# taz.de -- Falscher Bericht über Monsanto-Kauf: Bundesbank finanziert deine M… | |
> Das Magazin „Telepolis“ von „heise.de“ behauptet, der Bayer-Konzern h… | |
> für den Monsanto-Kauf Zuschüsse aus Steuermitteln bekommen. Das ist | |
> falsch. | |
Bild: Finanzielles Fiasko Monsanto-Kauf: Bayer-Zentrale in Leverkusen | |
BERLIN taz | Der US-Konzern Monsanto galt vielen als Ausgeburt des Bösen. | |
Er verkaufte genmanipuliertes Saatgut, trieb Bauern in den Suizid, | |
verdiente viel mit dem Umweltgift Glyphosat. Als der Leverkusener | |
Chemiekonzern Bayer Monsanto im vergangenen Jahr für 63,5 Milliarden Dollar | |
übernahm, [1][warnten Umweltschützer] vor den Risiken. | |
Nun will [2][Telepolis, ein Online-Magazin von heise.de,] enthüllt haben: | |
„Kauf von Monsanto mit Steuergeldern finanziert.“ Was eine Story. Haben | |
etwa Bund, Länder oder Kommunen die Früchte unserer Arbeit für diesen | |
Horror-Deal verpulvert? Viele teilten den Text auf Twitter, darunter die | |
Grünen-Politikerin Renate Künast. Einen Schuldigen nennt die Autorin auch, | |
den Chef der Bundesbank: „Es war Jens Weidmann, der den Kauf Monsantos | |
finanziert hat.“ | |
Die taz [3][kritisierte] die Übernahme Monsantos durch Bayer stets und | |
[4][enthüllte], wie Bayer mit Studien zu Glyphosat schummelte. In diesem | |
Fall allerdings nicht: Den Monsanto-Deal haben weder Bund, Länder noch | |
Kommunen mit auch nur einem Cent finanziert. Der vielgeklickte | |
Telepolis-Artikel unterliegt zwei Denkfehlern: Erstens, die Bundesbank | |
verfüge über Steuergelder. Und zweitens, dass die Geldpolitik von | |
Notenbanken so etwas wie Subventionierung ist. Ist es nicht. | |
Was passiert ist, ist, dass Bayer den Kauf von Monsanto teilweise mit neuen | |
Schulden finanzierte – und dafür Anleihen, also Schuldscheine, verkaufte. | |
Auch Sie, die Sie dies lesen, hätten die Monsanto-Übernahme mit ermöglichen | |
können, mit dem Kauf von Anleihen – über die Börse in Luxemburg, | |
[5][beispielsweise mit einer Laufzeit von 4,5 Jahren] und einem jährlichen | |
Zinssatz von 0,625 Prozent von der niederländischen Bayer Capital | |
Corporation B.V. | |
## Flächenbombardement mit Geld | |
In Europa hat Bayer auf diese Weise fünf Milliarden Euro eingesammelt, in | |
den USA 15 Milliarden US-Dollar. Und da kommt die Bundesbank ins Spiel: Die | |
hat einen Teil der in Europa ausgegebenen Anleihen gekauft, zum gleichen | |
Zinssatz wie private Marktteilnehmer. So etwas machen nationale Notenbanken | |
öfter, und zwar seit 2016. Den Auftrag dazu haben sie von der Europäischen | |
Zentralbank. So sind seither für insgesamt 177 Milliarden Euro von 274 | |
Unternehmen oder deren Tochterfirmen Anleihen gekauft worden. Das muss man | |
sich aber nicht wie einen Deal im Hintergrund vorstellen, den Bayer-Chef | |
und Bundesbank-Chef zusammen [6][im Pfingstrosen-Züchterverein] aushecken. | |
Hinter dem Kauf steht vielmehr ein geldpolitisches Programm, das CSPP heißt | |
und das wiederum Teil eines als [7][Quantitative Easing] bezeichneten | |
Vorgangs ist: Eine Art Flächenbombardement mit Geld (circa 2,5 Billionen | |
Euro). Es existiert seit der Finanzkrise 2008 und wegen des schwachen | |
Wachstums. Die Geldflut soll die Inflation hochtreiben, auf 2 Prozent, was | |
nach Ansicht der EZB gut für das Wachstum ist. | |
Die Zentralbank kauft dabei vor allem Staatsanleihen, aber auch | |
Unternehmensanleihen wie die von Bayer. Sie hat dabei aber nicht zu | |
beurteilen, was die Unternehmen mit dem Geld anstellen. Genauso, wie die | |
Zentralbank auch Banknoten ausgibt, egal, ob die nachher von der Mafia oder | |
deiner Mudda ausgegeben werden. Das sind die Regeln, die sich die | |
Zentralbanken der Eurozone selbst gesetzt haben. Bedingung ist lediglich, | |
dass die Unternehmen ein bestimmtes Rating („BBB Minus“) nicht | |
unterschreiten. | |
Wohl gemerkt, an dem ganzen Quantitative Easing gibt es eine Menge | |
berechtigter Kritik: Es [8][bläht die Märkte auf], verringert Zinsen aufs | |
Sparbuch, lässt Wohnungspreise explodieren – und viele meckern, warum die | |
EZB Anleihen von Unternehmen kauft, die Öko-Schweinereien machen. Wie eben | |
jetzt Bayer. | |
## Geld aus dem Nichts | |
Auf gar keinen Fall handelt es sich bei den Bundesbank-Krediten aber um | |
Steuergelder. Wenn die Bundesbank die Anleihen kauft, erschafft sie Geld | |
aus dem Nichts. Klick. Was Zentralbanken halt so machen. Die | |
Steuerzahlenden investieren dabei keinen müden Cent in Bayer. Sollte der | |
Konzern wegen der vielen Klagen gegen Monsanto pleitegehen und die Schulden | |
nicht tilgen können, dann würde lediglich der Gewinn der Bundesbank etwas | |
kleiner ausfallen, den sie jedes Jahr ans Finanzministerium überweist. | |
Sollte Bayer nicht pleitegehen, verdient der Finanzminister an den Zinsen. | |
Kommen wir zum letzten Punkt: Wie viel Anleihen zum Monsanto-Kauf hat die | |
Bundesbank Bayer abgekauft? Dazu gibt es von der Bundesbank nur Angaben im | |
Hintergrund. Maximal 3,5 Milliarden Euro wären nach den EZB-Regeln möglich | |
gewesen. Bayer sagt, es handle sich nur um einen kleinen Bruchteil der | |
möglichen 3,5 Milliarden. Das muss man nicht glauben, ist aber plausibel: | |
Die Nachfrage nach den Anleihen zur Finanzierung des Monsanto-Deals waren | |
sowohl in den USA als auch in Europa viermal so hoch wie das Angebot. | |
Entscheidend ist: Auch ohne Bundesbank hätte Bayer 20 Milliarden Euro in | |
Europa und 60 Milliarden Dollar in den USA einsammeln können. Das zeigt vor | |
allem, dass Anleger manchmal ziemlich unvorsichtig sind: Bisher ist der | |
Kauf von Monsanto für Bayer ein finanzielles Fiasko. Verluste machen die | |
Käufer der Anleihen freilich nur, wenn Bayer an dem Deal pleitegeht. | |
26 Jun 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Kurssturz-nach-US-Urteil/!5524782 | |
[2] https://www.heise.de/tp/features/Kauf-von-Monsanto-mit-Steuergeldern-finanz… | |
[3] /Kommentar-Monsanto-Uebernahme/!5491901 | |
[4] /Glyphosat-Studien-und-Krebs/!5542638 | |
[5] https://www.investor.bayer.de/en/nc/news/investor-news/investor-news/bayer-… | |
[6] https://www.bunte.de/meldungen/jens-weidmann-bundesbanker-macht-den-deutsch… | |
[7] https://www.ecb.europa.eu/mopo/implement/omt/html/index.en.html#cspp | |
[8] /G20-und-die-Banken/!5423436 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Bayer AG | |
Schwerpunkt Bayer AG | |
Schwerpunkt Monsanto | |
Bundesbank | |
Schwerpunkt Monsanto | |
Schwerpunkt Glyphosat | |
Australien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Schwarze Liste von Monsanto: 600 Freunde und Feinde | |
Monsanto sammelte Befürworter und Gegner des Pestizids Glyphosat auf einer | |
Liste. Nun beziffert die Firma erstmals, wie viele draufstehen. | |
PR-Offensive von Bayer: Gib mir mehr Likes | |
Der Pharma- und Agrarchemiekonzern startet eine PR-Offensive. Doch außer | |
Aufbesserung des Images beinhalten die Ankündigungen wenig Konkretes. | |
Krebskranker Gärtner aus Melbourne: Erster Australier klagt gegen Bayer | |
Die Übernahme von Monsanto wird immer bedrohlicher für Bayer: Nun klagt | |
auch ein Australier wegen des Unkrautvernichtungs-Wirkstoffs Glyphosat. |