# taz.de -- Unzufriedene Deutsche: Eine halbe Dekade German Shit | |
> Die zentrale Auseinandersetzung in der Demokratie müsste die um | |
> Gleichheit sein. Die Liberalen scheißen drauf, die Rechten freut's. Uff. | |
Bild: Diese Kolumne gibt es so lange wie die AfD. Sie geht nun mit gutem Beispi… | |
Uff, schon [1][fünf Jahre „German Angst“]. Damit meine ich nicht die AfD. | |
Sondern diese Kolumne. Besser wurde in der Zeit ja nicht viel. Eine halbe | |
Dekade German Angst war eine halbe Dekade German Shit, eher Angst vor | |
Deutschland als German Angst. Klar, das liegt auch an der AfD. Aber | |
beileibe nicht nur. | |
Wie kommt es zum Beispiel, dass, während der Faschismus lautstark um die | |
Ecke stolpert, so viele sich zu Nebenkriegsschauplätzen aufmachen. Wobei | |
die Plätze gar nicht so abseitig sind. Denn der Kern der Auseinandersetzung | |
über Demokratie ist der Kampf um Gleichheit – doch die Ungleichheit gewinnt | |
täglich mehr Fürsprecher*innen. Während die radikale Rechte die Demokratie | |
abschaffen möchte, wird von Liberalen und Neocons an der Zugänglichkeit der | |
Gesellschaft für alle gesägt. Nein, eher drauf geschissen. | |
Vollkommen klar: Ungleichheit wächst – ungleicher Zugang zu Bildung, Arbeit | |
und anderen sozialen und vor allem ökonomischen Ressourcen. [2][Armut durch | |
Hartz IV.] Mietenexplosion. Usw. Und für immer mehr Menschen hat es den | |
Kompromiss zwischen Demokratie und Kapitalismus nie gegeben, etwa für | |
wachsende Bevölkerungsgruppen, die nicht Teil des sozialkapitalistischen | |
Modells sind. Sie müssen prekarisierte Arbeiter*innen bleiben, die an der | |
Peripherie gehalten werden. | |
Und sie wäre lustig, diese dem hanebüchenen Erfolgsversprechen des | |
Kapitalismus auf den Leim gegangene Fehleinschätzung der Welt, diese tiefe | |
Überzeugung, auf der richtigen Seite zu stehen – wäre sie nicht | |
bitterernst: „In Deutschland gibt es keine Leistungsgerechtigkeit mehr“ | |
(Ulf Poschardt) – für Reiche, „Hartz IV bedeutet nicht Armut, sondern ist | |
die Antwort unserer Solidargemeinschaft auf Armut“ (Jens Spahn), „Der Flirt | |
mit der Öko-Diktatur ist die dunkle Seite der Klimadebatte“ (Jan | |
Fleischhauer), „Warum gehört man so schnell zur Oberschicht?“ (Bild). | |
Keinen „regulären“ Job und keine Wohnung: selbst schuld. Brutal. Und brutal | |
dumm. Es freut vor allem die Rechte, deren Arbeit, nämlich die | |
Radikalisierung von Ungleichheit, hier betrieben wird. | |
Dazu passt, dass in Umfragen mehr als die Hälfte der Deutschen nicht mehr | |
zufrieden sind mit der Demokratie. Seit wann sind sie so unzufrieden? Seit | |
2015/16, als Deutschland die Staatsgrenzen nicht abriegelte. Denn ab da | |
galt die Demokratie nicht nur exklusiv für sie, sondern auch für jene | |
Geknechteten, auf deren Rücken der gesellschaftliche Reichtum gewachsen | |
ist. Gleichheit und Demokratie sind so lange etwas Erstrebenswertes, wie | |
sie nur für Deutsche gelten. Dass mit den „Deutschen“ nicht alle Deutschen | |
gemeint sind – eh klar. | |
Wie ein Freund immer sagt: Je schlimmer, desto schlimmer. Zurück zum | |
Anfang. „German Angst“ existiert fast so lange wie die AfD. „German Angst… | |
geht daher mit gutem Beispiel voran und verschwindet. Einfach so. Von | |
diesem Tag auf den anderen. Follow me, AfD! Allen anderen: Tschüss, es war | |
schön! | |
20 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Sonja Vogel | |
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