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# taz.de -- WM-Kolumne Gilet jaune: Hilfe, mein Leben gehört der Fifa!
> Wer den Simultandolmetscher hören will, muss sich eine Dolmetsch-App der
> Fifa herunterladen. Das ist praktisch, hat aber Nebenwirkungen.
Bild: Die Fifa weiß eben Bescheid
Gestern habe ich nicht viel gesprochen. Was sagt man schon, wenn man allein
unterwegs ist? Guten Tag! Bitte! Danke! Eine Equipe, bitte! Auf
Wiedersehen! Doch, mittags habe ich mir noch ein halbes Hühnchen bestellt
in einem Restaurant in Le Havre mit dem klingenden Namen „Der König der
Fritten“. Ketchup dazu. Nichts verdächtiges. Nichts, was meine Freunde von
der Fifa im Zweifel gegen mich verwenden könnten. Und heute? Kann ich bitte
eine Rechnung haben? Danke! Auf Wiedersehen! Ich fühle mich beobachtet. Die
Fifa hat sich in mein Smartphone geschlichen. Sie ist immer bei mir. Und
ich bin selbst schuld. Ich habe sie heruntergeladen.
Was blieb mir auch anderes übrig. Ich kann kein Schwedisch. Und wer den
Simultandolmetscher hören will, muss sich eine Dolmetsch-App der Fifa
herunterladen, über die dann die Übersetzung auf dem Smartphone ausgespielt
wird. Das ist eigentlich ganz praktisch, hat aber Nebenwirkungen. Ich kann
den Ton auf meinem Handy nicht mehr ganz herunterregeln.
Was soll das? Außerdem habe ich mit dem Herunterladen zugestimmt, dass die
App auf Kamera und Mikrofon zugreifen kann. Warum? Ich will den Dolmetscher
doch nicht filmen. Das geht auch gar nicht, weil er in seiner Kabine gar
nicht zu sehen ist. Den Ton würde ich vielleicht gerne aufnehmen, aber das
sieht die App leider nicht vor. Ich kann auch nicht mit der App
interagieren. Hey Fifa, würdest du mich bitte für das Spiel Deutschland
gegen Schweden am Samstag akkreditieren. Nichts. Hey, Fifa, schalt doch das
Mikro in deiner App aus! Geht natürlich auch nicht.
Wenn ich es selbst nicht anders einstelle, läuft die App immer im
Hintergrund. Nach ein paar Tagen hatte ich herausgefunden, wie man der App
die Berechtigung entzieht, auf das Mikro und die Kamera zuzugreifen. Aber
da sind noch andere Berechtigungen, die ich der Fifa mit dem Download
offenbar erteilt habe. Das ist zum Beispiel die Geschichte mit den
Audioeinstellungen. Zur Erklärung heißt es: „Ermöglicht der App, globale
Audio-Einstellungen, etwa die Lautstärke und den Lautsprecher und die
Ausgabe.“ Aha, deswegen kann ich den Ton nicht mehr ganz runterregulieren.
## Ist das etwas Schlimmes?
Es gibt auch eine Berechtigung, die der App „erlaubt, Vordergrunddienste
auszuführen“. Ist das etwas Schlimmes? So schlimm wie das mit den
„Netzwerk-Sockets“, die die Anwendung erstellen kann? Ich fühle mich
gehackt. Mein Leben wird wohl bald geleakt werden. Dann weiß alle Welt, in
welch schrecklichen Imbissen ich schreckliche Gerichte esse. Hilfe, mein
Leben gehört der Fifa! Ich will es zurück.
Die Dolmetsch-App kommt aus dem Hause Google, wie ich den
Programm-Informationen entnehme. Da wundert mich nichts mehr. Das sind ja
auch so Schweine. Egal. Ich habe jetzt eh keine Zeit, mich aufzuregen. Ich
muss zum Bahnhof. Wie ich da hinkomme? Ganz einfach. Mal schnell bei Google
Maps nachsehen.
26 Jun 2019
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Fifa
Frauen-WM 2019
Google
Smartphone
Fußball
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B-Note
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