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# taz.de -- Keine Todesstrafe Im Fall Kim Jong-nam: Kim-Attentäterin muss 3 Ja…
> Der Giftanschlag auf den Halbbruder von Nordkoreas Machthaber Kim wird
> wohl nie endgültig aufgeklärt. Der Prozess geht mit einem sehr gnädigen
> Urteil zu Ende.
Bild: Die Vietnamesin Doan Thi Huong dürfte Anfang Mai freigelassen werden
Kuala Lumpur dpa | Die Aufnahmen sind etwas verschwommen. Aber man sieht
doch recht genau, was an jenem 13. Februar 2017 auf dem internationalen
Flughafen von Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur geschah: zwei junge
Asiatinnen, wie sie einen Mann überfallen. Es ist der ältere Halbbruder von
Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, Kim Jong Nam. Eine drückt dem
45-Jährigen von hinten etwas ins Gesicht. Man kann sogar die drei
Buchstaben auf ihrem T-Shirt erkennen: LOL. Das steht für „Laughing Out
Loud“ („Laut gelacht“). Kurz darauf ist der Nordkoreaner tot, ermordet mit
dem Nervengift VX.
Die Bilder der Überwachungskameras gingen damals um die Welt. Die
Schlagzeilen waren enorm: ein Politmord, begangen an einem Mann, der einst
als künftiger Herrscher der kommunistischen Familiendiktatur galt und dann
als ewiger Rivale des Jüngeren. Alle Spuren wiesen nach Pjöngjang. Zumal
noch herauskam, dass vier Agenten aus Nordkorea am Flughafen waren. Sie
konnten fliehen. Die beiden Frauen jedoch wurden festgenommen und vor
Gericht gestellt. An der Todesstrafe wegen Mordes schien kein Weg
vorbeizuführen. Zwischen Malaysia und Nordkorea herrschte diplomatische
Eiszeit.
Gemessen an all der Aufregung ging der Prozess am Montag nun mit einem sehr
gnädigen Urteil zu Ende. Die Frau mit dem LOL-Shirt, die Vietnamesin Doan
Thi Huong (30), wurde wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu drei Jahren
und vier Monaten Gefängnis verurteilt. Bedingung war nur, dass sie sich
zuvor für schuldig bekannte. Den Mordvorwurf ließ die Staatsanwaltschaft
daraufhin fallen. Weil Doan schon mehr als zwei Jahre Untersuchungshaft
hinter sich hat, wird sie vermutlich bereits Anfang Mai vorzeitig
entlassen.
Ihre Komplizin und ehemalige Mitangeklagte, die Indonesierin Siti Aisyah,
ist sogar schon zurück in der Heimat. Die 27-Jährige kam auf Bitten ihrer
Regierung bereits Mitte März durch eine Art Gnadenerlass auf freien Fuß.
Begründet wurde dies von Malaysia mit einem übergeordneten Interesse an
guten Beziehungen zum großen Nachbarn. In beiden Fällen bedeutet dies
keinen Freispruch – aber nach mehr als zwei Jahren Angst vor dem so gut wie
sicheren Todesurteil dürfte das den Frauen einigermaßen egal sein.
## Das Interesse an Aufklärung war nicht mehr allzu groß
Dass sie die Attentäterinnen waren, steht außer Zweifel. Ihnen kam nun
jedoch zugute, dass sie von Anfang behaupteten, keine Ahnung davon gehabt
zu haben, was sie eigentlich machten. Angeblich wurden sie von Männern, die
sie für Japaner oder Chinesen hielten, für eine TV-Sendung nach Art der
„Versteckten Kamera“ angeworben. Der vermeintliche Spaß: einem fremden Mann
Babyöl ins Gesicht zu schmieren. Dass es Gift war, wollen sie nicht einmal
geahnt haben. Besonders glaubwürdig war das nicht. Aber es reichte allen
Seiten für eine halbwegs gesichtswahrende Lösung aus.
Das Interesse an Aufklärung war auch in Malaysia zuletzt nicht mehr allzu
groß. So wird man wahrscheinlich nie erfahren, wie genau und von wem der
Mord am ältesten Sohn des langjährigen Machthabers Kim Jong Il (1941-2011)
geplant wurde. Nach früheren Ermittlungen der malaysischen Polizei war
Drahtzieher ein nordkoreanischer Geheimdienstler namens Hong Song Hac (35).
Zusammen mit den drei anderen Agenten am Flughafen wird er nun mit
Interpol-Haftbefehlen gesucht. Die Chance, dass diese je vollstreckt
werden, ist klein.
Nordkorea weist alle Vorwürfe seit jeher zurück. Zum Urteil gegen die
Vietnamesin gab es aus Pjöngjang am Montag kein einziges Wort. Der Giftmord
an Kim Jong Uns Halbbruder war dort noch nie ein großes Thema – und schon
gar nicht, seit der Diktator ein besonderes Verhältnis zu US-Präsident
Donald Trump bis hin zu zwei Gipfeltreffen aufgebaut hat. Umso zufriedener
ist man nun jedoch in Indonesien und Vietnam mit dem Ausgang des
Verfahrens.
Am zufriedensten war am Montag jedoch mit Sicherheit Doan selbst –
verständlicherweise, auch wenn sie immer noch Handschellen tragen musste.
„Ich bin glücklich“, sagte die Vietnamesin in die Kameras. „Das ist ein
faires Urteil. Danke an alle, die für mich gebetet haben.“ Dabei hatte sie
– zum ersten Mal in diesem Prozess überhaupt – ein Lächeln auf dem Gesich…
Es war allerdings eher leise.
1 Apr 2019
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