Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wahlen in Israel: Reicht wohl nicht gantz
> Netanjahu und sein Herausforderer erhalten gleich viele Stimmen. Auf der
> Suche nach Koalitionspartnern sieht es für den Ministerpräsidenten besser
> aus.
Bild: Er ist doch nicht ganz raus: Benjamin Netanjahu winkt seinen Unterstütze…
Jerusalem taz | Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat es wieder
geschafft. Wider aller Prognosen, die seinem Gegner bei den
Parlamentswahlen einen klaren Vorsprung gaben, und trotz der ihm drohenden
[1][drei Anklagen] ging er gemeinsam mit Benny Gantz, dem Chef der Partei
Blau-Weiß durchs Ziel. „Dies ist ein unglaublicher Erfolg“, jubelte
Netanjahu noch in der Nacht zum Mittwoch. Er sei „sehr bewegt“ über die
Tatsache, dass „das Volk Israels mir ein weiteres, ein fünftes Mal das
Vertrauen ausspricht“.
Sowohl seine Partei Likud als auch die von Gantz angeführte Partei
Blau-Weiß verbuchen mit 35 Mandaten aber jeweils nur gut ein Drittel der
Stimmen für sich und sind auf Koalitionspartner angewiesen. Mit den
ultraorthodoxen Parteien auf seiner Seite hat Netanjahu zwar deutlich
[2][bessere Chancen], eine Regierungskoalition zu bilden. Das allein reicht
indes nicht für eine Mehrheit. Netanjahu ist auf die Empfehlung des
früheren Verteidigungsministers Avigdor Lieberman angewiesen, dessen
Rücktritt im November einer der Gründe für die vorgezogenen Wahlen war.
Überraschend kommt das Aus für die Partei Neue Rechte, der Partei von
Justizministerin Ajelet Schaked und Naftali Bennett. Die beiden
erfolgreichen Politiker hatten dem Obersten Gerichtshof und der Hamas den
Kampf angesagt. Auf zehn und mehr Mandate hatte die Neue Rechte gehofft,
als sie sich von der Siedlerpartei HaBajit haJehudi abspaltete. Bennett
hegte Ambitionen, Netanjahu auf kurz oder lang im höchsten Regierungsamt
abzulösen. Jetzt kann er nur noch auf die Stimmauszählung der Soldaten
hoffen. Die endgültigen Ergebnisse werden am Donnerstag erwartet.
Besonders bitter ist das Ergebnis für die Awoda, die Arbeiterpartei, die
auf nur sechs Mandate zurückfiel. Für die Partei, die 1968 vom ersten
israelischen Ministerpräsidenten David Ben-Gurion gegründet wurde, ist das
ein historisches Tief. Die Schlappe der Awoda geht zuallererst auf das
Konto von Blau-Weiß. Benny Gantz zog die Wähler der politischen Mitte zur
Stimmabgabe für Blau-Weiß mit dem Versprechen, der Ära Netanjahu ein Ende
zu machen.
## Blau-Weiß zuerst vorne, dann doch nicht
Von einem „historischen Tag“ sprach Gantz zunächst noch, nachdem die ersten
Wahltagsumfragen veröffentlicht wurden. Unmittelbar nach Schließung der
Wahllokale sah es für Blau-Weiß zunächst nach einem kleinen Vorteil
gegenüber dem Likud aus. „Wir sind die Gewinner“, stellte Gantz fest und
versprach, sich nun schnellstmöglich der Regierungsbildung zu widmen. Der
frühere Generalstabschef, der erst im Dezember mit einer neuen Partei in
die Politik zog, kann mit seinem Blitzstart von 0 auf 35 Mandate einen
beachtlichen Senkrechtstart verbuchen.
Enttäuschend dennoch ist für ihn, dass die Wahl schlussendlich ohne
Vorsprung von Blau-Weiß vor dem Likud ausging, wie es Umfragen über Wochen
signalisiert hatten. Noch in der Nacht nahm Gantz Kontakt zu der orthodoxen
Partei Schass auf, um die Möglichkeiten eines Zusammengehens zu prüfen. Er
bekam eine glatte Absage. Mit der Partei Blau-Weiß, die ein strikt
weltliches Programm verfolgt, darunter Wehrdienst für alle, öffentlichen
Verkehr am Sabbat und gleiche Rechte für LGBT, finden die frommen Politiker
keinen gemeinsamen Weg.
Ungewiss bleibt, ob Netanjahu noch einmal für ganze vier Jahre das Land
regieren wird. Oberstaatsanwalt Avichai Mandelblit empfahl in drei Fällen
wegen [3][Bestechlichkeit, Betrugs und Untreue] Anklagen gegen den
Regierungschef. Zuvor muss es jedoch eine Anhörung geben. Dann, so kündigte
Netanjahu an, würden sich „die Vorwürfe in Luft auflösen“. Drei Monate
bleiben ihm und seinen Anwälten, um sich anhand des polizeilichen
Untersuchungsmaterials auf die Mitte Juli zu erwartenden Anhörungen
vorzubereiten. Der einzige Weg, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen,
wäre eine Gesetzreform. Ein Entwurf für das sogenannte französische Gesetz
liegt bereits vor. Es würde dem Regierungschef Immunität verschaffen. Nach
gültigem Recht ist nur der Staatspräsident vor einem Verfahren gefeit.
10 Apr 2019
## LINKS
[1] /Israel-vor-der-Wahl/!5577170
[2] /Schmutz-Wahlkampf-in-Israel/!5583842
[3] /Korruptionsvorwuerfe-gegen-Netanjahu/!5564260
## AUTOREN
Susanne Knaul
## TAGS
Israel
Benjamin Netanjahu
Benny Gantz
Wahlen
Schwerpunkt Coronavirus
Benny Gantz
Israel
Benny Gantz
Israel
Israel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Korruptionsskandal in Israel: Corona stärkt Netanjahu
Die Beschränkung des öffentlichen Lebens infolge des Virus verschiebt den
Korruptionsprozess von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.
Wahlerfolg für Netanjahu in Israel: Große Koalition der Betonköpfe
Benjamin Netanjahu kann in Israel wohl weiter regieren. Die Israelis in
links und rechts zu unterteilen, funktioniert nicht mehr.
Kommentar Wahl in Israel: Logischer Rechtsruck
Nach dem Wahltag sieht es aus, als könnte Netanjahu wieder die Regierung
bilden. Seine Politik hat die Israelis linke Träume vergessen lassen.
Israel wählt neues Parlament: Von Marihuana bis zum Siedlungsbau
Behauptet sich Netanjahu? Oder löst Herausforderer Gantz ihn als
Regierungschef Israels ab? Kleine Parteien ringen um den Einzug in die
Knesset.
Schmutz-Wahlkampf in Israel: Gantz oder gar nicht
Israels Premier Netanjahu liegt laut Umfragen hinter Herausforderer Gantz.
Doch dass der Regierungschef abgelöst wird, ist unwahrscheinlich.
Parlamentswahlen in Israel: Links steht nicht zur Wahl
In Israel wird am Dienstag ein neues Parlament gewählt. Die Liste Blau-Weiß
von Quereinsteiger Benny Gantz ist keine echte Alternative.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.