# taz.de -- Klage gegen Amtsveterinäre: Lange Reise in den Tod | |
> Die Tierrechtsorganisation Peta verklagt mehrere Amtsveterinäre wegen des | |
> Verdachts der Beihilfe zur Tierquälerei. | |
Bild: Leiden unter mitunter katastrophalen Bedingungen: Rinder in einem Tiertra… | |
Hamburg taz | Die Tierrechtsorganisation Peta hat Amtstierärzt*innen aus | |
zehn Landkreisen wegen des „Verdachts der andauernden Beihilfe zur | |
Tierquälerei“ angezeigt. Darunter sind auch Veterinärärzt*innen aus den | |
Landkreisen Emsland und Aurich. Anwält*innen der Tierrechtsorganisation | |
klagten gegen schlechte Bedingungen während der Transporte in | |
Nicht-EU-Länder – unter anderem nach Russland, Usbekistan und in die | |
Türkei. Das geht aus den Strafanzeigen hervor, die der taz vorliegen. | |
Konkret soll es um Transporte mehrerer Dutzend Hausrinder im Zeitraum von | |
Oktober 2018 bis Mai 2019 gehen, bei denen die Tiere offenbar unter | |
katastrophalen Bedingungen durch den halben Kontinent transportiert | |
wurden. Sie hätten gelitten, sagt Edmund Haferbeck, Leiter der | |
Wissenschafts- und Rechtsabteilung von Peta. Unter anderem wegen langer | |
Wartezeiten an den Grenzen, fehlender Ruhepausen, hoher Temperaturen und | |
enger Platzverhältnisse. | |
Angezeigt hat Peta auchTransportunternehmer*innen, Organisator*innen und | |
die Fahrer*innen, die an den Langstreckentransporten beteiligt waren. Peta | |
wirft ihnen vor, dass sie wider besseren Wissens die Transporte | |
durchgeführt haben, obwohl die Zuchttiere stundenlangen Wartezeiten und | |
extremen Wetterbedingungen ausgesetzt waren. | |
Peta ist als Tierrechtsorganisation für ihre radikalen Forderungen bekannt. | |
Sie räumt Tieren ein Recht auf körperliche Unversehrtheit ein. 2009 wurde | |
sie jedoch nach relativierenden Vergleichen zwischen Massentierhaltung und | |
dem Holocaust auch heftig kritisiert. Der Kampagne „Holocaust auf Ihrem | |
Teller“ wurde vorgeworfen, antisemitisch zu sein. | |
In Bezug auf Langstreckentransporte von lebenden Tieren in der Sommerhitze | |
in den vergangenen zwei Jahren herrscht jedoch Konsens, auch in der | |
Politik. Im vergangenen Februar zog Schleswig-Holsteins | |
Landwirtschaftsminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) Konsequenzen aus den | |
auch für ihn „tierrechtsverletzenden“ Langstreckentransporten von | |
Viehtieren. Albrecht stoppte zeitweise Tiertransporte in 14 | |
Nicht-EU-Länder. Bauernverbände hatten daraufhin angekündigt, ihre Tiere | |
über den Umweg Niedersachsen in die betroffenen Länder zu transportieren. | |
Dort gab es ein solches Transportverbot nicht. | |
Dass Nutztiere aus Niedersachsen zwischen den Jahren 2018 und 2019 in die | |
genannten Nicht-EU-Länder transportiert wurden, bestätigt eine Sprecherin | |
des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums. Darunter hätten sich | |
jedoch keine schleswig-holsteinischen Tiere befunden. „Grundsätzlich werden | |
über niedersächsische Sammelstellen auch Zuchttiere aus anderen | |
Bundesländern abgefertigt“, sagt sie. | |
„Auch der Deutsche Tierschutzbund lehnt Langstreckentransporte von Tieren | |
strikt ab und macht sich für das Ende von Exporten in Drittländer stark“, | |
sagt die Tierschutzbund- Sprecherin Hester Pommerening. Bestehende | |
Verordnungen seien unzureichend, würden aber auch systematisch missachtet. | |
Der Tierschutzbund fordert deshalb unter anderem eine Überarbeitung der | |
EU-Verordnung, insbesondere zu Transportzeiten, Platzangebot und | |
Temperaturen sowie ein generelles Export-Verbot für lebende Tiere in Länder | |
außerhalb der Europäischen Union. | |
Auch die Bundesregierung musste erst im vergangenen Jahr nach einer Kleinen | |
Anfrage der Grünen im Bundestag eingestehen, dass sie Grund zu der Annahme | |
habe, „dass ein Teil der Transporte nicht im Einklang mit den technischen | |
Vorschriften gemäß der EU-Verordnung erfolgte, insbesondere was den | |
zulässigen Temperaturbereich innerhalb der Transportmittel betrifft“. | |
Deshalb seien auch Landesbehörden von der Bundesregierung auf diesen | |
Zustand hingewiesen worden. „Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass bei | |
solchen Transporten ein besonderes Risiko der Nichteinhaltung der | |
Verordnung besteht“, heißt es weiter. | |
Was die in den Bundesländern zuständigen und von Peta angezeigten | |
Amtsveterinäre von den Vorwürfen halten, konnte die taz nicht in Erfahrung | |
bringen. Mehrmalige Anfragen bei den betroffenen Amtsveterinär*innen, dem | |
Verband der beamteten und angestellten Tierärzte Niedersachsens sowie dem | |
Bundesverband der beamteten Tierärzte blieben unbeantwortet. | |
## Unbeantwortete Anfragen | |
Für den Peta-Jurist Haferbeck ist darin eine Kapitulation vor den | |
systematischen Verstößen zu erkennen. „Im tierproduzierenden, | |
agrarindustriellen Komplex gibt es nur Rechtsbrüche oder Straftaten, | |
tagtäglich millionenfach – es ist das Geschäftsprinzip der modernen | |
Landwirtschaft.“ Deshalb sei es umso wichtiger, dass die für das Tierwohl | |
zuständigen Amtsveterinäre Verantwortung übernehmen, sagt er. | |
Der europäische Gerichtshof hatte bereits 2015 in einem Grundsatzurteil | |
klargestellt, dass die Veterinärbehörden der Länder Langstreckentransporte | |
in Nicht-EU-Länder untersagen können, wenn vorgegebene Zeiten und | |
Bedingungen nicht in Einklang mit der Realität zu bringen seien. | |
Das Europäische Parlament empfahl Anfang dieses Jahres, Transporte nur zu | |
genehmigen, wenn während der gesamten Transportzeit keine Temperaturen über | |
30 Grad Celsius zu erwarten seien. Angesichts der vergangenen beiden | |
Hitzesommer eine kaum einhaltbare Vorgabe. | |
21 Aug 2019 | |
## AUTOREN | |
Yasemin Fusco | |
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