# taz.de -- Krankenhaus vor Arbeitsgericht: Charité operiert mit Outsourcing | |
> Ein Physiotherapeut verklagt die landeseigene Charité, weil die über | |
> Subunternehmen schlecht zahlt. | |
Bild: Die Charité: Subunternehmen sorgen immer mal wieder für Ärger | |
Das T-Shirt, das Stephan Straßer am Montagvormittag bei der Verhandlung am | |
Berliner Arbeitsgericht trug, hat eine klare Botschaft: „Wir sind ein Team | |
– Charité Physiotherapie- und Präventionszentrum Gmbh“ (CPPZ). Sein | |
Arbeitgeber, das CPPZ, ist ein hundertprozentiges Subunternehmen der | |
Charité. Weil dort aber der Lohn geringer als beim Mutterkonzern ist, klagt | |
Straßer. | |
Mit seiner Klage will er nicht nur gerichtlich feststellen lassen, dass er | |
ein Arbeitsverhältnis mit der Klinik hat, sondern auch seinen entgangenen | |
Lohn bekommen. Nach Equal Pay, also der Forderung nach gleicher Bezahlung | |
bei Arbeitnehmerüberlassung, klagt der Psychotherapeut auf Lohnnachzahlung | |
in Höhe von 40.000 Euro. So viel hätte er verdient, wenn regulär bei der | |
Charité und nicht beim CPPZ angestellt wäre. | |
Der Arbeitsgerichtsprozess hat aus der Sicht kritischer GewerkschafterInnen | |
eine grundsätzliche Bedeutung. „Wenn der Kollege gewinnt, wird es weitere | |
Klagen von Beschäftigten geben“, sagt Marco Klipp von der von der Berliner | |
Aktion gegen Arbeitgeberunrecht (BAGA), die Arbeitskämpfe unterstützt und | |
zur solidarischen Begleitung des Prozesses aufgerufen hat. | |
## Über den Einzelfall hinaus Bedeutung | |
Eine knappe Stunde erörterten der Kläger sowie die AnwältInnen beider | |
Seiten mit dem Gericht, ob ein auf der Beatmungsstation eingesetzter | |
Physiotherapeut in den Stationsbetrieb eingegliedert ist. Entscheidend ist | |
dabei, ob er auch direkte Weisungen von den ÄrztInnen bekommt. Straßer | |
führte an verschiedenen Beispielen aus, dass das in seinem Berufsalltag | |
durchaus die Realität ist – daher sei er bei der Klinik und nicht beim CPPZ | |
beschäftigt. | |
Auch dem zuständigen Richter war offenbar bewusst, dass seine Entscheidung | |
über den Einzelfall hinaus Bedeutung hat. Deshalb regte er an, sich noch | |
gründlicher mit der Frage der Weisungsbefugnis zu befassen und vertagte den | |
Prozess. „Ich hätte mich gefreut, wenn schon heute ein Urteil im Sinne des | |
Kollegen ergangen wäre“, sagte eine Prozessbesucherin zur taz. Aus ihrer | |
Sicht habe aber bereits die Verhandlung deutlich gemacht, dass die | |
unterschiedliche Bezahlung im Widerspruch zum Klinikalltag stehe. Schon im | |
Interesse der PatientInnen müsse die Weisungsbefugnis bei den ÄrztInnen | |
liegen. | |
Der Berliner Senat will die Ausgliederung der PhysiotherapeutInnen | |
frühestens zum Beginn des nächsten Jahres rückgängig machen, von einer | |
Nachzahlung der Lohndifferenz aber nichts wissen. | |
15 Apr 2019 | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
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