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# taz.de -- Kriege im Irak und deutsche Firmen: Urlaub und Giftgas
> An die Verwicklungen deutscher Unternehmen in Nahost sollte man
> regelmäßig erinnern. Zum Beispiel beim Ferienmachen.
Bild: Gedenken an die Toten von Halabscha, 2014 in Berlin. Überlebende klagen …
Ab in den Urlaub. Bei TUI gibt es gerade Rabatt: „Winter Warm-up, jetzt
Winterdeals buchen und 34 Prozent sparen.“ TUI ist Europas größtes
Touristikunternehmen und bietet alles: Pauschalreisen, Last Minute, Hotels,
TUI Special Deals nicht zu vergessen.
Die TUI Care Foundation will sich außerdem für eine bessere Welt einsetzen,
ihre Projekte: plastikfreie Strände in Zypern, Elefantenrettung in
Tansania, Mädchen eine Stimme geben in Brasilien. Im Irak gibt es keine
Projekte von der TUI Care Foundation. Dabei war TUI früher schon mal dort.
TUI hieß damals noch Preussag AG, und war ein Mischkonzern, der erst 2002
zur TUI Freizeitspaß AG wurde. Preussag ist allerdings nicht zum
Urlaubmachen in den Irak gefahren, sondern arbeitete mit dem Massenmörder
Saddam Hussein zusammen.
Saddam Hussein, für die, die sich nicht erinnern: vierundzwanzig Jahre lang
Diktator im Irak, bekannt für Foltergefängnisse, Exekutionen, Massenmorde,
[1][den Anfal-Genozid an den Kurd*innen], Giftgasangriffe. 1987 befahl
Saddam Hussein den Giftgasangriff auf die kurdische Stadt Sardascht. Am
Ende des ersten Golfkriegs 1988 folgte Halabdscha. Halabdscha wurde von der
irakischen Luftwaffe mit Giftgas bombardiert. Es gab über 5.000 Tote. Bis
heute leidet man an den Spätfolgen. Die verwendeten Kampfstoffe: Senfgas,
Tabun, Sarin, und VX.
Nicht nur die Preussag AG wird beschuldigt, [2][sondern auch Firmen wie
Karl Kolb aus Hessen] (Letztere ist übrigens immer noch viel im Irak
unterwegs und hat sich für November auf der Bagdad International Fair
angemeldet), Bayer und Heberger Bau aus Rheinland-Pfalz. Deutsche Konzerne,
also deutsche Angestellte dieser Konzerne, sind in den Irak gereist, um
Saddam Hussein bei der Produktion von Chemiewaffen zu unterstützen. So was
könnte man Beihilfe zum Massenmord nennen. Eine US-Firma und eine britische
hatten zuvor die Zusammenarbeit abgelehnt, wegen der Missbrauchsgefahr
(Insektizide, die auch militärisch eingesetzt werden können).
In Deutschland macht man es wie man es schon immer gemacht hat: in bester
deutscher Unternehmenstradition. Keines der Unternehmen hat Verantwortung
übernommen, eine Entschädigung der Opfer gibt es nicht. Die Antworten
bleiben dieselben: „Geschäftsbeziehungen zum Irak waren damals üblich und
auch zulässig“ oder „Die Angelegenheit liegt schon über 30 Jahre zurück�…
[3][TUI hält die Sache für abgeschlossen] und befindet, dass ihr juristisch
keine Vorwürfe zu machen sind. Bei der TUI Care Foundation rettet man
Elefanten und Sandstrände.
Apropos Tradition: Was man in der kurdischen Stadt Suleimania bis heute
nicht vergessen hat: Das Saddam-Foltergefängnis wurde von deutschen
Architekten aus der DDR gebaut. Und auch der deutsche Chemiewaffenhandel
hat Tradition. 1937 kaufte Atatürk chemische Kampfstoffe aus Deutschland,
um die Kurd*innen in Dersim zu ermorden. Die Flugzeuge, mit denen seine
Adoptivtochter Sabiha Gökçen die Region bombardierte, stammten ebenfalls
aus Deutschland.
25 Sep 2019
## LINKS
[1] /Irak/!5198881
[2] https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/die-vergessenen-giftgas-opfe…
[3] https://www.handelsblatt.com/politik/international/30-jahre-nach-giftgasang…
## AUTOREN
Ronya Othmann
Cemile Sahin
## TAGS
Kolumne Orient Express
Irak
Kurden
Giftgas
Kolumne Orient Express
Irak
Schwerpunkt Flucht
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