# taz.de -- Kommentar „FR“ zur Israelwahl: Der ewige Antisemitismus | |
> Eine Überschrift in der „Frankfurter Rundschau“ erinnert an | |
> NS-Propaganda. Die Chefredaktion entschuldigt sich – doch das wird der | |
> Kritik nicht gerecht. | |
Bild: Die „Frankfurter Rundschau“ ließ sich zur Wahl Netanjahus offenbar v… | |
Benjamin Netanjahu [1][wird auch die neue israelische Regierung bilden] und | |
zum fünften Mal Ministerpräsident. Sein Herausforderer Benny Gantz hat | |
seine Niederlage anerkannt. Den einen gefällt das, den anderen nicht. So | |
ist das in einer Demokratie, und in Israel gab es im Gegensatz zu seinen | |
Nachbarländern freie und demokratische Wahlen. Der Frankfurter Rundschau | |
fiel zur Wahl die Schlagzeile „Der ewige Netanjahu“ ein. So wurde ein | |
Leitartikel ihrer langjährigen Israelkorrespondentin Inge Günther betitelt. | |
Der zuständige Redakteur ließ sich dabei offenbar unbewusst von | |
nationalsozialistischem Vokabular inspirieren. Im antisemitischen | |
Propagandafilm „Der ewige Jude“ werden Juden als gefährliche | |
„Untermenschen“ dargestellt, als parasitär, kultur-, rast- und heimatlos. | |
Die Figur des „ewigen Juden“ ist schon viel älter, erhielt in der Moderne | |
die genannten antisemitischen Züge. Eine Politikredaktion muss das wissen. | |
Jeder abgedruckte Artikel geht durch mehrere Hände, doch niemandem fiel | |
diese offensichtliche Assoziation auf. Die Zeile landete im Blatt und | |
später als Aufmacher auf der FR-Homepage. | |
Es spielt dabei keine Rolle, ob der Bezug absichtlich hergestellt wurde | |
oder nicht. Die Wurzeln antisemitischen Denkens liegen schließlich oft im | |
Unbewussten. Das muss Journalisten bewusst sein. Eine Verbindung zwischen | |
der Politik Israels und dem Nationalsozialismus herzustellen, ist eine | |
verbreitete Figur des modernen Antisemitismus. Die nationalsozialistische | |
Judenvernichtung wird so trivialisiert und relativiert, der jüdische Staat | |
dämonisiert und delegitimiert. | |
Die Chefredaktion äußerte sich mittlerweile zur Schlagzeile, [2][die zu | |
„Der unersetzliche Netanjahu“ korrigiert wurde.] „Diese | |
Geschichtsvergessenheit bitten wir zu entschuldigen“, heißt es in einer | |
Stellungnahme. „Ganz besonders schwierig ist es, keine kontaminierten Worte | |
zu verwenden, die rassistische, sexistische oder – wie im konkreten Fall – | |
antisemitische Assoziationen wecken, Stereotype bedienen oder gar falsche | |
Inhalte transportieren.“ Was daran so schwierig sein soll, wird nicht | |
erklärt. | |
## Entmenschlichende Bildsprache | |
Alleine die Schlagzeile zu thematisieren, wird der Kritik ebenfalls nicht | |
gerecht. Denn auch Günther selbst stellt implizite Verbindungen zum | |
Nationalsozialismus her. Netanjahu sei es „mit dem Griff in die alte | |
Trickkiste“ gelungen, von den Bestechungsvorwürfen gegen ihn abzulenken. | |
„Einen kostenfreien Persilschein“ bekomme er dafür von seinen „Partnern … | |
ultrarechts“ nicht. In der Entnazifizierung wurde der Begriff | |
„Persilschein“ für die Entlastung von nationalsozialistischen Straftätern | |
verwendet. | |
Netanjahus Partei habe „gewaltigen Appetit, sich besetzte Gebiete | |
einzuverleiben“, heißt es in Günthers Kommentar weiter. Zur | |
entmenschlichenden nationalsozialistischen Bildsprache, [3][die Juden als | |
Angst auslösende Heuschreckenplage] darstellte, ist es hier auch nicht mehr | |
weit. | |
11 Apr 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Wahlen-in-Israel/!5587057 | |
[2] https://www.fr.de/meinung/wahlen-israel-unersetzliche-netanyahu-12179130.ht… | |
[3] https://www.juedische-allgemeine.de/politik/die-linke-und-die-heuschrecken/ | |
## AUTOREN | |
Frederik Schindler | |
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