# taz.de -- Urteil zu Krankenhaus-Serienmörder: Lebenslang für Niels Högel | |
> Das Gericht verurteilt den Ex-Krankenpfleger wegen Mordes zu lebenslanger | |
> Haft. Es konnte ihm aber nicht alle angeklagten Taten nachweisen. | |
Bild: Nirls Högel am Donnerstag im Gericht | |
Oldenburg taz | Nach mehr als sieben Monaten und 24 Verhandlungstagen hat | |
das Oldenburger Landgericht das Urteil gegen den [1][ehemaligen | |
Krankenpfleger Niels Högel] gesprochen. Er wurde wegen 85-fachen Mordes zu | |
einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Darüber hinaus stellte das | |
Gericht die besondere Schwere der Schuld fest, was eine vorzeitige | |
Haftentlassung nach 15 Jahren in der Praxis so gut wie ausschließt. Zudem | |
verhängte das Gericht ein lebenslanges Berufsverbot. | |
Högel war des einhundertfachen Mordes angeklagt. Er hat ihm anvertrauten | |
Patient*innen nicht angeordnete Kreislaufmedikamente gespritzt, um sich bei | |
den anschließenden Reanimationen zu profilieren. Die Taten beging er im | |
Zeitraum zwischen 2000 und 2005 im Klinikum Oldenburg und in Delmenhorst. | |
„Ihre Taten sind unbeschreiblich“, sagte Richter Sebastian Bührmann zu | |
Högel. „Es sind so viele, dass der menschliche Verstand kapituliert vor der | |
Anzahl der Taten.“ Als er mit Högel in dessen Vernehmung jede einzelne Tat | |
durchging, sei er sich wie ein Buchhalter des Todes vorgekommen, so | |
Bührmann. Unbegreiflich sei das Wort, das das Verfahren geprägt habe. | |
Högels Schuld sei „unfassbar“. | |
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Verurteilung wegen 97-fachen Mordes | |
gefordert, die Verteidigung hatte in 55 Fällen auf Mord, in 14 Fällen auf | |
versuchten Mord plädiert und in 31 Fällen auf Freispruch. Das Gericht sah | |
schließlich 85 Morde als erwiesen an. Högel selbst hatte 43 Taten | |
gestanden. Für die Verurteilung waren die Gutachten der medizinischen | |
Sachverständigen für das Gericht von besonderer Bedeutung. In 15 Fällen | |
seien die jedoch nicht eindeutig genug für eine Verurteilung gewesen, | |
erklärte Richter Bührmann. Im Zweifel müsse dann für den Angeklagten | |
entschieden werden. | |
Bei keinem dieser 15 Verstorbenen könne das Gericht aber eindeutig sagen, | |
dass Högel ihn oder sie nicht tötete. Bührmann machte deutlich, die | |
Angehörigen dieser Menschen zu enttäuschen, sei nicht leicht. „Herr Högel | |
hat ihre Würde und die ihres Verstorbenen mit Füßen getreten“, sagte er in | |
Richtung der Nebenkläger*innen. Emotionale Beweggründe dürften aber nicht | |
die Rechtsprechung beeinflussen. | |
Bührmann übte in seiner Urteilsbegründung erneut Kritik am Aussageverhalten | |
einiger Klinikmitarbeiter*innen aus Oldenburg. „Es gab Unwillen und es gab | |
auch Vertuschung“, sagte er. Gegen einige wird jetzt wegen Meineids | |
ermittelt, gegen andere wegen Totschlags durch Unterlassen. Auch der | |
Auftritt des Geschäftsführers des Klinikums Oldenburg, Dirk Tenzer, sei | |
„unglücklich“ gewesen, so Bührmann. Er habe nicht plausibel erklären | |
können, warum er wichtige Unterlagen erst mit jahrelanger Verzögerung der | |
Staatsanwaltschaft aushändigte. | |
## Keine Sicherungsverwahrung | |
Niels Högel las sein letztes Wort bereits am Mittwoch vor. Er entschuldigte | |
sich darin bei den Angehörigen der Opfer, seinen Kolleg*innen und seiner | |
Familie für seine „unfassbaren Taten“. Er habe den Prozess nicht nutzen | |
wollen, um in einem besseren Licht dazustehen. „Reue und Scham sind meine | |
Begleiter“, sagte Högel. Das Urteil nahm er ruhig hin. | |
Eine Sicherungsverwahrung ordnete das Gericht nicht an. Die rechtlichen | |
Voraussetzungen dafür sind kompliziert. Die Anordnung würde nicht dafür | |
sorgen, dass Högel länger in Haft bleibt, erklärte Richter Bührmann. Högel | |
wird erst entlassen werden, wenn ein Gutachter feststellt, dass er für die | |
Allgemeinheit nicht mehr gefährlich ist. Weil er nachweislich mehrfach | |
gelogen hat, habe sich seine Perspektive verschlechtert, sagte Bührmann zu | |
Högel. „Lebenslang kann auch ein Leben lang bedeuten.“ Das Urteil ist noch | |
nicht rechtskräftig. | |
6 Jun 2019 | |
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## AUTOREN | |
Marthe Ruddat | |
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