# taz.de -- Kommentar Housing First in Hannover: Nur eine Light-Version | |
> Die hannoversche Variante von Housing First knüpft die Vergabe von | |
> Wohnungen an Bedingungen. Das steht den Grundsätzen des Prinzips | |
> entgegen. | |
Bild: Profitieren nur zum Teil von Housing First: Obdachlose in Hannover | |
Endlich! Die Stadt Hannover hat gemeinsam mit der Stiftung „Ein Zuhause“ | |
[1][ein Pilotprojekt vorgestellt], um obdachlose Menschen in eigene | |
Wohnungen zu bringen. Seit Monaten hatte die Verwaltung daran gearbeitet, | |
das vom Rat der Stadt gewünschte Prinzip Housing First in Hannover | |
umzusetzen. Was dabei herausgekommen ist, ist allerdings nur eine | |
Light-Version. Es steht den Grundsätzen von Housing First sogar entgegen, | |
denn das neue Zuhause bekommen die Obdachlosen nicht bedingungslos. | |
Mit ihren Schulden, Suchterkrankungen oder psychischen Problemen sind | |
obdachlose Menschen für private Vermieter*innen vor allem ein Risiko. Auf | |
dem freien Wohnungsmarkt haben sie keine Chance. Wenn Kommunen es mit der | |
Bekämpfung von Obdachlosigkeit ernst meinen, muss dieses wirtschaftliche | |
Risiko für die öffentliche Hand egal sein. Sie müssen den Betroffenen | |
helfen, von der Straße wegzukommen und ein menschenwürdiges Leben zu | |
führen, auch wenn die Chance besteht, dass diese scheitern. | |
Housing First soll eigentlich die Menschen erreichen, die durch jedes | |
Raster fallen. In einer eigenen Wohnung können sie zur Ruhe kommen – | |
physisch und psychisch. Vielleicht sind sie erst danach in der Lage, Hilfe | |
anzunehmen. Wenn die Stadt und die Stiftung nun aber nur denjenigen | |
Obdachlosen Wohnungen geben möchten, die gut mit Sozialarbeiter*innen | |
kooperieren und damit vermeintlich pflegeleichter sind, nehmen sie wieder | |
eine Auswahl vor – und schließen diejenigen aus, die die Hilfe womöglich am | |
nötigsten haben. | |
Das bedeutet nicht, dass das Konzept der Stadt komplett unbrauchbar ist. | |
Alle Menschen, die unfreiwillig auf der Straße leben, brauchen eine | |
Wohnung. Die Hilfe trifft also in jedem Fall die Richtigen. Aber um zu | |
sehen, ob dieser Pilotversuch tatsächlich funktioniert und in der Stadt zum | |
Standard für die Arbeit mit Obdachlosen werden sollte, ist es notwendig, | |
auch die Menschen einzubeziehen, die mit ihrem Verhalten anecken und die | |
schwierig sind. Diesen Härtetest muss das Konzept bestehen. | |
22 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Andrea Maestro | |
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Elke Breitenbach | |
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