# taz.de -- Bundesliga-Test für Union: Die Steaks kosten noch drei Euro | |
> Bei Union sind sie jetzt Bundesligist: Am Samstag ging es in einem ersten | |
> Testspiel gegen den dänischen Erstligisten Brøndby IF. | |
Bild: Sie waren schon immer erstklassig: Union-Fans beim Testspiel gegen Brønd… | |
Ein Fan mit ausgebleichter Union-Kappe, goldumrandeter Brille und grauem | |
Schnurrbart winkt hektisch. Er steht mitten in der Menschenmasse auf der | |
Gegengerade im Stadion an der Alten Försterei. Doch seine Frau, einige | |
Meter unter ihm im Durchgang stehend und nach ihrem Platz suchend, schaut | |
in die falsche Richtung. Sie sieht ihn nicht. Das Wasser im vollen Becher | |
in ihrer Hand schwappt bei jeder Bewegung gefährlich. Wieder winkt der | |
Mann, schon wieder schaut seine Frau weg. Resigniert zieht er die | |
Mundwinkel nach unten. Auch in der Bundesliga läuft eben nicht alles rund. | |
Es ist Sonnabend, der FC Union Berlin absolviert zum ersten Mal überhaupt | |
ein Fußballspiel als Bundesligist. Die Eisernen starten in die Vorbereitung | |
auf die neue Saison – und zwar erfolgreich. 2:1 gewinnen sie im Test gegen | |
den dänischen Erstligisten Brøndby IF. Die Berliner Tore schießen Sebastian | |
Polter und Joshua Mees. | |
Besonders laut wird es schon vor dem Spiel, als Trainer und Mannschaft von | |
den Fans begrüßt werden. Stadionsprecher Christian Arbeit ruft im Anschluss | |
ans Publikum gerichtet ins Mikrofon: „Und mit euch gehen wir hier nie | |
wieder weg – ist doch logisch!“ Laut wie zu keinem anderen Zeitpunkt an | |
diesem Nachmittag schallt die Antwort von den Rängen: „Eisern Union!“ | |
Es ist immer noch kaum zu glauben: Die Eisernen sind erstklassig. Union | |
Berlin spielt in Zukunft [1][offiziell in der Bundesliga]. Für viele Fans | |
an der Alten Försterei ist das alles noch völlig irreal, eine Utopie. „Es | |
ist ein bisschen unglaublich, aber auch schön. Man hatte eigentlich immer | |
das Gefühl, Union gehört in die zweite Liga. So oft waren wir nah dran, so | |
oft haben wir es dann doch verkackt.“ Nico, blonde Kurzhaarfrisur, ist seit | |
2012 Stammgast in Köpenick. „Wenn wir jetzt Letzter werden, werden wir | |
Letzter. Auch egal.“ | |
## In Köpenick sind sie „Fußballgötter“ | |
Ganz so utopisch fühlt sich die neue Realität eigentlich gar nicht an. Die | |
Steaks kosten immer noch drei Euro, das Bier vier. Und die Menschen sind | |
auch noch dieselben wie letztes Jahr. Klar, die Fußballer heißen jetzt | |
anders, ihre Namen sind prominenter geworden. Der von Neven Subotic etwa, | |
der schon mal [2][Deutscher Meister mit Dortmund] wurde. Oder von Christian | |
Gentner, auch schon Deutscher Meister. Hier in Köpenick sind sie | |
„Fußballgötter“ – so wie alle anderen Spieler auch, denen das bei der | |
Begrüßung traditionell entgegenschallt. | |
„Für mich ist alles wie immer. Union spielt, und wenn Union spielt, gibt’s | |
nichts anderes.“ Martina war vor 44 Jahren, 1975, zum ersten Mal im Stadion | |
an der alten Försterei. Es ging damals gegen Rot-Weiß Erfurt, und wie das | |
bei Union nun mal so ist, ließ die Magie des Vereins sie nie wieder los. | |
Bundesliga? Martina, blonde Kurzhaarfrisur und ansteckendes Lachen, zuckt | |
mit den Schultern. „Wir wollen alles mitnehmen, was irgendwie geht. Ich | |
will einfach nur die Spiele sehen, so viele wie möglich.“ | |
Das Spiel selbst steht heute aber eigentlich im Hintergrund. Für die mehr | |
als 12.000 anwesenden Fans ist der Tag eher ein Wiedersehen. Die Wochen der | |
Sommerpause sind vorbei, endlich gibt es wieder Gelegenheit für launige | |
Nachmittage an der [3][Alten Försterei]. | |
Es wird ein bisschen gesungen und noch mehr philosophiert. „Ich hab Schalke | |
damals genauso kennengelernt. Union ist jetzt so weit wie die damals.“ | |
Schalke also, millionenschwer und grundsätzlich nach der Champions League | |
strebend, aber immerhin auch ein Arbeiterverein, als Vorbild für Köpenick. | |
Die beiden Fans diskutieren ambitioniert und trinken ihr Bier. Alles wie | |
immer. Das Spiel setzt sich fort. | |
Als dann abgepfiffen wird, kommt das manchem Fan ziemlich gelegen. Ein | |
junges Mädchen sitzt auf den Schultern ihres Vaters, ihre Augen wirken | |
müde, blicken starr zum Rasen. Abpfiff, keine erkennbare Regung. Die | |
Menschen um sie herum recken einmal kurz die Fäuste in Richtung des | |
Tribünendachs, grinsen. Ihr Papa nimmt das Mädchen von seinen Schultern. | |
Jetzt lächelt es, umarmt ihn und lässt ihn mehrere Sekunden lang nicht mehr | |
los. Union hat gewonnen. Jetzt geht's nach Hause. | |
7 Jul 2019 | |
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## AUTOREN | |
Lukas Waschbüsch | |
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