# taz.de -- ESC und die Ukraine: Kein Auftritt in Tel Aviv | |
> Nach dem Streit um die Siegerin des nationalen Vorentscheids Maruv sagt | |
> Kiew seine Teilnahme ab. Ex-Gewinnerin Ruslana hält das für falsch. | |
Bild: War für den ESC in Tel Aviv qualifiziert: die ukrainische Sängerin Maru… | |
Kiew taz | Die Ukraine wird sich an dem für Mitte Mai in Tel Aviv | |
angesetzten Song-Contest (ESC) nicht beteiligen. Nachdem die Gewinnerin der | |
ukrainischen Vorentscheidung, Maruv, [1][abgesagt hatte], hatte der | |
Veranstalter, das öffentlich-rechtliche Fernsehen, die Musikgruppen | |
„Freedom Jazz“ und Kazka gebeten, die Ukraine bei den Festspielen zu | |
vertreten. | |
Doch auch „Freedom Jazz“ und „Kazka“, die bei der Vorentscheidung den | |
zweiten und dritten Platz belegt hatten, [2][lehnten ab]. Man habe sehr | |
lange gearbeitet, um die Vorentscheidung zu gewinnen, erklärte „Kazka“ auf | |
ihrer Facebook-Seite. Die Gruppe wolle mit ihrer Musik Menschen vereinen, | |
nicht Zwietracht säen. „Einen Sieg um jeden Preis“ wolle man jedoch nicht. | |
Das ukrainische Show-Geschäft, so Surab Alasanija, Chef des | |
öffentlich-rechtlichen Fernsehens, auf seiner Facebook-Seite, sei in einer | |
Zwickmühle. Trotz eines fünf Jahre anhaltenden militärischen Konfliktes | |
hätten ukrainische KünstlerInnen mit dem Show-Business des | |
„Aggressor-Staates“ sehr enge Beziehungen. „Für einen Teil der Gesellsch… | |
ist dies akzeptabel, bei einem anderen Teil der Gesellschaft stößt dies | |
jedoch auf Empörung und Ablehnung.“ | |
Gleichzeitig räumt der öffentlich-rechtliche Sender ein, die Regeln nicht | |
klar genug vor der Auswahl bekannt gegeben zu haben. In Zukunft müssen | |
diese vor dem Auswahlverfahren bekannt sein, schreibt der Sender in einer | |
Erklärung. Dabei gelte es, „den Kontext zu berücksichtigen, in dem die | |
ukrainische Gesellschaft heute lebt: die Besetzung eines Teils des | |
Territoriums durch einen Aggressor-Staat und den schon fünf Jahre | |
anhaltenden Krieg für die Unabhängigkeit“. | |
## Gesicht des Landes | |
Ruslana Lyzhychko, die 2004 als erste Ukrainerin den ESC gewonnen hatte, | |
ist wütend über den Rückzug der Ukraine vom diesjährigen Contest. Auch 2004 | |
hätten zwei Teilnehmer der Ausscheidung das Angebot abgelehnt, für die | |
Ukraine an der Eurovision teilzunehmen, schreibt sie auf ihrer | |
Facebook-Seite. Es gehe hier nicht nur um eine Teilnahme an einem | |
Wettbewerb. Es gehe um das Gesicht des Landes. „Die Absage ist ein Schritt | |
zurück.“ | |
Verwunderlich erscheint vielen, dass ausgerechnet Surab Alasanja die Absage | |
an Maruv und den Rückzug von dem diesjährigen Contest rechtfertigt. | |
Alasanja war am 31. Januar 2019 als Chef des öffentlich-rechtlichen | |
Rundfunkes fristlos gefeuert worden. Unter anderem auch deswegen, weil er | |
nicht ausreichend über Präsident Pedro Poroschenko – am 31. März finden in | |
der Ukraine Präsidentenwahlen statt – berichtet haben soll. | |
Nur dank eines Aufschreis in der Öffentlichkeit und einiger Medien wurde | |
sein Vertrag im Februar bis zum Mai verlängert. Alasanja, der sich im | |
Konflikt beim Song-Contest zwischen Politik und Showgeschäft auf die Seite | |
der Politik gestellt hatte, dürfte im Mai, wenn es um eine mögliche | |
Vertragsverlängerung geht, nicht mehr auf eine Unterstützung durch Kollegen | |
im Showgeschäft setzen. | |
28 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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