# taz.de -- Rennen um die Deutsche Meisterschaft: Nervöse Aspiranten | |
> Dank des Punktverlusts der Bayern ist der BVB plötzlich wieder im | |
> Titelrennen. Aber wie ein Meister sieht das Team nicht aus. | |
Bild: Lucien Favre beim Spiel Borussia Dortmund gegen Fortuna Düsseldorf | |
Hans-Joachim Watzke lag viel daran, dass selbst unter den eher | |
schwerfälligen Zuhörern draußen in der Fußballnation niemand seine | |
Botschaft zum großen Saisonfinale verpassen möge. „Ich glaube nicht, dass | |
irgendein Spieler oder irgendeiner bei Borussia Dortmund noch Druck | |
empfindet“, verkündete der Geschäftsführer des BVB mit einer Schärfe in d… | |
Stimme, mit der er normalerweise nur Zurechtweisungen bei allzu | |
übergriffigen Fragen einfärbt. | |
Zuvor hatte er schon erklärt, dass aller Druck „jetzt nach Süden“ gewande… | |
sei, „dass die Bayern alles verlieren“, Borussia Dortmund hingegen „alles | |
gewinnen“ könne. Watzke war nach dem knappen 3:2-Sieg gegen Fortuna | |
Düsseldorf eigens auf der Pressekonferenz erschienen mit einem klar | |
erkennbaren Plan: Die Dortmunder wollten im Ringen um die mentalen | |
Voraussetzungen, unter denen der Showdown um die deutsche Meisterschaft am | |
kommenden Wochenende stattfindet, ein erstes klares Signal zu setzen. | |
Kritiker können nun anmerken, Watzkes Vorstoß wirke ein wenig verzweifelt | |
angesichts der psychischen Verfassung seines Teams, denn die Münchner gehen | |
nicht nur als Tabellenführer mit zwei Punkten Vorsprung in diese letzte | |
Runde, sondern auch als Mannschaft, die insgesamt deutlich stabiler und | |
souveräner wirkt. Der BVB spielte hingegen auch am Samstag flatterhaft und | |
am Ende hypernervös, meisterlich war dieser Auftritt nicht einmal in den | |
besseren Momenten. Das hatte einerseits mit den Vorgaben von Lucien Favre | |
zu tun, der sein Team mit dem Plan in die Partie geschickt hatte, geduldig | |
zu spielen, um den Düsseldorfern möglichst wenige ihrer gefährlichen Konter | |
zu ermöglichen, und „Geduld ist nicht immer attraktiv“, erläuterte der | |
Trainer. Andererseits müsse das Team jedoch „aufpassen, dass Geduld nicht | |
mit Langsamkeit verwechselt wird“, merkte Sebastian Kehl, der Leiter der | |
Lizenzspielerabteilung, an. Seit Wochen kostet es die Dortmunder sehr viel | |
Mühe, eine gesunde Mischung zwischen diesen Polen zu finden. Vor allem aber | |
zeigte sich nicht zum ersten Mal in dieser Saison eine mentale | |
Zerbrechlichkeit, die eher zum Abstiegskampf als zum Titelrennen passt. | |
Nachdem der derzeit verletzte Roman Bürki eine Woche zuvor in Bremen mit | |
einem fatalen Torwartfehler zum Verlust von zwei wichtigen Punkten | |
beigetragen hatte, unterlief nun Ersatzkeeper Marvin Hitz ein noch | |
gruseligerer Torwartfehler zum 1:1. Und die finalen Minuten, die der BVB | |
bei einer 3:1-Führung und in Überzahl (Adam Bodzek hatte Rot gesehen, 82.) | |
locker hätte zu Ende spielen können, wurden zu einem neuerlichen Ausflug in | |
die Abgründe der schwarz-gelben Ängste. „Nervenaufreibend“ fand Kehl diese | |
Phase des Kontrollverlustes, und Favre sagte: „Der Druck ist da, man spürt | |
das. Wir sollten unbedingt gewinnen, und die sieben letzten Minuten waren | |
nicht einfach.“ | |
Statt ein Zeichen der Stärke nach München zu senden, offenbarten Dortmunder | |
erneut, wie sehr sie die Extremsituation eines solch engen Meisterrennens | |
emotional mitnimmt. Vor diesem Hintergrund kann Watzkes Versuch, allen | |
Druck von der Dortmunder Mannschaft und ihrem Trainer zu nehmen, auch als | |
Akt der Verzweiflung betrachtet werden. Alle Ziele seien bereits erreicht, | |
hob der Klubchef hervor, „wir haben schon 18 Punkte mehr als letztes Jahr, | |
man kann dem Trainer und seinem Team nur gratulieren“. | |
Die Profis des BVB und ihr mitunter zur Hysterie neigender Trainer sollen | |
mit Freude und Leichtigkeit in das Saisonfinale gehen, völlig unklar ist, | |
ob ihnen das gelingt. Immerhin ist Kapitän Marco Reus wieder | |
spielberechtigt, und dennoch bleibt es nach diesem vorletzten Spieltag | |
schwer vorstellbar, dass eine derart schwankende Mannschaft deutscher | |
Meister wird. Wahrscheinlicher ist, dass sich am kommenden Wochenende noch | |
einmal der ganze schwarz-gelbe Nervenhorror zeigt, erst recht, wenn die | |
Bayern tatsächlich irgendwann gegen Eintracht Frankfurt zurückliegen. Dann | |
wäre es plötzlich doch wieder der BVB, der richtig viel verlieren kann, | |
wobei Kehl hofft, dass auch die Bayern Probleme mit ihren Nerven bekommen | |
werden: „Ich glaube, dass die Bayern in den letzten Wochen auch nicht so | |
souverän und so routiniert aufgetreten sind. Und wenn es ein kleines Wanken | |
gibt, dann wollen wir das nutzen.“ | |
12 May 2019 | |
## AUTOREN | |
Daniel Theweleit | |
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