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# taz.de -- Kolumne Frauen-WM: VARsch mich nicht!
> Bei der Frauen-WM blamiert sich der Videobeweis. Eine ewige Zumutung. Die
> vermeintliche Gerechtigkeit zerstört jegliche Emotionen.
Bild: Warten auf die nächste Fehlentscheidung? Der Videobeweis soll es bei der…
Sechs Zentimeter oder was. Sechs Zentimeter trennten Nigeria vom
Unentschieden und damit von einem wahrscheinlichen Einzug ins Achtelfinale.
Und es waren nicht die dramatischen, interessanten sechs Zentimeter: der
Ball neben das Tor, die Fußspitze im Abseits. Es waren jene sechs
Zentimeter, die die Torfrau Nigerias, Chiamaka Nnadozie, beim Elfmeter der
Französinnen vor der Torlinie stand.
Wendy Renard schoss an den Pfosten, Nigeria jubelte, es wäre auch weiß Gott
nicht verdient gewesen. Aber dann meldete sich der Videoschiedsrichter:
Nnadozie stand nicht plan auf Linie, sofort wiederholen. Im zweiten Versuch
setzte Renard den Ball dann in die Ecke, Frankreich gewann mit 1:0, Nigeria
ist einigermaßen sicher draußen.
Sechs Zentimeter also, vielleicht waren es auch nur fünf. Was soll das?
Dutzende solcher Elfmeter werden jedes Wochenende einfach durchgewunken,
warum hier nicht? Und warum müssen die Stürmerinnen immer noch zwanzig
Meter im Vollsprint durchziehen, bloß weil die Linienrichter auf das finale
Okay zum Fähnchenwinken aus irgendeinem Keller warten? Damit es ja keine
Fehlentscheidung gibt! Der Fußballgott, früher lustig und anarchisch, ist
einem allwissenden, strafenden Korinthenkacker gewichen.
## Was ist schon gerecht?
Gerechter soll der Fußball werden durch den VAR (Video Assistant Referee),
hieß es, wobei natürlich völlig unklar ist, was im Fußball gerecht sein
soll. Das ist ja der Witz des ganzen Spiels, dass auch die schwächere
Mannschaft gewinnen kann, das macht seinen Reiz aus vor vielen anderen
Mannschaftssportarten. Und wer sagt eigentlich, wer die bessere Mannschaft
gewesen ist? Das ist Kokolores.
Für diese Gerechtigkeit, die keine ist, hat die Fifa die Emotion geopfert.
Inzwischen traut man sich ja kaum noch zu jubeln nach Toren, weil das
allwissende Auge aus irgendeinem Kellerloch noch mal alles neu bewerten
will. Früher reichte ein Blick zur Seitenlinie, jetzt sitzt man da, dreht
sich eine Zigarette, bestellt noch eine Runde Rosé, und dann weiß man, ob
man sich freuen darf oder eben nicht. Immerhin ist es dann eine gerechte
Freude! Was zur Hölle soll das? Das ist ein Spiel, kein Prozess vor einem
Kammergericht zur Klärung der Schuld einzelner Akteure. Wie mühselig und
verquast der ganze Quatsch noch werden kann, werden wir die nächsten Jahre
erleben, wenn es wieder heißt: Handelfmeter oder nicht? Ziehen Sie den
Publikumsjoker!
Die französische Sportzeitung L’Équipe hat eine schöne Verschwörungstheor…
ausgegraben: Der VAR beim Spiel gegen Nigeria hieß Danny Makkelie, er gilt
als ausgewiesener Frankreich-Freund. Beim WM-Finale in Russland war er als
dritter Videoschiedsrichter daran beteiligt, dass den Franzosen der
Elfmeter, der zum vorentscheidenden 2:1 gegen Kroatien führte, zugesprochen
wurde. Der Niederländer ist Ehrenbürger des Mittelmeer-Dorfs La Grande
Motte. Klar ist das eine Räuberpistole. Aber wenn’s derart undurchschaubar
wird auf dem Platz, muss man sich nicht wundern, wenn die interessanten
Drehs außerhalb gesucht werden.
19 Jun 2019
## AUTOREN
Frédéric Valin
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