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# taz.de -- Waldgebiete in Indien: Naturschutz versus Indigene?
> Ein umstrittenes Urteil des Obersten Gerichtshofs könnte bald umgesetzt
> werden. Millionen Menschen müssen dann um ihr Herkunftsgebiet fürchten.
Bild: Viele Adivasi befürchten, ihre Heimat bald verlassen zu müssen
Delhi taz | Vertreter der in Indien Adivasi genannten indigenen Völker
fürchten aus ihren angestammten Waldgebieten vertrieben zu werden. Seit
Tagen protestieren sie gegen ein Urteil des Obersten Gerichtshofes.
Naturschutzverbände hatten vom Gericht gefordert, Indiens Forstgesetz für
ungültig zu erklären. Das gewährte Menschen, die in indischen Wäldern
einschließlich Schutzgebieten leben, Rechte auf ihr angestammtes Land. Die
Verbände hatten auch gefordert, dass Indigene, die erfolglos versucht
hatten, ihre Landansprüche nach dem Gesetz geltend zu machen, vertrieben
werden sollen.
„Zwangsräumungen wären eine große Verletzung des Rechts auf Leben, wie es
Artikel 21 der indischen Verfassung garantiert“, sagt der Aktivist
Dungdung. Er stammt aus einer Adivasi-Gemeinschaft im Bundesstaat
Jharkhand. Jetzt werde den Interessen von Unternehmen nachgegeben, für die
die rohstoffreichen Stammesgebiete lukrativ sind, meint er.
Das Ende 2007 in Kraft getretene Forstgesetz gab Waldbewohnern in dritter
Generation, erstmals ein Anrecht auf dieses Land. Seit der britischen
Kolonialisierung waren sie dort nur „Geduldete“. Doch von den knapp drei
Millionen Antragstellern wurde mindestens 1,2 Millionen das Bleiberecht
abgesprochen. Jetzt drohen zum Juli die Zwangsräumungen von bis zu acht
Millionen Betroffenen. Dabei sollte das Gesetz für Sicherheit sorgen.
„In den elf Jahren seines Bestehens hat ich erstaunliche Entwicklungen vor
Ort erlebt, und die Gemeinden haben vermehrt nachhaltige
Bewirtschaftungsmethoden übernommen“, sagt die Anwältin Shomona Khanna.
Früher beriet sie das Ministerium für Stammesangelegenheiten. Doch die
Emanzipation der Stämme hätte Konflikte mit den Forstämtern geschürt, die
an Einfluss verlieren. Land zu kommerziellen Zwecken umzuverteilen wird so
erschwert.
## Wurden Umweltschützer manipuliert?
Anwältin Khanna fürchtet, dass Wildtierschützer und das Gericht manipuliert
wurden. Doch Umweltschützer wie Debi Goenka vom Conservation Action Trust
widersprechen. Sein Verband habe keine Wirtschaftsinteressen, sagt er zur
taz. Die Klage richte sich nicht gegen die Menschen an sich. Doch wer erst
nach 2005 geschützte Gebiete besiedelte, habe keine Anrechte. Langfristig
sei Umweltschutz prioritär. „Für das Überleben des Landes müssen wir den
Wald schützen“, so Goenka.
Indigene stehen in der Kritik, Waldflächen durch Eigennutzung zu zerstören.
Dass sie aber auch Wald schützen, zeigt ein Fall im Bundesstaat Orissa.
Dort hatten sie erfolgreich gegen Bauxitabbau geklagt. Das war ihnen durch
die neue Gesetzeslage möglich.
Das Problem am Forstgesetz ist seine Komplexität, sagen
Menschenrechtsaktivisten. Aus den Gerichtsunterlagen geht hervor, dass in
Bundesstaaten wie Uttar Pradesh mehr als 70 Prozent der Anträge der
Indigenen abgelehnt wurden. „Die Anordnung des Gerichts zeigt die Realität
zwischen Worten und Taten des indischen Premierministers, der versichert,
dass niemand das Land der Adivasi übernehmen kann“, sagt Dungdung. Doch
stellte die Regierung keine Anwälte zur Verfügung, um die Rechte von
Adivasis vor Gericht zu verteidigen.
Laut der Nachrichtenwebsite The Wire ist seit dem Regierungswechsel 2014,
als Narendra Modis hindu-nationalistische BJP die Macht übernahm, die
Ablehnungsrate gestiegen. Der Premier schweigt bisher zum Thema. Doch der
Druck wächst, seit sich Oppositionsführer Rahul Gandhi einmischt. Er rief
die Minister der betroffenen Bundesstaaten, die von seiner Congress-Partei
regiert werden, zu Klagen gegen das Räumungsurteil auf.
28 Feb 2019
## AUTOREN
Natalie Mayroth
## TAGS
Indien
Indigene
Umweltschutz
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