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# taz.de -- Chinesischer Onlinehändler expandiert: Alibaba spinnt sein Netz
> Dem chinesischen Konzern geht es bei seinen Europa-Investitionen nicht
> nur um dortige Konsumenten. Er will den globalen Onlinehandel erobern.
Bild: Hier wird Ware umgeschlagen: Alibaba-Logistik-Center in Suzhou
Peking taz | Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst von Alibaba.
Ende des vergangenen Jahres kündigte der chinesische Onlineriese an, am
belgischen Flughafen Lüttich ein gigantisches Logistikzentrum auf einer
Fläche von mehr als 220.000 Quadratmetern einzurichten. Eine
Investitionssumme von mindestens 75 Millionen Euro hat Alibaba allein für
den ersten Schritt vorgesehen. Dann folgte Anfang Januar die Übernahme des
Berliner Start-ups Data Artisans für etwa 90 Millionen Euro. Und auch das
Gerücht, Alibaba könnte bald den deutschen Onlinehändler Zalando
übernehmen, hält sich hartnäckig.
Schon machen Befürchtungen die Runde, nach Amazon könnte also ein weiterer
außereuropäischer Onlineriese Deutschland überrollen. Dabei hat Alibaba mit
seinen jüngsten Vorstößen gar nicht den deutschen Konsumenten im Blick –
zumindest vorerst nicht. Alibaba geht es um den heimischen Markt in China.
„Mehr als eine halbe Milliarde Konsumenten auf unseren Marktplätzen machen
ihre ersten Konsumerfahrungen in China bei Alibaba“, sagt Terry von Bibra,
Europa-Chef des chinesischen Internetgiganten. „Das birgt ein enormes
Potenzial.“ Was er damit meint, veranschaulicht von Bibra an zwei Zahlen:
Rund 1,4 Milliarden Menschen leben in China. Über 700 Millionen Menschen
sind bereits regelmäßig online. Das würde bedeuten: Weitere knapp 700
Millionen Menschen nutzen das Internet noch nicht – und das könnte sich
bald ändern.
„Made in Germany“ sei unter chinesischen Konsumenten ein hochgeschätztes
Qualitätssiegel, betont von Bibra. „Unser Schwerpunkt in Deutschland liegt
daher darauf, hiesigen Marken und Händlern zu helfen, die über 700
Millionen aktiven Konsumenten auf unseren Handelsmarktplätzen zu
erreichen.“ Das Logistikzentrum in Lüttich diene also als so etwas wie das
„Gateway to China“.
## Alibaba ist Chinas größtes privates Unternehmen
Oder wie es der Online-Retail- und China-Experte Olaf Rotax des
Beratungsunternehmens dgroup, Teil des globalen Accenture-Netzwerks,
beschreibt: „An den deutschen Konsumenten ist Alibaba nicht in erster Linie
interessiert.“ Das Drehkreuz in Lüttich sei „Baustein eines viel größeren
Plans“.
Alibaba ist Chinas größtes privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen. In
den 1990er Jahren wurde es als Online-Kontaktbörse zwischen chinesischen
und ausländischen Firmen gegründet und zählt heute mit seinen
Handelsplattformen Taobao und Tmall zu den größten Onlinekonzernen der
Welt. Allein im vergangenen Jahr setzte Alibaba Waren im Wert von mehr als
550 Milliarden US-Dollar um. Alibaba-Gründer Jack Ma ist mit einem
geschätzten Vermögen von rund 40 Milliarden US-Dollar der reichste Mann
Chinas.
Im Westen wird Alibaba häufig als „chinesisches Amazon“ bezeichnet. Der
Vergleich hinkt. Amazon ist Händler und bietet auf seinem Marketplace zudem
anderen Onlinehändlern einen weiteren Verkaufskanal. Alibaba hingegen ist
ein Plattformanbieter. Eigene Lagerhallen benötigt der Konzern nicht.
Zudem ist er mit seinen Geschäftsfeldern noch sehr viel breiter aufgestellt
als der US-Konkurrent. Neben seinen Verkaufsplattformen betreibt Alibaba
beispielsweise auch den Online-Bezahldienst Alipay,
Cloud-Computing-Angebote und Nachrichtendienste. Vor allem aber will
Alibaba nun als Logistikdienstleister zum führenden Unternehmen der Welt
aufsteigen.
Seit rund zwei Jahren ist Alibaba Mehrheitseigner von Cainiao, einem
Zusammenschluss mehrerer großer Logistikfirmen in China. Mit Cainiao
verfolgt Alibaba das Ziel, Bestellungen aus der Volksrepublik binnen 24
Stunden weltweit zu ihren Zielen zu bringen.
## „Electronic World Trade Platform“
Und auch das ist nur ein Zwischenschritt. Jack Ma spricht von einer
„electronic World Trade Platform“, kurz eWTP. Hinter dieser sperrigen
Abkürzung verbirgt sich sein Vorhaben, eine Plattform zu schaffen, die
Hersteller weltweit direkt mit den Endkunden zusammenbringt. Von allen
Punkten der Welt sollen Pakete spätestens innerhalb von drei Tagen
überallhin geliefert werden können – ein gewaltiges Unterfangen, das so
noch kein Logistikunternehmen hinbekommen hat.
Das Logistikzentrum in Lüttich ist denn auch nur ein Drehkreuz von
mehreren. Vergleichbare Stützpunkte hat Alibaba außer an seinem
Unternehmenssitz im ostchinesischen Hangzhou auch in der malaysischen
Hauptstadt Kuala Lumpur sowie in Ruanda errichten lassen. Ein weiteres
Versandzentrum soll in Bulgarien entstehen.
Mehr als umgerechnet 13 Milliarden Euro will Alibaba in den nächsten fünf
Jahren für sein weltumspannendes Netz investieren. Oder in ein, wie
Retail-Experte Rotax sagt, „digitales Pendant zur Welthandelsorganisation“.
25 Feb 2019
## AUTOREN
Felix Lee
## TAGS
Expansion
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China
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