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# taz.de -- Kolumne Wir retten die Welt: Klebefäden im Kartoffelpuffer
> Über eine kaputte Küchenmaschine. Den Unwillen, sich damit abzufinden.
> Die Suche nach Alternativen. Und die einfache Lösung.
Bild: Eine neue Küchenmaschine? Das kann teuer werden
Die Küchenmaschine ist kaputt. Das wäre eigentlich in Ordnung. Das Gerät
ist ein Erbstück, mindestens 30 Jahre alt, in Küchenmaschinenjahren
gerechnet also etwa 103. Das Gehäuse ist vergilbt, zumindest da, wo es
zwischen den über die Jahrzehnte angesammelten Spritzern von Fett,
Teigresten und was auch immer noch zu sehen ist, der Teigschaber längst
verschwunden und das Kabel an zwei Stellen geflickt. Nein, sie würde es
wirklich verdienen, auf dem Recyclinghof in ihre Rohstoffe zerlegt zu
werden.
Wäre da nicht diese eine Kleinigkeit. Denn es ist keineswegs ein
Motorschaden oder ein unbehebbar erscheinender elektrischer Defekt, der von
Gemüseraspeln bis Mehlmahlen alles lahmlegt. Sondern der Bruch eines
Plastikteils. Ihr Glück, dass es nicht schon anderthalb Jahre nach dem Kauf
passiert ist, sonst sähe es verdächtig nach geplanter Obsoleszenz aus, aber
auch so: Eine neue Maschine kaufen, weil ein Einzelteil sich in drei Teile
zerlegt hat? Wirklich? Sechs kleine Klebestellen, das muss doch zu machen
sein.
Zwei Stunden, drei Klebstoffe und diverse Objekte, die besser nicht
zusammengeklebt worden wären später, ist klar: Nein, ist es nicht. Der
Kunststoffkleber klebt gar nicht, zumindest nicht diesen Kunststoff. Der
Sekundenkleber hält zwar, was sein Name verspricht, hinterlässt aber ein
wackelndes Gesamtkunstwerk, das ziemlich sicher schon von den Fliehkräften
auf Stufe eins überfordert wäre. Und der Heißkleber bildet lange
Klebefäden, die vielleicht nicht unbedingt im Kuchenteig landen sollten.
Was jetzt folgt: sich mit dem Gedanken anfreunden, doch eine Maschine zu
kaufen. Feststellen, dass die mittlerweile nicht nur ziemlich groß und
ziemlich schwer sind, sondern auch erstaunlich wenig können, dafür
haufenweise teures Zubehör mitkaufbar ist. Darüber nachdenken, alle
Funktionen der alten Maschine einfach durch separate Geräte zu ersetzen. In
Gedanken eine elektrische Reibe entwickeln, die nicht schon beim Anblick
einer rohen Kartoffel vor Schreck auseinanderfällt. So ein Produkt suchen
und scheitern. In Erwägung ziehen, das zerbrochene Teil per 3D-Druck
nachdrucken zu lassen. Sich über die Lebensmitteltauglichkeit des
Standard-Druckmaterials Gedanken machen. Ein Studio suchen, das 3D-Druck
mit Metall anbietet. Sich über die Kosten informieren. Doch über eine neue
Maschine nachdenken.
Und dann ist da auf einmal die Lösung. Auf einem Kleinanzeigenportal. Der
Link zu einem Haushaltsgeräteersatzartikelbedarf. Er hat genau das
zerbrochene Teil. In ganz. Sogar als Bestseller. Ein paar Tage nach der
Bestellung ist es da. Fast blendend weiß, aber funktionierend. Die ersten
Kartoffelpuffer werden super. Und richtig sauber kriegen lässt sich die
Maschine sicher auch irgendwie noch.
20 Jul 2019
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Konsum
Obsoleszenz
Küchenmaschine
Wir retten die Welt
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Schwerpunkt Klimawandel
Tierschutz
Energieversorgung
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