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# taz.de -- Die Wahrheit: Bier für Kiewel im Fernsehgarten
> Am Sonntagmorgen auf dem Mainzer Lerchenberg. Ein Besuch in der
> Rentnerschunkelbude Nummer eins. Das kann man nur mit Alkohol überstehen.
Bild: Westfernsehen für die Weidel-AfD: die „Neue Zürcher Zeitung“
Eigentlich gar nicht schlecht“, sagt ein Mann am Pissoir zu seinem Kumpel:
„Fährst hier raus, zahlst acht Euro und bist voll wie ’n Eimer!“ Und das
mittags um halb eins. Auf dem Mainzer Lerchenberg. Im ZDF-Fernsehgarten.
Es war vor ein paar Wochen. Ich weilte ohnehin in Mainz und wollte
eigentlich überprüfen, was dran ist an dem Gerücht, im Fernsehgarten werde
kein Bier ausgeschenkt. Dabei machte ich aber eine ganz andere Erfahrung,
die mir retrospektiv betrachtet als sehr bedeutsam erscheint, erklärt sie
doch, warum der Fernsehgarten am Sonntag von einem heftigen Gewitter
heimgesucht wurde und abgebrochen werden musste.
Vorweg: Im Fernsehgarten gibt es Bier. Wenn man Glück hat, findet man dort
in den Büschen sogar einen ganzen Kasten und kann sich gelegentlich dran
laben. Möglicherweise war es gar das Bier von Starmoderatorin Andrea
Kiewel, das sie dort für Notfälle geparkt hatte. Falls ja: Sorry, Kiwi!
Unterhält man sich mit den Technikern, Aufpassern und sonstigem
Fernsehwuselvolk, kommen die Angestellten immer wieder von selbst auf
Kiewel zu sprechen. Angeblich hasse sie ihren Job. Auf mich hingegen
machte sie einen glücklichen, berauschten, ja geradezu
Strache-auf-Ibiza-mäßigen-Eindruck.
Vor Beginn der Aufzeichnung erzählte sie dem Publikum zur Auflockerung
sogar einen Witz: „Geh doch mal einkaufen“, sagt die Frau. „Bei dem Wetter
geht doch nicht mal ein Hund vor die Tür“, antwortet der Mann. Darauf die
Frau: „Hab ja auch nicht gesagt, dass du den Hund mitnehmen sollst.“
Vielleicht moderiert sie ja bald die „heute-show“.
Als es losging, schien nur ich mich darüber zu wundern, dass die Band mit
dem Rücken zum Publikum spielte. Die Musiker schauen dabei hinab auf eine
kärgliche Wiese. Vermutlich bewegen sie ihre Münder zum Playback, wir
Zuschauer können das nur erahnen. „Warum?“, fragte ich einen Kabelmann.
Weil die Kameras auf der anderen Seite sind, um das Publikum im Hintergrund
ebenfalls einfangen zu können. Der helle Wahnsinn, wie sehr man seine
eigenen Fans verachten kann.
Doch wer seinem treuen Anhang nicht nur den Rücken zudreht, sondern gar
Unwetter erdichtet, um ihn loszuwerden, braucht sich nicht wundern, wenn
das Karma so gnadenlos zurückschlägt wie am Sonntag. Bei meinem Besuch des
Fernsehgartens wurde am Ende der Veranstaltung nämlich über Lautsprecher
verkündet: „In den nächsten zehn Minuten soll es regnen! Bitte verlassen
Sie sofort das Gelände!“
Eine schamlose Lüge, einzig und allein dem Zwecke dienlich, uns gutgläubige
Schlagerfans möglichst schnell vom Gelände zu bekommen. Woher ich das weiß?
Weil der Bierkasten noch nicht leer war, blieb ich vor Ort. Bis zum
Abendgrauen. Kein Wölkchen zog auf. Noch stundenlang schien die Sonne überm
Mainzer Lerchenberg wie sonst nur Andrea Kiewel nach Feierabend.
30 Jul 2019
## AUTOREN
Cornelius Oettle
## TAGS
ZDF-Fernsehgarten
Andrea Kiewel
Mainzer Lerchenberg
Auto
Citroën
Neue Zürcher Zeitung
Sommer
Gedicht
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