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# taz.de -- Dänische Musikerin über Frauen im Jazz: „Ich wollte mein Ding m…
> Marilyn Mazur ist eine Größe im Jazz und spielte auch mit anderen
> Star-Musikern. Miles Davis einen Korb zu geben, sei aber nicht leicht
> gewesen.
Bild: „Ich spüre mit jeder Pore das Leben in mir, wenn ich spiele“, sagt M…
taz: Marilyn Mazur, wann begannen Sie zu trommeln?
Marilyn Mazur: Mit 19. Als Kind nahm ich zunächst Klavierunterricht und
tanzte im Ballett, fürs Trommeln habe ich mich erst später interessiert.
Mein Klavierlehrer pochte auf eine klassische Ausbildung. Ich wollte aber
lieber improvisieren, mein eigenes Ding machen! Also studierte ich
Perkussion am Konservatorium in Kopenhagen. Erst da fing ich an, mit
anderen zu spielen. Drums sind wirklich kommunikativ!
Sie formten 1975 eine Combo mit Musikerinnen – die Primi Band.
Solche Ideen gab es damals eher in der Rockszene. Primi Band war ein
Experiment: Perkussion, Stimmen, Körpersprache – das war der Fokus. Wir
hatten keine Lust, nachzuspielen, was im Jazz schon erfunden worden war –
und zwar von Männern. Frauen wurden in die Rolle von Sängerinnen
gedrängt, Instrumente wurden von Typen gespielt. Ich habe nie gelernt, Jazz
nach Vorschrift zu spielen. Ich habe meine eigenen Regeln aufgestellt.
Musik wirklich beigebracht haben mir meine Ohren.
Nun, 40 Jahre später haben Sie das Konzept für die elfköpfige Band Shamania
belebt. Wie hat sich die Wahrnehmung von Frauen im Jazz geändert?
Vor allem jenseits der Musik hat sich etwas gewandelt: Frauen möchten ihren
Anteil an der Welt. Inzwischen gibt es viel mehr Musikerinnen, unter denen
ich auswählen kann. Als wir anfingen, waren auch Amateure in der Band, die
besser tanzen als musizieren konnten. Bald danach gab es eine Zeit, in der
Frauen eine größere Rolle spielten. Dann kam MTV.
Musikfernsehen änderte das Bild der Frau?
Es gab diese Muster in den Videoclips: der starke Kämpfertyp und die sexy
Frau. Plötzlich wollten Frauen nur noch singen. So war es jedenfalls in
Dänemark, auch in Norwegen gab es immer mehr Instrumentalistinnen. Das
erklärt, warum so viele Norwegerinnen nun bei Shamania spielen.
Sie lebten in New York, bis Sie sechs waren. Welche Erinnerungen verbinden
Sie damit?
Daran kann ich mich, ehrlich gesagt, kaum erinnern, aber ich ging wieder
nach New York, als Miles Davis mir 1985 zuflüsterte: Come join my band. Ich
war die einzige Musikerin in seiner Band. Ich dachte nur: Was für eine
merkwürdige Art dies doch ist, in meine Geburtsstadt zurückzukehren! Und
mit einem meiner größten Helden zu spielen, nach zwei Tagen Probe nach New
York zu kommen – traumhafter geht es nicht. Miles war ein Magier!
Sie spielten bald auch mit anderen Größen des US-Jazz.
Es ging alles sehr schnell. Ich spielte mit dem Orchester von Gil Evans,
auch mit Wayne Shorter, ich war drei Jahre ununterbrochen auf Tour. Dann
fragte Miles an, ob ich erneut mit ihm touren wollte. Aber ich konnte nicht
mehr, ich wollte einfach nach Hause und mein eigenes Ding machen und sagte
ab.
Wie hat er reagiert?
Er war es nicht gewohnt, dass Leute ihm einen Korb gaben, und reagierte
aufgebracht. Sosehr ich es liebte, mit ihm zu spielen, so fremd war mir
Miles’ Musik geworden. Er war damals sehr popmäßig unterwegs, sein Sound
hatte auch etwas Machohaftes. Den Ausdruck habe ich noch nie in Bezug auf
Miles verwendet, aber er stimmt. Die Atmosphäre auf der Bühne war wenig
kommunikativ, jeder hatte seine Rolle.
Wenn man die einzige Frau in der Band ist …
… fühlte es sich manchmal einsam an, aber letztlich ist es egal, ob Frau
oder Mann. Es geht um die Individuen: Welche Kräfte kann ich zur Musik
beisteuern, können wir durch die Musik kommunizieren?
Nach der Zeit in den USA spielten Sie mit Jan Garbarek und konzentrierten
sich auf die skandinavische Szene.
Es ist ein Klischee, aber es gibt diese Dunkelheit im Winter, die dich viel
träumen lässt. Dadurch kommt Transparenz in die Musik, eine Luftigkeit.
Garbarek und Miles – zwei große Musikerpersönlichkeiten. Kann man die
beiden vergleichen?
Mit Jan arbeitete ich 14 Jahre. Tatsächlich hat er eine sehr feminine
Seite. Seine Musik ist lyrisch, besitzt viel Schönheit. Ich habe sie
ständig gehört, schon lange bevor wir zusammenarbeiteten.
Wer Ihnen beim Drummen zusieht, muss lächeln. Sie strahlen eine kindliche
Freude am Spiel aus.
Neue Sounds zu entdecken ist ein Riesenspaß. Doch Musik hat auch tragische
Seiten, es ist wichtig, verschiedene Stimmungen mit ihr auszudrücken. Aber:
ich spüre mit jeder Pore das Leben in mir, wenn ich spiele.
19 Jun 2019
## AUTOREN
Jan Paersch
## TAGS
Jazz
Sexismus
Musikerinnen
Kolumne Durch die Nacht
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