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# taz.de -- Die Wahrheit: Nackte Kokeljockel
> Wer nichts kann, wird Feuerwehrmann! Warum sind Feuerwehrmänner solche
> Komplettversager? Eine dringend notwendige Brandrede.
Bild: Wer hat denn angefangen mit dem scheiß heißen Feuer?
Der Volksmund lügt nicht: Wer nichts wird, wird Wirt! Wer nichts kann, wird
Feuerwehrmann! Nichts muss man wissen, keine Sekunde in der Schule
aufgepasst haben, nichts Vernünftiges gelernt, um Feuerwehrmann werden zu
können. Ein paar Muskeln zum Schlauchstemmen, ein paar Augen zum Entdecken
von etwas, das kilometerweit den Himmel vernebelt, Ohren zum Hören der
Alarmbimmel und eine kindische Begeisterung für Uniformen und
Rutschstangen, viel mehr braucht es nicht. Vielleicht noch eine Schuhgröße,
die die Stiefelbeschaffung nicht zu kompliziert macht. Der Rest wird immer
mal wieder in ein paar Tagen eingedrillt – in den Pausen von Besäufnissen.
Und trotzdem werden die Brandbekämpfer für die ordinäre ordnungsgemäße
Durchführung ihrer Aufgaben gefeiert und bejubelt, wie es Paketboten nie
passieren würde, obwohl die sich auch in die gefährlichsten Gebäude
begeben. Feuerwehrmann ist ein so einfacher Job, dass sogar Donald Trumps
Einmischung in ihn ausnahmsweise nur dumm wirkt, statt wie bei allem
anderen saudumm. Eine so inferiore Arbeit ist es, dass man sie auch
freiwillig erledigen darf, eine, für die es also ganz offensichtlich keine
Profis braucht, sondern nur geltungssüchtige Freizeitmacker. Feuerwehrleute
sind, bei Lichte betrachtet, in etwa auf dem intellektuellen Niveau von
Schrebergartengrillern, Barbiergängern oder Slacklinern – nur nicht immer
so engagiert.
Klar, Feuerwehrmänner scheuen nicht die Gefahr, setzen sogar gelegentlich
ihr Leben aufs Spiel. Aber würden Gymnasiallehrer, Immobilienmakler und
VW-Manager nicht auch an- bis verbrennen, wenn man sie ins offene Feuer
schickte? Eine Leistung ist es sicher nicht, so blöd zu sein, in einen
scheiß heißen Brand zu rennen, statt von ihm weg. So etwas machen normale
Menschen nicht, nur Simpel, denen der Verstand abtrainiert wurde – falls je
welcher vorhanden war.
## Gaffer in Schutzklamotten
Sich in Gefahrenzonen zu begeben, möglichst nah an einen Unfall, an einen
Notfall ran zu kommen, das wird zu recht gesellschaftlich geächtet, die
Verbreitung dieser Unsitte vom Boulevard bis in die feinen Stuben beklagt.
Aber was machen Feuerwehrleute? Hin, immer hin, mitten rein, wollen sie!
Gaffer in Schutzklamotten, viel mehr sind sie nicht. Rettungsgassen-VIPs
wollen sie sein, anderen Katastrophenjunkies voraus, um ihnen Kommandos
geben zu können. Selfiejäger mit Axt, Helm und einer Affinität zu
Hydranten. Wie Hunde sie auch haben. Nein, das geht zu weit, wird Hunden
nicht gerecht.
Feuerwehrmänner sind vor allem Männer! Richtige Männer, unter die sich aus
gutem Grund kaum Frauen mischen: toxische Männlichkeit, geschützt durch die
Wichtigkeit der Aufgabe. Kerle sind es, die einen Schlauch rollen,
anschließen, werfen und halten können – und trotzdem ständig darauf stehen,
weil sie eben meist doch ein wenig bis ziemlich arg doof sind.
So doof, dass sie Kopf und Kragen riskieren für ein bisschen Anerkennung
und Ehre, aber für viel, viel zu wenig Geld. Welch zugerichteter Geist,
welch stolzer Untertan muss man sein, welch durchgekohlter Schädel, dass
man seine leicht entflammbare Haut für eine Gesellschaft hinhält, die
Investmentbanker und YouTuber reich macht, während man selbst von netten
Tweets, mitgebrachtem Kuchen auf dämlichen Feuerwehrfesten und den Erlösen
von Pin-up-Kalendern lebt?
## Karpfen an der Stange
Statt einmal die Bekämpfung von Bränden, die Feuerwehrleute ja ohnehin
allzu oft selbst legen, in gesellschaftlich relevanten Gebäuden so lange
abzuwarten, bis angemessene Bezahlung eintrifft. Aber nein, da wo bei
anderen der Verstand sitzt, wütet beim Kokeljockel der Heroismus. Und
vermutlich würde er beim nächsten Kalender lieber noch nackt mit Karpfen an
der Stange tanzen, als einmal Stunk machen. Also solchen, der nicht nur
Nachbarn nervt.
Es handelt sich um erwachsene Menschen, die sein wollen wie „Feuerwehrmann
Sam“ – eine unerträgliche Kinderfernsehfigur. Ein makelloses, vor
pädagogischem Eifer und penetranter Rechtschaffenheit strotzendes Nichts,
das jede verstandesfähige erziehungsberechtigte Person ihren Kindern nur
solange zumuten sollte, bis es noch um das Erlernen von gesellschaftlichen
und sozialen Mindeststandards wie „Halte keine Kerze an einen Vorhang“
geht, aber von ihm unbedingt fernhalten muss, wenn man keine
todlangweiligen Fassaden hervorbringen will oder gemeingefährliche
Psychopathen.
Denn wäre besagter „Feuerwehrmann Sam“ ein echter Mensch, ein derart
fehlerfreier Retter und Mahner, einwandfreier Kumpel und strahlender Held,
das Dunkel, das hinter seiner Fassade schlummerte, wäre so schwarz, man
würde seinen Nachwuchs niemals in die Nähe dieses frauen- und kinderlosen
Onkels lassen – so wie man es bei echten Feuerwehrleuten eben auch nicht
tun sollte. Sofern man seine Kinder liebt.
24 Apr 2019
## AUTOREN
Tim Wolff
## TAGS
Feuerwehr
Helden
Brandrede
Tiere
Schwerpunkt Überwachung
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