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# taz.de -- Kurdische Gebiete werden überschwemmt: Letzte Proteste gegen Ilıs…
> Der umstrittene Staudamm am Tigris geht nächste Woche in Betrieb.
> Menschen wollen dagegen weltweit auf die Straße gehen.
Bild: Die historische Stadt Hasankeyf soll fast vollständig im Stausee verschw…
In der kommenden Woche soll es soweit sein. Nach jahrelangen Protesten und
Verzögerungen will die türkische Regierung am 10. Juni beginnen, das Wasser
hinter einem der größten Staudämme des Landes, dem [1][Ilısu-Damm am
Tigris], aufzustauen. Das Projekt war wegen der massiven Umweltzerstörung
von Beginn an hoch umstritten.Bis zum letzten Moment will ein breites
Bündnis aus Umweltinitiativen in der Türkei und aus dem Irak mit
Unterstützung etlicher Organisationen in Europa versuchen, das Projekt noch
zu stoppen. Mit Demonstrationen und Veranstaltungen an 37 Orten weltweit am
7. und 8. Juni soll versucht werden, die türkische Regierung doch noch
davon abzuhalten, den Damm in Betrieb zu nehmen.
Laut Angaben der Ilısu-Kampagne werden 80.000 Menschen Haus und Hof
verlieren, wenn durch den Staudamm Hunderte Dörfer im Tigris-Tal unter dem
Wasser verschwinden werden. Dazu kommt, dass eine der ältesten menschlichen
Siedlungen in Mesopotamien, Hasankeyf, ebenfalls in den Fluten untergehen
wird.
Dieser Ort an einer Furt des Tigris ist seit dem Neolithikum bewohnt, also
seit mindestens 8.000 Jahren. Einige historische Artefakte wurden zwar
aufwendig in ein neues Museumsdorf versetzt, doch die archäologische
Erforschung ist längst nicht abgeschlossen.
## Europäische Banken zogen sich aus der Finanzierung zurück
Außerdem wird der Staudamm die Wasserversorgung des Irak am Unterlauf des
Tigris gefährden. Zwar hat die türkische Regierung dem Irak eine gewisse
Durchlaufmenge zugesagt, doch mindestens in den kommenden Jahren, während
der Damm angestaut wird, wird der Irak weniger Wasser haben. Außerdem
bleibt der Staudamm ein Druckmittel in Konflikten.
Weil für den Ilısu-Staudamm keine ausreichende
Umweltverträglichkeitsprüfung vorgenommen wurde, haben nach massiven
Protesten europäische Banken aus Deutschland, der Schweiz und Österreich
bereits vor Jahren ihre Kreditzusagen für das Projekt zurückgezogen, und es
wurden auch keine staatlichen Bürgschaften für europäische Baukonzerne
bereitgestellt. Mit Unterstützung asiatischer Banken wurde der Damm dennoch
gebaut.
## Lokale Bevölkerung profitiert nicht
Die türkische Regierung hat für die Bewohner von Hasankeyf und anderer
Dörfer an höher gelegenen Plätzen neue Häuser bauen lassen, die jetzt
bezogen werden sollen. Oft übersteigt die erwartete finanzielle Beteiligung
der Bewohner allerdings deren Möglichkeiten. Außerdem sind die neuen Orte
für Landwirtschaft meistens weniger geeignet, sodass viele Dorfbewohner in
den Slums der umliegenden Städte landen werden.
Für die türkische Regierung ist der Damm vor allem für die Stromproduktion
wichtig. Die zumeist kurdischen Bewohner der Region sehen in dem Damm
deshalb ein Projekt der Zentralregierung, durch das ihre Kultur und ihre
Lebensgrundlage zerstört werden, ohne dass die Region selbst davon
profitiert.
Erfahrungen von anderen bereits gebauten Staudämmen am Euphrat zeigen,
dass die Versprechungen, mit dem gewonnenen Wasser aus dem Staudamm große
Bewässerungsprojekte für die Landwirtschaft anzulegen, entweder nicht
erfüllt wurden oder vor allem Großgrundbesitzern zugutekamen.
6 Jun 2019
## LINKS
[1] /Der-Irak-trocknet-aus/!5531244
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
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Türkei
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