# taz.de -- Teure Stadtreinigung in Deutschland: Kehrwoche bei der Umweltminist… | |
> Parks und Fußgängerzonen werden zugemüllt, das macht Arbeit. Die | |
> Hersteller sollen an den Kosten beteiligt werden, fordert | |
> Umweltministerin Schulze. | |
Bild: Statt Kaffee auf die Hand lieber mal ins Café setzen – macht weniger M… | |
BERLIN taz | Man könnte meinen, Deutschland stecke in den 60er Jahren fest, | |
in Zeiten als für Bier aus Einwegflaschen noch mit dem Slogan „ex und hopp“ | |
geworben wurde: austrinken und in den Müll damit. | |
SPD-Bundesumweltministerin Svenja Schulze [1][macht eine „zunehmende | |
Wegwerfmentalität“ aus]. Die Abfalleimer in Parks, Fußgängerzonen oder auf | |
Spielplätzen seien randvoll. Und zwei Drittel davon Einwegdreck. | |
Den Stadtreinigungen macht das immer mehr Arbeit. Dafür zahlen die Bürger. | |
Ihr Plan: Hersteller von Einwegbechern, Fast-Food-Verpackungen, Chipstüten | |
und so fort sollen zur Kasse gebeten werden. Kommen und Bürger würden so | |
„entlastet“. Und Hersteller bekämen einen Anreiz, auf Mehrweg | |
umzuschwenken. | |
Erst am Sonntag hatte Schulze, gesagt, sie wolle Plastiktüten verbieten | |
lassen. Der Hintergrund: In den vergangenen Monaten scheint die | |
Gesellschaft zwar ergrünt zu sein und das Unbehagen am Umgang mit dem | |
Planeten zu wachsen, darum nimmt der Müll aber nicht ab. | |
Die Deutschen sind europaweit Spitze im Kunststoffverbrauch. Und jeder | |
Bundesbürger kommt auf rund 220 Kilo Verpackungsmüll pro Jahr. Zum Teil ist | |
der freilich aus Papier, Pappe, Karton. Doch unter anderem seit China seine | |
Grenzen für Abfallimporte dicht gemacht hat und andere Länder folgten, | |
wächst der Müllberg insgesamt in Deutschland. | |
Bundesverband warnt vor „Entsorgungsnotstand“ | |
Vieles wird recycelt. Aber die Müllverbrennungsanlagen sind derzeit so | |
voll, dass Firmen und Handwerke ihre Abfälle dort kaum noch loswerden. Vor | |
einem „Entsorgungsnotstand“ warnte gerade erst der Bundesverband | |
Sekundärrohstoffe und Entsorgung. Ein Müll-Notstand droht den Parks und | |
Innenstädten zwar nicht. | |
Rein rechnerisch füllten die 2,8 Milliarden Ex-und Hopp-Becher, die die | |
Deutschen im Jahr nutzten, 8 Millionen Straßenpapierkörbe, erklärte der | |
Präsident des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) und | |
SPD-Oberbürgermeister in Mainz, Michael Ebling. Zigarettenkippen machten | |
den städtischen Müllentsorgern obendrein Probleme. Die landeten in Parks, | |
Gullys oder auch direkt neben den Mülleimern. | |
Wer die Stummel achtlos auf den Boden wirft, muss theoretisch mit einem | |
Bußgeld rechnen. Offenbar kümmert das aber wenige. Die unscheinbaren Filter | |
sind nur kein harmloser Müll. Sie bestehen aus Kunststoff, werden nur ganz | |
langsam abgebaut. Außerdem sammeln sich in ihnen Schadstoffe aus dem | |
Tabakrauch, Nikotin etwa. Die können mit Regen in die Umwelt gespült | |
werden. Experten schätzen, dass eine einzige Kippe bis zu 60 Liter Wasser | |
vergiften kann. | |
In den nächsten Monaten soll nun zunächst untersucht werden, mit welchen | |
Beträgen die Tabakhersteller, die Fast-Food-Ketten, die | |
Einwegbecherhersteller fürs Straße kehren aufkommen sollen. Der VKU will | |
dazu in einer „repräsentativen Studie“ klären, welche Abfälle genau in | |
Mülleimern in Parks, an Straßenrändern, an Stränden, in Städten und Dörfe… | |
anfallen. | |
Verbände sehen Abwälzung der Kosten kritisch | |
„Der Vorstoß trifft natürlich nicht auf unsere Zustimmung“, sagte ein | |
Sprecher des Deutschen Zigarettenverbandes. Das Gros der Raucher entsorge | |
seine Kippen „völlig korrekt im Hausmüll“, außerdem gebe es bereits | |
Tabaksteuern. Genauso ablehnend der Bundesverband der Deutschen Industrie: | |
„Eine einseitige Abwälzung der Kosten für die Stadtreinigung auf die | |
Wirtschaft ist nicht hinnehmbar. Hersteller haben keine Möglichkeit | |
Einfluss darauf zu nehmen, wie mit ihren Produkten umgegangen wird.“ | |
Schon heute zahlen Hersteller für Verpackungen eine Gebühr an die Dualen | |
Systeme. Diese sind aber nur zuständig für die die Entsorgung von gelben | |
Säcken und Tonnen aus privaten Haushalten. Spätestens bis zum Jahr 2021 | |
soll die neue Regelung da sein. Hoffentlich sieht dann der „Mülleimer | |
anders aus“, sagte Ebling – und weniger nach 60er Jahre. | |
12 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Hanna Gersmann | |
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