# taz.de -- Start-up für Periodenslips: Mit Herzblut für eine Unterhose | |
> Zwei Berlinerinnen haben ein Start-up für Unterwäsche gegründet, die | |
> Tampons und Binden während der Periode überflüssig machen soll. | |
Bild: Periodenschlüpfer | |
Menstruationscups, Biotampons, Menstruationsschwämmchen: Nachhaltige | |
Perioden-Produkte sind auf dem Vormarsch. Lange blieben Innovationen der | |
herkömmlichen Produkte aber aus. Dass die Periode, die so viele Frauen | |
jeden Monat betrifft, so tabuisiert wird, hat die Berlinerinnen Kristine | |
Zeller und Kati Ernst schockiert. Sie beschlossen, dass es Zeit für eine | |
Veränderung sei, und gründeten Ende 2018 das Start-up Ooshi, das waschbare | |
Periodenunterwäsche anbietet – für den deutschen Markt ein Novum. | |
Optisch unterscheiden sich die Periodenschlüpfer nicht von herkömmlichen | |
Slips. Es gibt sie auch in verschiedenen Modellen. Einziger Unterschied: | |
sie sind auslaufsicher. Sie fangen Blut auf, aber auch Urin oder Schweiß. | |
„Viele Frauen tragen Ooshi zum Beispiel auch zum Sport“, erzählt Zeller. | |
Tatsächlich haben die Ooshi-Unterhosen eine spezielle Struktur: Die | |
körpernächste Schicht ist aus Merinowolle. Sie trocknet schnell und macht | |
sich die bakterienhemmende Wirkung der Wolle zunutze. Die mittlere Schicht | |
besteht aus Fasern auf Silberbasis, die das Entstehen von unangenehmem | |
Geruch verhindern. Die äußerste Schicht ist eine flüssigkeitsundurchlässige | |
Membran – quasi als Fleckenschutz. | |
Der Praxistest aufs Exempel: Tatsächlich, zieht man die Unterhose an, spürt | |
man, trotz der vielen Schichten, nur eine kleine Verdickung im | |
Schrittbereich. Der Stoff fühlt sich bequem an und nicht so, als würde man | |
darunter schnell unangenehm ins Schwitzen geraten. | |
Der Periodenschlüpfer will vor allem auch ein grünes Produkt sein: Eine | |
durchschnittliche Frau verwendet in ihrem Leben 12.000 Tampons. Auch Binden | |
und Slipeinlagen macht Ooshi überflüssig. | |
## Noch nicht optimaler Fußabdruck | |
Was die Produktion angeht, ist der CO2-Fußabdruck allerdings noch nicht | |
ganz optimal: Die Prototypen der Unterhosen werden zwar in Berlin | |
produziert, die Kollektion wird allerdings in Portugal hergestellt. Dabei | |
werde auf faire Produktionsbedingungen geachtet, was die Unterhosen | |
wiederum vergleichsweise teuer macht: Zwischen 38 und 45 Euro kosten die | |
Schlüpfer, mindestens fünf brauche man für eine Periode, sagen die | |
Entwicklerinnen. | |
Der Nachhaltigkeitsaspekt ist das eine – das Tabu um die weibliche Periode | |
das andere Thema, das die beiden Frauen umtreibt. „Besonders der Aspekt des | |
female empowerment beschäftigte mich“, so Ernst, die das erste Mal von | |
einer Bekannten aus den USA von den sogenannten period panties, den | |
Periodenschlüpfern, hörte. | |
Ernst fand das Produkt so spannend, dass sie es unbedingt selbst | |
ausprobieren musste: „Dann habe ich im Internet recherchiert und gemerkt, | |
dass es period panties in Europa gar nicht gibt.“ | |
## Positiver gesellschaftlicher Einfluss | |
Schon länger, sagen Zeller und Ernst, hätten sie den Wunsch verspürt, | |
positiv gesellschaftlichen Einfluss zu nehmen. Laut dem Female Founders | |
Monitor 2019 ist das für viele Gründerinnen die Motivation, ein eigenes | |
Start-up zu gründen (49,6 Prozent). Aber auch der Gewinn von Unabhängigkeit | |
spielt für viele eine Rolle (88 Prozent). | |
So auch für Kristine Zeller und Kati Ernst. Beide wünschten sich einen | |
anspruchsvollen Beruf, der sich auch mit ihrem Alltag als Mütter von | |
insgesamt fünf Kindern vereinbaren lässt. Ein eigenes Business aufzubauen | |
schien perfekt. ,,Wir arbeiten sicher mehr Stunden als vorher, aber | |
flexibel, wann und wo wir wollen. Unsere Kinder werden von einem Netzwerk | |
an Unterstützern erzogen'‘, so Kati Ernst. Ganz unabhängig von den Kindern | |
arbeiten sie mal von zu Hause – und vor allem abends. | |
Um sich die Strukturen zu ermöglichen, die sie in ihrem Leben benötigen, | |
kündigten die beiden Berlinerinnen ihre Jobs in leitender Funktion bei | |
Zalando und als Unternehmensberaterin bei McKinsey. Zusammen mit | |
Expert*innen testeten sie verschiedene Modelle der Periodenunterwäsche aus | |
dem Ausland und entwickelten sie weiter zu ihrem eigenen Produkt. | |
Ernst und Zeller bewerben die Unterhosen durchaus mit geschmackvollen | |
Bildern, die genauso für die Vermarktung herkömmlicher Unterwäsche genutzt | |
werden könnten. Die Vermarktung läuft über Social-Media-Kanäle, zudem | |
gingen die beiden Frauen auch ganz analog auf verschiedene Veranstaltungen, | |
um ihr Produkt vorzustellen. | |
## Auf Crowdfunding gesetzt | |
Um die Finanzierung zu sichern und einen Unterstützerkreis aufzubauen, | |
setzten sie auf Crowdfunding. Die Kampagne brachte Ooshi 48.000 Euro ein – | |
obwohl das Ziel eigentlich nur bei 10.000 Euro lag. Zusätzlich erhielt das | |
Start-up eine Förderung der Investitionsbank Berlin Brandenburg. Eine | |
sogenannte Angel-Seed-Finanzierung – die oft risikoreiche | |
Anschubfinanzierung durch einen Investor – war daher nicht mehr nötig. | |
Das Produkt komme auf dem Markt gut an, sagen Ernst und Zeller, der | |
Onlineshop laufe. „Am Anfang haben wir eine für uns sehr hoch erscheinende | |
Anzahl von Unterhosen produzieren lassen, doch die haben nicht genügt. Die | |
erste Lieferung war schon im Vorverkauf ausverkauft, die zweite dann bei | |
der Lieferung'', so Kristine Zeller. Jetzt wollen sie auf monatliche | |
Bestellungen umstellen, sodass die Produkte immer verfügbar sind. Der | |
Großteil der Kundinnen sei zwischen 30 und 40 Jahre alt. „Aber auch junge | |
Mädchen, die das erste Mal ihre Periode haben, oder ältere Frauen in den | |
Wechseljahren nutzen das Produkt“, so Zeller. | |
Doch Ooshi trifft nicht nur auf Befürworter. Nach einem RBB-Beitrag über | |
das Start-up wurde auf dem Facebook-Kanal der Abendschau heftig diskutiert. | |
„Es gab zwei Lager. Die einen standen unserem offenen Umgang mit dem Thema | |
Periode sehr negativ entgegen, die anderen haben sich jedoch sehr stark für | |
uns eingesetzt'‘, so Ernst. | |
Von Kritik wollen sich die beiden aber nicht abschrecken lassen. Noch | |
spricht Ooshi zwar vor allem den hiesigen Markt an, die [1][Website] ist | |
bisher nur auf Deutsch verfügbar. Zeller und Ernst wollen aber auch in | |
anderen Ländern mit Tabus brechen – die period panties sollen in Europa | |
Schule machen. | |
4 Jul 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://ooshi-berlin.de/ | |
## AUTOREN | |
Marie Steffens | |
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