# taz.de -- Politische Krise in Israel: Knesset debattiert ihre Auflösung | |
> Noch heute will Israels Parlament über seine Auflösung entscheiden. Das | |
> würde Netanjahu Zeit geben. Doch seine Zukunft ist weiter ungewiss. | |
Bild: Kann sich Netanjahu halten? Oder wird jemand anderes mit der Regierungsbi… | |
TEL AVIV dpa | Israel steht möglicherweise vor der zweiten vorgezogenen | |
Parlamentswahl innerhalb eines halben Jahres. Weil die | |
Koalitionsverhandlungen nicht zum Erfolg führen, will das Parlament in | |
Jerusalem noch an diesem Mittwoch abschließend über seine Auflösung | |
abstimmen. Außerdem solle ein Datum für die Wahl festgelegt werden, sagte | |
ein Sprecherin der Knesset. | |
Die Debatte begann gegen Mittag. Regierungschef Benjamin Netanjahu hat aber | |
noch bis Mitternacht Ortszeit Zeit, seine Koalitionsverhandlungen | |
abzuschließen. Es werde insgesamt zwei Abstimmungen geben, sagte die | |
Knessetsprecherin. Das Thema sei bis Mitternacht angesetzt. | |
Das Parlament hatte Anfang der Woche bereits zwei Mal mehrheitlich [1][für | |
seine Auflösung gestimmt]. Als Wahldatum wurde zunächst der 17. September | |
angestrebt. | |
Israel hatte am 9. April vorzeitig sein Parlament gewählt. Netanjahus | |
rechtskonservativer Likud erhielt 35 von 120 Sitzen, genau so viele wie das | |
Oppositionsbündnis der Mitte des Ex-Militärchefs [2][Benny Gantz, | |
Blau-Weiß]. Insgesamt hat das Lager rechter und religiöser Parteien eine | |
Mehrheit. Jedoch streiten mögliche Koalitionspartner des Likuds vor allem | |
über ein Gesetz, das schrittweise mehr strengreligiöse Männer zum | |
Wehrdienst verpflichten soll. | |
## Lieberman bleibt hart | |
Für den Fall, dass es Netanjahu nicht gelingt, eine Regierung zu bilden, | |
hatte ein Mitglied seiner Likud-Partei den Antrag auf Auflösung des | |
Parlaments gestellt. Damit soll verhindert werden, dass nach dem Scheitern | |
der Verhandlungen wie sonst üblich Präsident Reuven Rivlin einen anderen | |
Politiker mit der Regierungsbildung beauftragt. | |
Netanjahu hat immer wieder an die Konfliktparteien appelliert, sich zu | |
einigen – vor allem an den ultra-rechten Ex-Verteidigungsminister Avigdor | |
Lieberman. „Es gibt keinen Grund, Milliarden zu verschwenden, es gibt | |
keinen Grund, das zu tun, wenn die Lösung auf der Hand liegt“, sagte | |
Netanjahu am Montag im Parlament. Laut Finanzministerium würden Neuwahlen | |
umgerechnet rund 117 Millionen Euro kosten. | |
Lieberman betonte allerdings, das Gesetz habe Symbolcharakter, und betonte, | |
er werde in dem Streit nicht nachgeben. Er lehne einen religiösen Staat ab. | |
Lieberman pocht darauf, dass sich strengreligiöse Juden stärker an den | |
Kosten und Pflichten des Allgemeinwesens beteiligen. | |
Ohne die fünf Sitze von Liebermans Partei Israel Beitenu hätte Netanjahu | |
keine Mehrheit. Auch seine strengreligiösen Koalitionspartner waren bisher | |
nicht zum Nachgeben bereit. | |
## Trump mischt mit | |
Die israelische Nachrichtenseite Maariv berichtete, israelische | |
Politikvertreter hätten sich mit der Bitte an die USA gewandt, US-Präsident | |
Donald Trump möge Druck auf Lieberman ausüben. Trump wünschte am Montag auf | |
Twitter, dass die Regierungsbildung noch erfolgreich verlaufen werde. | |
„Hoffe, (…) Bibi und ich können weiter die Allianz zwischen Israel und | |
Amerika stärker als jemals zuvor machen“, schrieb Trump. Ein | |
Oppositionspolitiker kritisierte die Aussage laut dem israelischen | |
Fernsehen als Einmischung in die Innenpolitik des Landes. | |
Trumps Schwiegersohn und Berater Jared Kushner sowie US-Unterhändler Jason | |
Greenblatt werden an diesem Donnerstag in Jerusalem erwartet, wie die | |
israelische Zeitung „Haaretz“ berichtete. Sie wollen demnach um | |
Unterstützung für den lange erwarteten US-Friedensplan für den Konflikt | |
zwischen Israel und den Palästinensern werben. | |
Ende Juni soll als erster Teil des Plans eine Konferenz für wirtschaftliche | |
Investitionen in den Palästinensergebieten in Bahrain stattfinden. Die | |
Präsentation des lange erwarteten Friedensplans könnte bei einer erneuten | |
Wahl in Israel allerdings wieder verschoben werden. | |
29 May 2019 | |
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