# taz.de -- Fusion Fiat-Chrysler und Renault: Autohochzeit abgeblasen | |
> Fiat-Chrysler zieht seine Fusionsofferte an Renault überraschend zurück. | |
> Frankreichs Regierung träumt dennoch weiter vom Riesenkonzern. | |
Bild: Fusion abgeblasen: Logos von Renault und Fiat | |
Paris taz | Es kommt nun nicht zur Autohochzeit zwischen Fiat-Chrysler | |
(FCA) und Renault. Der von der Familie Agnelli kontrollierte | |
italienisch-amerikanische Konzern FCA hat das Angebot einer | |
50/50-Partnerschaft bereits im Vorstadium der Verhandlungen abgebrochen. | |
Als Begründung erklärte FCA am Donnerstagvormittag: „Die politischen | |
Bedingungen waren gegenwärtig nicht erfüllt.“ | |
FCA hatte in der vergangenen Woche sein Ansinnen öffentlich gemacht, sich | |
mit Renault zusammenzuschließen. Die Unternehmen hätten gemeinsam zum | |
weltweit drittgrößten Autohersteller aufsteigen und die Marktführer | |
Volkswagen und Toyota herausfordern können. Fiat Chrysler hatte | |
vorgeschlagen, dass beide Unternehmensgruppen – also FCA und Renault – je | |
die Hälfte an der neuen Gesellschaft halten. Zusammen würden sie auf 8,7 | |
Millionen Fahrzeuge im Jahr kommen. | |
Im Klartext weist die Absage von FCA auf den Ärger über gleich mehrere | |
Aspekte der möglichen Fusion hin. Dabei ging es um die Einwände von | |
Aktionären und Gewerkschaften, vor allem aber um staatliche | |
Garantieforderungen in Frankreich sowie um die Skepsis von Nissan, des | |
japanischen Partners von Renault. Wie immer, wenn in der Industrie eine | |
angekündigte Verlobung platzt, hat die Börse negativ reagiert: In Mailand | |
verloren die Aktien von Fiat-Chrysler zu Börsenbeginn vier Prozent, Renault | |
sogar sieben Prozent. | |
In Frankreich war man ohnehin ein wenig überrumpelt von der Offerte gewesen | |
– und zugleich irritiert über das Drängen von FCA. Eine lediglich | |
zweiwöchige Frist zum Abschluss der Verhandlungen klang doch sehr nach | |
einem Diktat der Bedingungen. | |
## Staat Hauptaktionär bei Renault | |
Das war nicht nach dem Geschmack der Renault-Inhaber, die am Dienstag und | |
erneut am Mittwoch über die Fusion berieten und zuletzt einen Aufschub | |
verlangten, um in Ruhe und Abwägung aller Vor- und Nachteile eine | |
Entscheidung zu fällen. Der französische Staat ist mit 15,1 Prozent | |
Kapitalanteil immer noch Hauptaktionär bei Renault, seine beiden Vertreter | |
im Verwaltungsrat äußerten sich wie Nissan besorgt über die noch unklaren | |
Konsequenzen. Noch ablehnender war die Haltung der CGT-Gewerkschaft. | |
Die französische Regierung forderte im Hinblick auf mögliche Synergien bei | |
einer Fusion die Respektierung eines Kräftegleichgewichts – und vor allem | |
Garantien für die Beschäftigung und die Beibehaltung der Standorte in | |
Frankreich. Außerdem sollte sich FCA verpflichten, mit Renault am | |
deutsch-französischen Projekt für Batterien teilzunehmen. | |
Und zuletzt wurde auch die Zustimmung von Nissan als Bedingung erwähnt. | |
Dass FCA nun so abrupt und fast mit beleidigter Miene die | |
Fusionsverhandlungen für beendet erklärt hat, bestätigt in Frankreich den | |
Verdacht, dass weder die Ausgangslage noch die Absichten von FCA für eine | |
ausgewogene Partnerschaft ganz lauter waren. | |
Wie attraktiv ist denn FCA überhaupt? „Die Automarken Dodge, Chrysler, Fiat | |
und Alfa Romero sind ins Hintertreffen geraten, während bei Renault die | |
Fundamente solide sind. Die beiden einzigen ‚Milchkühe‘ von FCA sind Jeep | |
und RAM-Trucks“, argumentiert das Wirtschaftsblatt „Les Echos“. Zudem habe | |
FCA viel weniger in Forschung und Entwicklung investiert als Renault, | |
deshalb sei der aktuelle Börsenwert allein keine gute Grundlage für die | |
Bewertung der beiden Gruppen. | |
Die Regierung hofft trotzdem auf eine zweite Chance. Der französische | |
Wirtschaftsminister Bruno Le Maire ist für ein Zusammengehen mit FCA, das | |
für ihn Sinn macht, weil Renault bei der Entwicklung von Elektroautos und | |
bei der Reduktion von Schadstoffemissionen Fortschritte machen könnte. | |
## „Nicht zu irgendwelchen Konditionen“ | |
Er versteht jedoch weiter die Eile von FCA nicht. „Es handelt sich um eine | |
großangelegte Operation, deren Ziel es wäre, den Weltmeister der | |
Automobilindustrie zu schaffen“, sagt Le Maire. Dabei dürfe man jedoch | |
nichts überstürzen. „Wir wollen, dass diese Fusion gelingt, aber nicht zu | |
irgendwelchen Konditionen“, betont der Minister. Und kündigt an, Ende der | |
Woche bei seinem Besuch in Japan mit Nissan die Diskussionen fortzusetzen. | |
Renault besitzt 43 Prozent der Nissan-Aktien. Das Vertrauen in die Allianz | |
ist im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen Ex-Boss Carlos [1][Ghosn] | |
bereits ziemlich erschüttert. Vor einer Flucht nach vorn mit einer noch | |
komplizierteren Fusion mit FCA dürfte es für Renault die Priorität sein, | |
die gemeinsamen Vorhaben mit dem bisherigen Partner in Japan zu | |
verwirklichen. | |
7 Jun 2019 | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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