter hatte enorm viel Zeit und Geld in die | |
Bemühungen investiert, Kipchoge bei der „ineos159challenge“ perfekte | |
Bedingungen zu ermöglichen. Erst am Mittwoch wurde der Tag des Versuchs | |
endgültig festgelegt, die Startzeit nach genauer Analyse der zu erwartenden | |
Wetterbedingungen sogar erst am Freitag. | |
Dass Wien als Austragungsort gewählt wurde, lag unter anderem an dem | |
geringen Zeitunterschied von nur einer Stunde zwischen Österreich und | |
Kenia. So musste Kipchoge seine alltäglichen Gewohnheiten nicht großartig | |
umstellen. Zudem war laut den Veranstaltern die Wahrscheinlichkeit für | |
niedrige Temperaturen und niedrige Luftfeuchtigkeit am Morgen hoch. | |
Kipchoge startete letztlich um 8.15 Uhr bei neun Grad Außentemperatur auf | |
der Reichsbrücke in der vernebelten österreichischen Hauptstadt. | |
Die Strecke im Wiener Prater war dank Asphaltierungsarbeiten in bestem | |
Zustand, die vielen Bäume ringsherum boten Kipchoge und seinen Tempomachern | |
zudem Schutz. Der Lauf wurde auf einem 9,6 Kilometer langen Rundkurs | |
ausgetragen. Beim mehrfachen Wendepunkt wurde zur Schonung Kipchoges eine | |
kleine Steilkurve geschaffen. Kipchoge und die Tempomacher wurden auf der | |
gesamten Strecke von einem Auto begleitet, von dem aus per Laser eine | |
Orientierungshilfe für die benötigte Geschwindigkeit auf die Straße | |
projiziert wurde. | |
Um die Marke zu schaffen, musste Kipchoge jeden der fast 42 Kilometer in | |
durchschnittlich 2:51 Minuten zurücklegen. Das entspricht einer | |
Geschwindigkeit von etwas mehr als 21 Stundenkilometern – eine | |
Marathondistanz lässt sich für Hobbysportler selbst auf dem Fahrrad nicht | |
selbstverständlich in diesem Tempo zurücklegen. | |
Die Wahrscheinlichkeit, dass er es schafft, habe nach den mehr als vier | |
Monaten der Vorbereitung daher letztlich nicht mehr als bei 50:50 gelegen. | |
„Eher bei 90:10“, so der Weltrekordler. Das Ziel, die Zwei-Stunden-Mauer zu | |
durchbrechen, hatte Kipchoge, der 2003 vor seinem Wechsel auf die | |
Marathon-Distanz Weltmeister über 5000 Meter geworden war, bereits seit | |
einigen Jahren. Beim ersten Versuch 2017 auf der Formel-1-Strecke in Monza | |
(Italien) war er mit 2:00:25 Stunden knapp gescheitert. | |
12 Oct 2019 | |
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